zu, dass sie heute vorwiegend mittels formaler Suchbegriffe durchgeführt und dabei
auch gezielt auf einzelne Personen gerichtet wird. Auch das ist verfassungsrechtlich
nicht ausgeschlossen. Es bedarf dafür aber begrenzender Maß- gaben, die dem
Schutzbedarf der Betroffenen in einer den Verhältnismäßigkeits- anforderungen genügenden Weise Rechnung tragen.
aa) Entsprechend derzeitiger Praxis ist die gezielte Erfassung der Telekommunikation von deutschen Staatsangehörigen auszuschließen. Wie für die Inland- AuslandAufklärung (vgl. § 5 Abs. 2 G 10) gilt das auch für die Ausland-Ausland-Aufklärung.
Zwar schützt Art. 10 Abs. 1 GG Ausländer und Deutsche grundsätzlich gleichermaßen und begründet die strategische Telekommunikationsüberwachung beiden gegenüber schwere Grundrechtseingriffe. Das stellt jedoch nicht in Frage, dass solche
Überwachung im Einzelnen beiden gegenüber ein unterschiedliches Eingriffsgewicht
aufweist, dem bei der Ausgestaltung der gesetzlichen Eingriffs- ermächtigungen
Rechnung getragen werden muss. Die Überwachung hat gegenüber deutschen
Staatsangehörigen typischerweise ein größeres Eingriffsgewicht als gegenüber sich
im Ausland befindenden Ausländern, weil die eigenen Staatsangehörigen in deutlich
weitergehendem Umfang dem Zugriff deutscher Behörden unterliegen und damit
leichter Folgemaßnahmen ausgesetzt sind. Das gilt zunächst für Deutsche, die sich
nur kurzfristig im Ausland aufhalten. Grundsätzlich betrifft das aber alle deutschen
Staatsangehörigen, die – selbst wenn sie längerfristig im Ausland leben – weiterhin
der Personalhoheit der Bundesrepublik Deutschland unterliegen; auch sie sind –
schon zur Erfüllung ausweisrechtlicher Pflichten – auf einen Kontakt mit deutschen
Behörden angewiesen, ebenso wie hier eher davon auszugehen ist, dass sie einen
engeren Kontakt nach Deutschland haben und auch öfter einreisen. Die gezielte anlasslose Telekommunikationsüberwachung deutscher Staatsangehöriger im Rahmen
der strategischen Überwachung hat deshalb ein Gewicht, das die damit verbundenen
Eingriffe in Art. 10 Abs. 1 GG als unverhältnismäßig erscheinen ließe. Eine gezielte
Überwachung der Telekommunikation deutscher Staatsangehöriger muss sich daher
an den Anforderungen orientieren, die für die individuelle Anordnung einer Telekommunikationsüberwachung gelten (vgl. zu deren Anforderungen BVerfGE 141, 220
<268 ff. Rn. 103 ff.; 309 ff. Rn. 228 ff.>).
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bb) Im Übrigen hat der Gesetzgeber als Grundlage einer zielgerichteten Strukturierung des Überwachungsprozesses die möglichen Gründe und Gesichtspunkte, unter
denen strategische Überwachungsmaßnahmen gezielt auf bestimmte Personen gerichtet werden dürfen, festzulegen. So kann er etwa die Überwachung von Personen
vorsehen, die als mögliche Verursacher von Gefahren, als Nachrichtenmittler oder
als sonst näher qualifizierte Informanten in Betracht kommen und hierbei möglicherweise Präferenzregeln aufstellen, nach denen etwa die zielgerichtete Überwachung
von völlig unbeteiligten Personen nur nachrangig in Betracht kommt. Auch insoweit
muss er allerdings nicht das Vorliegen objektivierter Eingriffsschwellen verlangen,
sondern kann sich mit einer spezifizierenden Benennung der Zwecke, derentwegen
Personen gezielt überwacht werden dürfen, und damit wiederum nur finalen Maßga-
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