- 61 Übrigen zeichnet sich die strategische Ausland-Fernmeldeaufklärung dadurch aus, dass
beim Einsatz dieser Art der Informationsgewinnung eigene Mitarbeiter oder Quellen des
Bundesnachrichtendienstes weitaus weniger dem – nicht selten lebensgefährlichen – Zugriff ausländischer Abwehrbehörden ausgesetzt werden müssen als dies beispielsweise
beim Einsatz menschlicher Quellen gegen besonders streng abgeschottete Aufklärungsobjekte in fremden Staaten oder gegen terroristische bzw. extremistische Gruppierungen der
Fall ist. Die strategische Ausland-Fernmeldeaufklärung gehört deshalb zum unverzichtbaren Methodenspektrum für eine erfolgreiche Aufgabenerfüllung des Bundesnachrichtendienstes.
Eine Befugnis zur Ausland-Fernmeldeaufklärung ist mit dem Grundrecht aus Artikel 10 Absatz 1 GG grundsätzlich vereinbar. So hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil
vom 19. Mai 2020 (BVerfG, a.a.O., Randnummer 143 ff.) ausdrücklich hervorgehoben, dass
die Einräumung einer Befugnis zur Auslandsaufklärung im Wege der strategischen Fernmeldeaufklärung durch Artikel 10 Absatz 1 GG nicht ausgeschlossen ist, sondern vielmehr
durch das Ziel der Auslandsaufklärung und deren besondere Handlungsbedingungen bei
hinreichend begrenzter Ausgestaltung vor Artikel 10 Absatz 1 GG und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gerechtfertigt werden kann. Insofern stellt die frühzeitige Erkennung von
Gefahren, die Wahrung der Handlungsfähigkeit der Bundesrepublik und die Versorgung der
Bundesregierung mit Informationen zu außen- und sicherheitspolitischen Fragen nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ein legitimes Ziel der strategischen Telekommunikationsüberwachung dar (BVerfG, a.a.O., Randnummer 144). Die strategische Telekommunikationsüberwachung sei hierfür auch ein geeignetes Mittel, da sie es ermögliche, an
solche Informationen zu gelangen. Dass hierbei in großem Umfang zunächst Daten miterfasst werden, die keinen relevanten Informationsgehalt haben, ändere nichts daran, dass
die Erfassung und Auswertung von Datenströmen im Ergebnis zu bedeutsamen Erkenntnissen führen könne. Gleichfalls genüge die strategische Überwachung den Anforderungen
der Erforderlichkeit. Ohne die breit angelegte anlasslose Erfassung von Datenströmen und
deren Auswertung könnten entsprechende Informationen nicht gewonnen werden. Ein weniger eingriffsintensives Mittel, das generell vergleichbare Informationen sicherstellte, sei
nicht ersichtlich. Auch im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne könne eine
strategische Ausland-Fernmeldeaufklärung der Kommunikation von Ausländern im Ausland
vor Artikel 10 Absatz 1 GG gerechtfertigt werden (BVerfG, a.a.O., Randnummer 145). Zwar
handelt es sich bei ihr nach der Auffassung des Gerichts um ein Instrument von besonders
schwerem Eingriffsgewicht. Gegenüber Ausländern im Ausland ist das Eingriffsgewicht jedoch dahingehend gemindert, dass eine Überwachung nicht stets in gleicher Weise auf
unmittelbar operative Konsequenzen gerichtet ist wie in der Regel Überwachungsmaßnahmen gegenüber Deutschen oder im Inland befindlichen Personen, da der deutsche Staat
dort nicht über Hoheitsbefugnisse verfügt und der Bundesnachrichtendienst auch grundsätzlich keine eigenen operativen Befugnisse hat (BVerfG, a.a.O., Randnummer 149).
Überdies bestätigt das Gericht das überragende öffentliche Interesse an einer wirksamen
Auslandsaufklärung (BVerfG, a.a.O., Randnummer 161).
Zu Absatz 1
Absatz 1 bildet die zentrale Norm der strategischen Ausland-Fernmeldeaufklärung. Hiernach darf der Bundesnachrichtendienst zur Erfüllung seiner Aufgaben mit technischen Mitteln personenbezogene Daten von Ausländern im Ausland auf der Grundlage zuvor angeordneter strategischer Aufklärungsmaßnahmen verarbeiten. Diese Legaldefinition der strategischen Ausland-Fernmeldeaufklärung konkretisiert einerseits den gesetzlichen Aufklärungsauftrag des § 1 Absatz 2. Andererseits grenzt sie durch den Bezug zu technischen
Mitteln die strategische Ausland-Fernmeldeaufklärung von anderen nachrichtendienstlichen Informationsquellen ab, insbesondere von der Aufklärung mittels menschlicher Quellen. Die Norm regelt die Erhebung von personenbezogenen Daten in Abgrenzung zu reinen
Sachdaten, die mangels Grundrechtsrelevanz keiner Regelung bedürfen und stellt klar,
dass es sich um personenbezogene Daten von Ausländern im Ausland handeln muss.
Deutsche und Inländer sind folglich nicht erfasst vom Regelungsgehalt der Norm. Damit

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