bürgungen auszulegen sind (vgl. BVerfGE 111, 307 <317 f.>; 128, 282 <306 f.>; 128,
326 <367 f.>; 142, 313 <345 Rn. 88>; 148, 296 <351 Rn. 128>; BVerfG, Beschluss
des Ersten Senats vom 6. November 2019 - 1 BvR 16/13 -, Rn. 58 – Recht auf Vergessen I). Auch bilden die in Art. 1 Abs. 2 GG niedergelegten Grundsätze im Sinne
des Art. 79 Abs. 3 GG eine absolute Grenze für Einschränkungen des Grundrechtsschutzes durch den verfassungsändernden Gesetzgeber (vgl. BVerfGE 84, 90 <120
f.>; 141, 1 <15 Rn. 34>).
Mit dieser Verknüpfung der Grundrechte und der Gewährleistung der Menschenrechte wäre ein Verständnis der Grundrechte des Grundgesetzes, das deren Geltung
an der Staatsgrenze enden lässt und deutsche Stellen gegenüber Ausländern im
Ausland von ihrer Verpflichtung auf die Grund- und Menschenrechte entbindet, nicht
vereinbar. Der Anspruch des Grundgesetzes, auf der Grundlage internationaler Konventionen im Zusammenwirken über die Staatsgrenzen hinweg unveräußerliche
Rechte einer jeden Person – einschließlich des Schutzes vor Überwachung (vgl.
Art. 12 AEMR; Art. 17 Abs. 1 IPbpR) – sicherzustellen, würde damit konterkariert.
Unter den Bedingungen der Internationalisierung politischer Handlungsbedingungen
und eines zunehmenden Engagements der Staaten auch jenseits der eigenen Grenzen müsste dies dazu f��hren, dass der Grundrechtsschutz des Grundgesetzes einem
erweiterten Handlungsradius der deutschen Staats- gewalt nicht folgen und – im Gegenteil – im Zusammenwirken der Staaten gegebenenfalls sogar unterlaufen werden
könnte. Demgegenüber gewährleistet die Anknüpfung der Grundrechtsbindung an
den Staat als politisch legitimiertes und rückgebundenes Handlungssubjekt, dass der
Grundrechtsschutz auch einer internationalen Ausweitung staatlicher Aktivitäten
folgt.
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b) Ein solches Verständnis der Reichweite der Grundrechte des Grundgesetzes ist
auch durch die Europäische Menschenrechtskonvention nahegelegt, die bei der Auslegung der Grundrechte als Auslegungshilfe heranzuziehen ist (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 6. November 2019 - 1 BvR 16/13 -, Rn. 58 m.w.N. –
Recht auf Vergessen I). Wieweit deren Gewährleistungen für das Handeln der Konventionsstaaten außerhalb ihres Territoriums gelten, ist zwar noch nicht umfassend
geklärt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte orientiert sich hierfür maßgeblich an dem Kriterium der effektiven Kontrolle („effective control“) über das Handeln auf fremdem Territorium und hat auf dieser Grundlage in vielen Fällen eine Auslandsgeltung der Konventionsrechte anerkannt (vgl. zusammenfassend EGMR [GK],
Al-Skeini and others v. United Kingdom, Urteil vom 7. Juli 2011, Nr. 55721/07,
§§ 132 ff. m.w.N.; vgl. auch Aust, AVR 52 <2014>, S. 375 <394 ff.> m.w.N.). Für die
Frage nach dem Schutz vor Überwachungsmaßnahmen durch Konventionsstaaten
in anderen Staaten liegt allerdings noch keine letztverbindliche Klärung vor.
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Die 1. Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hat jedoch die
Durchführung von Überwachungsmaßnahmen mit Zielen im Ausland in einer noch
nicht rechtskräftigen Entscheidung uneingeschränkt an der Konvention gemessen
und für konventionswidrig befunden, wobei zu den Beschwerdeführern auch auslän-
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