(1) Die Vergewisserung verlangt nicht in jeder Hinsicht eine umfassende Einzelprüfung oder verbindliche Einzelzusagen, sondern kann sich zunächst auf eine generalisierende tatsächliche Einschätzung der Sach- und Rechtslage in den Empfängerstaaten stützen. Die Prüfung muss aber so gestaltet sein, dass entgegenstehende
Tatsachen zur Kenntnis genommen werden und die Einschätzung erschüttert werden
kann (vgl. BVerfGE 140, 317 <349 Rn. 69>). Tragen generalisierende Einschätzungen nicht, bedarf es einer mit Tatsachen unterlegten Einzelfallprüfung, aus der sich
ergibt, dass die Beachtung jedenfalls der grundlegenden Anforderungen an den Umgang mit Daten hinreichend gewährleistet ist. Erforder-lichenfalls können und müssen verbindliche Einzelgarantien abgegeben werden. Grundsätzlich ist eine verbindliche Zusicherung geeignet, etwaige Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der
Datenübermittlung auszuräumen, sofern nicht im Einzelfall zu erwarten ist, dass die
Zusicherung nicht eingehalten wird (vgl. BVerfGE 63, 215 <224>; 109, 38 <62>; 140,
317 <350 Rn. 70>). Welche Anforderungen im Einzelnen gelten, kann der Gesetzgeber auch von einer Einzelfallabwägung abhängig machen (BVerfGE 141, 220 <345 f.
Rn. 337 f.>).
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Da Daten im Rahmen der strategischen Überwachung weithin unabhängig davon
erhoben werden, ob die Betroffenen bei objektivierter Sicht in einer Gefahrenlage
verfangen sind, sie sich dabei auch auf Umstände in Ländern beziehen, in denen
rechtsstaatliche Verhältnisse nicht gesichert sind, und zugleich ihrem Gegenstand
nach oft hochpolitische Spannungslagen betreffen, ist dem Bundesnachrichtendienst
hierbei besondere Vorsicht abzuverlangen. Auch soweit Einschätzungen zu bestimmten Ländern grundsätzlich generalisiert vorgenommen werden können, bedarf
es deshalb stets einer auf die betroffene Person bezogenen Prüfung, wenn es Anhaltspunkte gibt, dass diese durch die Datenübermittlung spezifisch gefährdet werden kann. Soweit sich die Übermittlung auf Daten von schutzwürdigen Journalisten,
Rechtsanwälten oder anderen Berufsgruppen bezieht, denen – auch zur Vermeidung
ihrer Gefährdung – Vertraulichkeitsschutz zuzu- erkennen ist, bedarf es einer eigenständigen Abwägung, die sich von der allein auf die Inlandsnutzung solcher Daten
bezogenen Abwägung (oben Rn. 193 ff.) unterscheidet; sie muss grundsätzlich einer
gerichtsähnlichen Vorabkontrolle unterliegen (vgl. United Nations Office of the High
Commissioner for Human Rights, Brief der Sonderberichterstatter vom 29. August
2016, OL DEU 2/2016, S. 7).
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(2) Die Vergewisserung über die Einhaltung des geforderten Schutzniveaus ist eine
nicht der freien politischen Disposition unterliegende Entscheidung. Sie hat sich auf
gehaltvolle, realitätsbezogene und aktuelle Informationen zu stützen. Sie muss dokumentiert werden und einer unabhängigen Kontrolle zugänglich sein (vgl. BVerfGE
141, 220 <346 Rn. 339>). Für besonders gewichtige oder hinsichtlich der rechtlichen
Voraussetzungen schwer zu beurteilende Übermittlungsvorgänge können weitere
verfahrensrechtliche Vorkehrungen wie zum Beispiel Behördenleiter- oder Kanzleramtsvorbehalte oder – etwa für die Übermittlung von Informationen über schutzwürdige Journalisten oder Anwälte – eine gerichtsähnliche Vorab- kontrolle erforderlich
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