- 64 die eigenen Erfolge in den Vordergrund gestellt werden, erlauben die durch strategische
Aufklärungsmaßnahmen gewonnenen Informationen einen weitgehend unverfälschten Einblick in die tatsächliche Einsatzbereitschaft und die Leistungsfähigkeit der Sicherheitskräfte
sowie deren Operationsführung bzw. Vorgehen. Strategische Aufklärungsmaßnahmen sind
häufig die Hauptinformationsquelle zum Schutz deutscher Soldatinnen und Soldaten im
Auslandseinsatz. Zu deren Schutz ist vor allem auch die Gewinnung von Erkenntnissen zu
Techniken, Taktiken und Vorgehensweisen militanter Gruppierungen, die auch gegen die
Einsatzkräfte der Bundeswehr agieren, erforderlich. Die Sicherstellung des Schutzes der
Soldatinnen und Soldaten im Rahmen der sogenannten Force Protection durch Gewinnung
nachrichtendienstlicher Erkenntnisse über das jeweilige Einsatzland ist eine der wesentlichen Aufgaben des Bundesnachrichtendienstes. Ein weiterer Aspekt zum Schutz von Leib
und Leben der im Auslandseinsatz befindlichen Soldaten und Soldatinnen ist auch die Aufklärung der Fähigkeiten, Leistungs- und Einsatzbereitschaft der Sanitätsdienste fremder
Streitkräfte. Dieser Faktor ist für die Sicherheits- und Bedrohungslage im Einsatzgebiet
maßgeblich. Hier steht zum einen die eigene medizinische Versorgung im Vordergrund.
Zum anderen gehört aber auch die wehrmedizinische Forschung staatlicher und nichtstaatlicher Akteure in Russland und in China, zu den Zielen von Aufklärungsmaßnahmen der
strategischen Fernmeldeaufklärung.
Auch der Schutz von Auslandseinsätzen anderer deutscher Behörden, zum Beispiel zum
Schutz polizeilicher Einsätze im Ausland, ist eine wesentliche Aufgabe des Bundesnachrichtendienstes und diesem auch mit Mitteln der strategischen Ausland-Fernmeldeaufklärung gestattet. Ferner übermittelt der Bundesnachrichtendienst sicherheitsrelevante Erkenntnisse zur Unterstützung der deutschen Entwicklungshilfe im Ausland, die in der Regel
nur aufgrund einer Vereinbarung mit dem Einsatzland erfolgen kann. Entsprechende Einsätze finden häufig weitab der Hauptstädte in Gebieten mit besonderen Sicherheitsrisiken
statt. Auch hier liefern oftmals allein die durch die strategischen Aufklärungsmaßnahmen
gewonnenen Erkenntnisse ein wirklich zutreffendes und hinreichend aktuelles Bild der Sicherheitslage vor Ort, das erforderlich ist, um deutsche Entwicklungshelfer keinen unnötigen Gefahren auszusetzen bzw. notfalls sogar Evakuierungen zu ermöglichen.
Buchstabe b
Krisenhafte Entwicklungen im Ausland können rasch zu einer Destabilisierung von Ländern
oder sogar ganzen Regionen führen, weshalb sie von besonderer Relevanz für die Auftragserfüllung des Bundesnachrichtendienstes sind. Das internationale System verändert
sich kontinuierlich. Multipolarität und geopolitische Machtverschiebungen sind u.a. das Resultat aus dem wachsenden politischen, wirtschaftlichen und militärischen Einfluss von
Schlüsselstaaten. Die damit einhergehenden dynamischen Prozesse sind hinsichtlich der
Sicherheitsinteressen Deutschlands und seiner Verbündeten insbesondere vor dem Hintergrund deren langfristigen Folgewirkungen mit krisenhaftem Entwicklungspotential, wechselseitigen Verstärkungen und Interdependenzen ein besonderes Aufklärungsziel.
Der Bundesnachrichtendienst gewinnt durch strategische Aufklärungsmaßnahmen Erkenntnisse über sich zum Teil schnell zuspitzende politische Spannungen, beispielsweise
aufgrund strategischer Absichten einer dominierenden militanten Opposition, über soziale
Unruhen und/oder bewaffnete Auseinandersetzungen, die zu einer Änderung der politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen oder militärischen (Kräfte-)Verhältnisse führen
können und daher zur Gefahr für deutsche oder europäische Einrichtungen, Staatsbürger
sowie Interessen werden.
Weiterhin kann der Bundesnachrichtendienst durch strategische Aufklärungsmaßnahmen
Erkenntnisse über potentiell grenzüberschreitende Entwicklungen (Chemieunfälle, Krankheitsausbrüche, etc.) erlangen, deren Existenz oder Ausmaß nationale Regierungen unter
Umständen nicht oder nur zögerlich einräumen. Dies kann auch zivile oder militärische Auseinandersetzungen zwischen zwei Staaten betreffen. Nur in Kenntnis solcher Lagen kann

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