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Begründung
A. Allgemeiner Teil

I.

Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen

Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner Entscheidung vom 19. Mai 2020 - 1 BvR
2835/17 (BND - Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung) die §§ 6, 7, 13 bis 15 des BNDGesetzes (BNDG) für mit Artikel 10 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) sowie mit Artikel 5
Absatz 1 GG nicht vereinbar erklärt und dem Gesetzgeber eine Frist für eine verfassungskonforme Neuregelung bis zum 31. Dezember 2021 gesetzt. Das Gleiche gilt für § 19 Absatz 1 und § 24 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3 BNDG, soweit sie zur Verarbeitung personenbezogener Daten berechtigen.
Der gesetzliche Auftrag des Bundesnachrichtendienstes ist die Gewinnung von Erkenntnissen über das Ausland, die von außen- oder sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind. Hierdurch leistet der Bundesnachrichtendienst einen unverzichtbaren Beitrag für die Sicherheitsarchitektur der Bundesrepublik Deutschland.
Die strategische Fernmeldeaufklärung stellt in diesem Zusammenhang ein wesentliches
Element dar. Durch sie ist der Bundesnachrichtendienst in der Lage, ohne Zeitverzug aktuelle Geschehnisse zu erfassen und politische Bedarfsträger und auch internationale Partner
hierüber zu informieren.
In einer globalisierten und technisch vernetzten Welt gewinnt die technische Aufklärung
durch Nachrichtendienste eine zunehmend große Bedeutung. Um Gefahrenbereiche umfassend aufklären zu können, ist es für die Arbeit des Bundesnachrichtendienstes unerlässlich, mit den technischen Entwicklungen einer mehr und mehr vernetzten Welt Stand halten
zu können. Die dabei genutzten Kommunikationsformen sind volatil und fortlaufenden Veränderungen unterworfen.
Stützte der Bundesnachrichtendienst zuvor seine Durchführung der strategischen AuslandFernmeldeaufklärung allein auf die gesetzliche Aufgabenzuweisungsnorm des § 1 Absatz 2
BNDG, wurde im Rahmen der letzten Novelle im Jahr 2016 die damalige Rechtslage präzisiert und spezielle rechtliche Grundlagen für die strategische Fernmeldeaufklärung von
Ausländern im Ausland vom Inland aus sowie diesbezügliche Kooperationen mit ausländischen öffentlichen Stellen geschaffen. Auch für die gemeinsame Datenhaltung mit ausländischen öffentlichen Stellen wurde eine eigene Rechtsgrundlage geschaffen.
Mit seinem Urteil vom 19. Mai 2020 (1 BvR 2835/17) hat das Bundesverfassungsgericht
dem Gesetzgeber in diesem Bereich jedoch darüberhinausgehende Vorgaben gemacht,
indem das Gericht vor allem den bis dahin nicht höchstrichterlich geklärten Geltungsbereich
der Grundrechte des deutschen Grundgesetzes definiert hat. Das vor allem durch die technische Aufklärung von Nachrichtendiensten betroffene Grundrecht des Brief-, Post- und
Fernmeldegeheimnis des Artikels 10 Absatz 1 GG findet demnach auch auf Ausländer im
Ausland Anwendung.
Um den verfassungsgerichtlichen Vorgaben gerecht zu werden und den geforderten Grundrechtsschutz zu gewährleisten, müssen die einschlägigen Normen des BND-Gesetzes
grundlegend überarbeitet werden, dabei muss der Gesetzgeber dabei der hervorgehobenen Rolle des Bundesnachrichtendienstes im Rahmen der Sicherheitsarchitektur der Bundesrepublik Deutschland Rechnung tragen. Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit
betont, dass das öffentliche Interesse an einer wirksamen Auslandsaufklärung - und in diesem Zusammenhang auch an einer effektiven technischen Aufklärung - überragend ist.

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