gungen im Ausland Rechnung zu tragen sein (vgl. BVerfGE 92, 26 <41 ff.>; dazu
auch BVerfGE 100, 313 <363>). Erst recht ist der Einbindung staatlichen Handelns in
ein ausländisches Umfeld bei der Bestimmung von Anforderungen an die Rechtfertigung von Grundrechtseingriffen – insbesondere im Rahmen der Verhältnismäßigkeit
– Rechnung zu tragen.
4. Vorliegend geht es um den Schutz vor Überwachungsmaßnahmen im Rahmen
der Auslandsfernmeldeaufklärung durch die von den Beschwerdeführerinnen und
Beschwerdeführern als verletzt gerügten Grundrechte der Art. 10 Abs. 1 und Art. 5
Abs. 1 Satz 2 GG in ihrer Abwehrdimension. Aus der grundsätzlich umfassenden
Grundrechtsbindung der deutschen Staatsgewalt folgt, wie sich aus den vorstehenden Darlegungen ergibt, jedenfalls insoweit eine Grundrechtsbindung auch des Bundesnachrichtendienstes und des Gesetzgebers bei der Regelung seiner Befugnisse.
Eine Freistellung nachrichtendienstlicher Aufklärungsmaßnahmen von der Grundrechtsbindung wegen ihrer Auslandsgerichtetheit kennt das Grundgesetz ebensowenig wie wegen ihres politischen Charakters. Vielmehr schafft die umfassende Grundrechtsbindung nach Art. 1 Abs. 3 GG die Voraussetzungen dafür, auch
Grundrechtsgefährdungen durch neue technische Entwicklungen und sich hierdurch
ergebende Kräfteverschiebungen Rechnung tragen zu können. Das gilt insbesondere für die sich wandelnde Bedeutung der Nachrichtendienste im Zuge der Fortentwicklung der Informationstechnik und des hiermit möglich gewordenen Ausgriffs auf
das Ausland.

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a) Die nachrichtendienstliche Auslandsaufklärung hat für die Handlungsfähigkeit
der Bundesrepublik Deutschland in der Außen- und Sicherheitspolitik seit jeher eine
erhebliche, in jüngerer Zeit aber spezifisch gewachsene Bedeutung gewonnen. Im
Zuge der Entwicklung der Informationstechnik und der Internationalisierung haben
sich Bedeutung und Bedingungen der Auslandsfernmeldeaufklärung als eines zentralen Elements der nachrichtendienstlichen Auslandsaufklärung grund- legend geändert.

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Früher zielte die Fernmeldeaufklärung allein auf die Gefahrenfrüherkennung zur
Abwehr bewaffneter Angriffe auf das Bundesgebiet und beschränkten sich unmittelbar personenbezogene Maßnahmen sowohl von den technischen Möglichkeiten als
auch vom Erkenntnisinteresse her auf einen kleinen Kreis von Personen (vgl.
BVerfGE 67, 157 <178>). Im Zuge der heutigen Kommunikationsmöglichkeiten und
damit verbunden der internationalisierten Handlungszusammenhänge haben sich
potentiell aus dem Ausland drohende Gefahren vervielfältigt. Die Informations- technik erlaubt, über Grenzen hinweg unmittelbar und ungehindert durch räumliche Distanzen miteinander zu kommunizieren und sich ohne Zeitverlust zu koordinieren.
Hierdurch stellen sich neue Herausforderungen für die Erfassung politisch oder militärisch relevanter Kommunikation, die für die Handlungsfähigkeit der Bundes- regierung von erheblicher Bedeutung sein kann. Auch können internationale Aktivitäten
heute für das Gemeinwesen insgesamt destabilisierende Wirkung entfalten, wie exemplarisch in Cyberangriffen, international organisierter Kriminalität wie etwa Men-

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