Ein Verständnis der Grundrechte, das deren Geltung an den Staatsgrenzen enden
ließe, stellte die Grundrechtsträger angesichts solcher Entwicklungen schutzlos und
ließe die Reichweite des Grundrechtsschutzes hinter die Bedingungen der Internationalisierung zurückfallen (vgl. Becker, NVwZ 2015, S. 1335 <1339>; Papier, NVwZ
2017, S. 3025 <3029>; Marxsen, DÖV 2018, S. 218 <226>). Es könnte dazu führen,
dass der Grundrechtsschutz in einem zunehmend wichtiger werdenden Bereich eingriffsintensiven staatlichen Handelns und – mit dem Sicherheitsrecht – in einem Feld,
in dem den Grundrechten zudem typischerweise besondere Bedeutung zukommt,
leerliefe. Indem Art. 1 Abs. 3 GG an den Staat als Handlungssubjekt anknüpft, trägt
er demgegenüber auch solchen neuen Gefährdungspotentialen Rechnung und hilft,
sie in den allgemeinen rechtsstaatlichen Rahmen des Grundgesetzes einzuordnen.

110

II.
1. Die angegriffenen Vorschriften berühren die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer in ihren Grundrechten aus Art. 10 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 Satz 2
GG. Sie ermächtigen zur Erhebung personenbezogener Daten im Wege der heimlichen Telekommunikationsüberwachung und betreffen damit den Gewährleistungsgehalt des durch Art. 10 Abs. 1 GG geschützten Telekommunikationsgeheimnisses.
Hieran anknüpfend berührt auch die Übermittlung der aus solchen Maßnahmen erlangten Daten den Schutz des Telekommunikationsgeheimnisses, so dass auch sie
an Art. 10 GG zu messen ist. Ebenfalls berühren die angegriffenen Vorschriften die
als Journalisten tätigen Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz
2 GG. Denn sie ermächtigen den Bundesnachrichtendienst zur Erhebung, Verarbeitung und Übermittlung von Daten aus Telekommunikation im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit einschließlich der gezielten Überwachung und Auswertung ihrer in diesem Zusammenhang geführten Kommunikation etwa mit Informanten (vgl. EGMR,
Weber and Saravia v. Germany, Entscheidung vom 29. Juni 2006, Nr. 54934/00, §§
143 ff.; Big Brother Watch and others v. United Kingdom, Urteil vom 13. September
2018, Nr. 58170/13 u.a., §§ 476, 490 ff.; siehe auch BVerfGE 100, 313 <365>).

111

2. Nicht zu klären ist in vorliegendem Verfahren, ob die angegriffenen Vorschriften
in Blick auf die Unterscheidung von Deutschen und Unionsbürgern mit Gleichheitsanforderungen vereinbar sind. Offenbleiben muss insoweit insbesondere, ob § 6 Abs.
3 BNDG, auch in Verbindung mit § 14 Abs. 2 BNDG, diesbezüglich eine sachlich gerechtfertigte Differenzierung schafft. Denn die Frage der Gleichbehandlung von deutschen Staatsangehörigen und Unionsbürgern findet nicht nur Maßstäbe im Grundgesetz, sondern wirft zugleich ungeklärte Fragen des Unionsrechts auf; hierzu gehören
zunächst schon dessen Anwendbarkeit in Anbetracht des Art. 4 Abs. 2 EUV und der
Grundfreiheiten sowie dann gegebenenfalls die inhaltliche Reichweite des unionsrechtlichen Diskriminierungsverbots (vgl. Kreuter/Möbius, BWV 2009, S. 146 <148>;
Hölscheidt, Jura 2017, S. 148 <156>; Marxsen, DÖV 2018, S. 218 <224>; vgl. auch
die anhängigen Verfahren vor dem EuGH, Privacy International, C-623/17, ABl EU
2018/C 022/41 [Vereinigtes Königreich]; La Quadrature du Net u.a., C-511/18, ABl
EU 2018/C 392/10 und French Data Network u.a., C-512/18, ABl EU 2018/C 392/11

112

64/122

Select target paragraph3