chungsmaßnahmen genannt worden. Die Aufdeckung der Strukturen der Organisierten Kriminalität soll dazu beitragen, diese zu zerschlagen und dadurch auch die Begehung weiterer Straftaten zu verhindern. Damit knüpft der Gesetzgeber an den auch
von vielen Kriminologen unter Einschluss der vom Gericht angehörten Sachverständigen betonten Befund an, dass Repression und Prävention bei der Bekämpfung der
Organisierten Kriminalität eng miteinander verflochten sind. Das intensiv in Grundrechte eingreifende Mittel der Wohnraumüberwachung wird gerade damit gerechtfertigt, dass es über die Repression auch Präventionszwecke in einem als besonders
gefährlich eingeschätzten Kriminalitätsbereich erfüllen hilft, und zwar durch Einblick
in dessen Strukturen und durch deren Zerschlagung.
(a) Das Phänomen der Organisierten Kriminalität lässt sich allerdings nur schwer
fassen, so dass gegenwärtig nur begrenzte Aussagen möglich sind, wie weit das vom
Gesetzgeber angestrebte besondere Ziel erreicht werden kann.

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Schon die Definition des Begriffs der Organisierten Kriminalität fällt schwer. In der
öffentlichen Diskussion wird meist der Begriffsbestimmung der gemeinsamen Arbeitsgruppe der Innenminister- und der Justizministerkonferenz gefolgt. Danach versteht man unter Organisierter Kriminalität "die vom Gewinn- oder Machtstreben bestimmte planmäßige Begehung von Straftaten, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit
von erheblicher Bedeutung sind, wenn mehr als zwei Beteiligte auf längere oder unbestimmte Dauer arbeitsteilig unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen, unter Anwendung von Gewalt oder anderer zur Einschüchterung geeigneter Mittel oder unter Einflussnahme auf Politik, Medien, öffentliche Verwaltung,
Justiz oder Wirtschaft zusammenwirken" (MinBl NW 1990, S. 1721). Diese Begriffsbestimmung zeigt, dass als Organisierte Kriminalität nicht ein eingrenzbarer Straftatbestand oder die Summe einzelner Straftatbestände, sondern eine komplexe Erscheinungsform abweichenden Verhaltens verstanden werden soll.

210

Zur Unbestimmtheit des Begriffs treten Ungewissheiten über das in Deutschland
bestehende Ausmaß und die Erscheinungsform der Organisierten Kriminalität hinzu.
Das Phänomen ist trotz mehrerer Untersuchungen, insbesondere des Kriminalistischen Instituts des Bundeskriminalamtes, kriminologisch nur begrenzt aufgeklärt. In
der jüngsten, bisher umfassendsten, wenn auch nicht repräsentativen Untersuchung
zur Organisierten Kriminalität in Deutschland kommt der vom Gericht als Sachverständiger angehörte Privatdozent Dr. Kinzig zu einer skeptischen Einschätzung (näher dazu Kinzig, Die rechtliche Bewältigung von Erscheinungsformen organisierter
Kriminalität, 2003). Er hat in seinen Untersuchungen ein gegenüber herkömmlichen
Kriminalitätsfeldern deutlich gesteigertes Bedrohungspotential in den von ihm analysierten Fällen nicht oder allenfalls vereinzelt finden können. Als Unterschiede zu Fällen gewöhnlicher Kriminalität benennt er: die Begehung so genannter opferloser Delikte, ein hoher Ausländeranteil sowie die Internationalität der Tatbegehung. Hinzu
träten eine gewisse Arbeitsteilung und Dauerhaftigkeit sowie Planmäßigkeit, Professionalität und Konspirativität.

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