dische Staatsangehörige gehörten, die sich nicht im Konventionsstaat aufhielten oder
dort wohnhaft waren (vgl. EGMR, Big Brother Watch and others v. United Kingdom, Urteil vom 13. September 2018, Nr. 58170/13 u.a., § 271). Desgleichen wurden
die auslandsbezogenen und die Inlandskommunikation ausschließenden strategischen Überwachungsbefugnisse nach schwedischem Recht, die von einer schwedischen Nichtregierungsorganisation angegriffen worden waren, ohne Infragestellung
der Auslandsgeltung anhand der Konvention überprüft (vgl. EGMR, Centrum för Rättvisa v. Sweden, Urteil vom 19. Juni 2018, Nr. 35252/08). Beide Verfahren sind nunmehr vor der Großen Kammer anhängig.
Unabhängig von dem Ausgang dieser Verfahren steht die Europäische Menschenrechtskonvention einer Auslandsgeltung der deutschen Grundrechte jedenfalls nicht
entgegen. Denn als völkerrechtlicher Vertrag hat sie einen eigenständig definierten
Anwendungsbereich, aus dem sich für die Reichweite des Grundrechtsschutzes
nach dem Grundgesetz ohnehin keine unmittelbaren Ableitungen ergeben können.
Sie schließt einen weitergehenden Grundrechtsschutz durch die Konventionsstaaten
jedenfalls nicht aus (Art. 53 EMRK).
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c) Der Grundrechtsbindung der deutschen Staatsgewalt im Ausland steht auch nicht
entgegen, dass hier eine Abgrenzung zu anderen Staaten und Rechts- ordnungen
oder eine Abstimmung mit diesen erforderlich wäre, wie es das Bundesverfassungsgericht als – einzigen – möglichen Grund für einen Ausschluss der Bindung an Art.
10 GG bei Auslandssachverhalten erwogen und offengelassen hatte (vgl. BVerfGE
100, 313 <362 ff.>).
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Die Bindung an die deutschen Grundrechte begründet nur eine Verantwortlichkeit
und Verantwortung deutscher Staatsorgane. Sie flankiert allein autonome politische
Entscheidungen der Bundesrepublik Deutschland und begrenzt ausschließlich eigene Handlungsspielräume. Entsprechend wirken die Grundrechte als Abwehrrechte
auch im Ausland nur gegenüber der deutschen Staatsgewalt und laufen damit parallel zu den durch das völkerrechtliche Interventionsverbot begründeten Beschränkungen. In der Grundrechtsbindung liegt damit weder ein Verstoß gegen das völkerrechtliche Interventionsverbot, noch beschränkt sie die Handlungs- oder
Rechtsetzungsmacht anderer Staaten. Sie bewirkt weder einen Oktroi eigenen
Rechts noch eine Verdrängung ausländischer Grundrechte. Insbesondere erweitert
die Grundrechtsbindung nicht staatliche Befugnisse im Ausland, sondern beschränkt
nur potentiell von der deutschen Staatsgewalt in Anspruch genommene Handlungsmöglichkeiten.
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Dementsprechend wirkt die Geltung der Grundrechte (hier des Art. 10 Abs. 1 GG)
nicht auf die Rechtsordnung anderer Staaten ein und entfalten auch hieran anknüpfende Eingriffsermächtigungen für Überwachungsmaßnahmen für deren interne
Rechtsordnung keine normative Wirkung. Aus der Geltung der Grundrechte und dem
Gesetzesvorbehalt folgen lediglich, dass für deutsche Stellen entsprechende Rechtsgrundlagen geschaffen werden müssen, sofern Überwachungsmaßnahmen auch auf
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