nisse zu Entwicklungen in Kontexten, die sich allein mit Informa- tionen aus dem Inland nur schwer deuten lassen und zum Teil Länder mit informationell wenig offenen
Strukturen betreffen. Maßgeblich sind vor allem aber die besonderen Handlungsbedingungen bei Erfüllung dieser Aufgabe. Die Auslandsaufklärung betrifft Vorgänge
in anderen Ländern, in denen der deutsche Staat allenfalls punktuell mit eigenen
Erkenntnisquellen präsent ist und sein kann und in denen er nicht über Hoheitsbefugnisse verfügt, die ihm einen unmittelbaren Zugriff auf Informationen ermöglichen
(ebenso EGMR, Big Brother Watch and others v. United Kingdom, Urteil vom 13.
September 2018, Nr. 58170/13 u.a., § 518). Dabei muss die Aufklärung im Interesse
der Handlungsfähigkeit und Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland insbesondere auch an Informationen gelangen können, die ihr – möglicherweise in nachteiliger
Absicht – gezielt vorenthalten und in der Hoheitssphäre des Drittstaats geheim gehalten werden. Die Maßnahmen der Aufklärung können zudem nach dem Recht des
Zielstaats nicht selten illegal, jedenfalls oft unerwünscht sein. Dabei ist der Dienst
zugleich mit den Abwehrtätigkeiten der Zielländer konfrontiert, die die Aufklärung ihrerseits mit polizeilichen und nachrichtendienstlichen Mitteln behindern und zu hintertreiben suchen. Die Arbeit ist damit besonders gefährdet und prekär und auf außergewöhnliche Mittel verwiesen.
Zu berücksichtigen ist zugleich, dass die Aufklärung nicht allein im Gegen- einander
der verschiedenen Nachrichtendienste, sondern auch im Miteinander zur Aufklärung
von die Bundesrepublik Deutschland und andere Länder gleichermaßen betreffenden Fragenkreisen steht. Insbesondere die allein der Information der Bundesregierung dienende Aufklärung politisch oder militärisch relevanter Geschehensabläufe,
aber auch die Frühaufklärung von Gefahren der internationalen Kriminalität, zu der
auch der internationale Terrorismus gehört, sind für ihre Wirksamkeit heute auf eine
Kooperation der Dienste untereinander angewiesen. Kooperationsfähig ist der Bundesnachrichtendienst aber nur, wenn er auch seinerseits Befugnisse hat, mit denen
er die Ergebnisse anderer Dienste prüfen, sie aufnehmen und weiter verwerten kann
und mit deren Hilfe er auch durch eigene Erkenntnisse als Partner beizutragen vermag. Befugnisse zur anlasslosen Überwachung der Auslandskommunikation dürften
dabei, nach allem was bekannt ist, heute zur verbreiteten Ausstattung dieser Dienste
gehören (für die USA: Section 702 Foreign Intelligence Surveillance Act; vgl. dazu
Renan, in: Goldman/Rascoff [Hrsg.], Global Intelligence Oversight, 2016, S. 121
<insb. 123 ff.>; für das Vereinigte Königreich Part 6 Chapter 1 Investigatory Powers
Act 2016; vgl. dazu Leigh, in: Dietrich/Sule [Hrsg.], Intelligence Law and Policies in
Europe, 2019, S. 553 ff.; McKay/Walker, in: Dietrich/Gärditz/Graulich/Gusy/Warg
[Hrsg.], Reform der Nachrichtendienste zwischen Vergesetzlichung und Internationalisierung, 2019, S. 119 ff.; für Frankreich: Article L854-1 bis L854-9 Code de la sécurité intérieure [Des mesures de surveillance des communications électroniques internationales]; s. dazu auch Le Divelec, in: Dietrich/Sule [Hrsg.], Intelligence Law and
Policies in Europe, 2019, S. 516 ff.; Warusfel, in: Dietrich/Gärditz/Graulich/Gusy/
Warg [Hrsg.], Reform der Nachrichtendienste zwischen Vergesetzlichung und Internationalisierung, 2019, S. 129 ff.).
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