gung, wenn ihre enge Verbundenheit mit dem Observierten und die zwischen ihnen
in der Wohnung herrschende Vertrauensatmosphäre abgeschöpft werden.
III.
Wir können der Mehrheitsmeinung nicht darin folgen, dass der durch Verfassungsänderung eingeführte Art. 13 Abs. 3 GG durch verfassungskonforme oder verfassungssystematische Auslegung verfassungsfest gemacht werden kann.

364

1. Es ist richtig, dass gerade auch Verfassungsnormen der Auslegung bedürfen,
nicht isoliert zu betrachten und so zu deuten sind, dass sie mit den elementaren
Grundsätzen des Grundgesetzes und seiner Wertordnung vereinbar sind (vgl.
BVerfGE 19, 206 <220>). Bei der Frage, welche Grenzen einer Verfassungsänderung durch Art. 79 Abs. 3 GG gesetzt sind, geht es aber nicht um die Herstellung einer Konkordanz von bestehenden Grundrechtsnormen, sondern darum, ob die Änderung die in den Art. 1 und Art. 20 GG niedergelegten Grundsätze berührt. Die
Verfassungsänderung ist deshalb an diesen Grundsätzen zu messen, nicht dagegen
mit deren Maßstäben auszulegen, um sie erst auf diesem Wege, abweichend vom
Wortlaut in Konformität mit der Verfassung zu bringen.

365

a) Art. 79 Abs. 3 GG, der dem verfassungsändernden Gesetzgeber Schranken
setzt, ist als Ausnahmevorschrift restriktiv auszulegen, um der Gefahr zu begegnen,
dass über das Ausmaß einer Verfassungsänderung letztlich nicht das Parlament als
dazu demokratisch legitimiertes Organ, sondern kraft Interpretation das Bundesverfassungsgericht entscheidet. Allerdings kommt Art. 79 Abs. 3 GG die Bedeutung zu,
bestimmte Grundentscheidungen des Grundgesetzgebers für die Dauer der Geltung
des Grundgesetzes für unverbrüchlich und damit auch für den Verfassungsgesetzgeber unveränderbar zu erklären, weil sie Eckpfeiler unserer grundgesetzlichen Ordnung sind (vgl. BVerfGE 30, 1; Abweichende Meinung, S. 33 <38 f.>). Berührt eine
Verfassungsänderung diese in Art. 79 Abs. 3 GG aufgeführten Grundentscheidungen, ist sie unzulässig, weil selbst verfassungswidrig.

366

b) Auch die Senatsmehrheit geht davon aus, dass die im Wege der Verfassungsänderung mit Art. 13 Abs. 3 GG eingeführte Ermächtigung zur akustischen Wohnraumüberwachung mit technischen Mitteln zum Zwecke der Strafverfolgung jedenfalls
ausdrücklich keine ausreichende Begrenzung gefunden hat, um auszuschließen,
dass gesetzliche Regelungen und darauf basierende Maßnahmen den Kernbereich
privater Lebensgestaltung derjenigen verletzen, die akustisch überwacht werden dürfen, dass also Art. 13 Abs. 3 GG für sich genommen mit Art. 79 Abs. 3 GG nicht in
Einklang steht. Mit dem erklärten, faktisch so aber nicht erreichbaren Ziel, dennoch
"das Risiko der Verletzung des Menschenwürdegehalts des Art. 13 Abs. 3 GG bei
der Durchführung der Maßnahmen auszuschließen" (vgl. S. 49 des Urteils), fügt die
Senatsmehrheit deshalb unter Zuhilfenahme einer systematischen Verfassungsauslegung des verfassungsändernden Gesetzes Art. 13 Abs. 3 GG weitere ungeschriebene Grenzen hinzu und engt damit die Ermächtigung zur akustischen Wohnraumüberwachung über das gesetzgeberisch gesetzte Maß hinaus ein. Dabei dient der

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