verstoße die Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung gegen Völkerrecht, nicht aber
deren grundrechtliche Einhegung. Die Garantie der Grundrechte stehe nicht unter
der Bedingung eines besonderen Unterworfenseins unter staatliche Hoheitsgewalt.
Selbst wenn man dieser Kompensationsthese folge, bestünden im Fall der AuslandAusland-Fernmeldeaufklärung spezifische Risiken gerade für Ausländer im Ausland,
die eine Erstreckung des Art. 10 GG auf diese rechtfertigten. Ohnehin sei die Trennung des inländischen und internationalen Telekommunikationsverkehrs von rein
ausländischer Telekommunikation derart unsicher, dass die fundamentale Frage des
Grundrechtsschutzes davon nicht sinnvoll abhängig gemacht werden könne. Für die
Unionsbürger unter den Beschwerde- führern ergebe sich ein zwingender Grund für
die Anerkennung der Grundrechts- berechtigung zudem aus dem unionsrechtlichen
Diskriminierungsverbot aufgrund der Staatsangehörigkeit.
5. In Anbetracht der Grundrechtsberechtigung auch von Ausländern im Ausland seien die angegriffenen Vorschriften verfassungswidrig. Sie verletzten zunächst schon
das Zitiergebot gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG. Im Übrigen griffen die Regelungen
unverhältnismäßig in ihre Grundrechte ein. Angesichts der erheblichen Eingriffsintensität der durch sie ermöglichten strategischen Überwachung seien die möglichen Aufklärungsziele unzureichend begrenzt und gewichtig. Insbesondere seien auch die
Grenzen gezielter Erfassungen ungenügend und fehlten solche bei Nicht-Unionsbürgern gänzlich. Angesichts der aus Verkehrsdaten generierbaren, mitunter höchst
sensiblen Informationen sei die Befugnis zu ihrer pauschalen Erhebung, Vorhaltung
und keinen Schwellen und Anlässen unterliegenden Auswertung ebenfalls – insbesondere mit Blick auf die Vorratsdatenspeicherungsentscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts – grundrechtlich nicht zu
rechtfertigen. Auf Auswertungsebene fehle es an Maßgaben zum Schutz besonderer
Vertraulichkeitsbeziehungen, insbesondere von Journalisten und Rechtsanwälten.
Erhebliche Defizite bestünden schließlich im Bereich der unabhängigen Kontrolle.
Zuständigkeiten und Kontrollrahmen des Unabhängigen Gremiums seien zu restriktiv
gefasst. Zudem sei die Kontrolle in dysfunktionaler Weise zwischen verschiedenen
Organen aufgespalten und insgesamt nicht ausreichend wirksam, um den faktisch
fehlenden Individualrechtsschutz zu ersetzen. Die Befugnisse zur Datenübermittlung
in Einzelfällen genügten nicht den aktuellen, insbesondere in der Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts zum BKA-Gesetz (BVerfGE 141, 220) entfalteten Anforderungen. Dies gelte vor allem hinsichtlich ihrer Übermittlungsschwellen und verfahrensmäßiger Sicherungen gegenüber einer rechtsstaatswidrigen Datenverwendung
auf Empfängerseite. Die gerügten Mängel beträfen sämtlich auch die nachrichtendienstlichen Kooperationen. In gesteigerter Form betreffe dies dort die elektronische
Ausleitung von Daten an Partnerdienste, in deren Rahmen Übermittlungsschwellen
gänzlich wegfielen. Das Regime der vom Ausland aus praktizierten Fernmeldeaufklärung sei schließlich nur höchst rudimentär, lückenhaft und unbestimmt geregelt.
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Die Beschwerdeführer haben zur Unterstützung ihres Vortrags zur mangelnden automatischen Trennbarkeit inländischer, internationaler und ausländischer Telekom-
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