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6.2.4

Pilottestverfahren zur
Gesichtserkennung im
Bundesverwaltungsamt

Gesichtserkennung in Visaverfahren reicht als alleiniges
Suchkriterium nach früheren Visaentscheidungen nicht
aus.
Durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 9. Januar
2002 (BGBl. I S. 361) wurde § 29 Abs. 1 Ausländerzentralregistergesetz dahingehend geändert, dass in der beim
Bundesverwaltungsamt (BVA) geführten zentralen Visadatei auch das Lichtbild des Visumantragstellers gespeichert werden kann. In der zentralen Visadatei waren mit
Ablauf des Berichtszeitraums mehr als drei Mio. Entscheidungen über Visaanträge aus mehr als 175 Auslandsvertretungen gespeichert. Zu diesen Datensätzen
waren Ende 2004 mehr als 1,7 Mio. Lichtbilder von Visumantragstellern aufgenommen worden.
Das BVA hat in dem Pilotprojekt „Biometrie im VISAVerfahren des Bundesverwaltungsamtes“ die sog. „Kleine
Biometrielösung“ entwickelt, wobei ich die frühe und
gute Zusammenarbeit mit dem BVA hervorheben möchte
(vgl. auch Nr. 4.2.2.). Ziel des Projektes war zunächst die
Prüfung, ob die Leistungsfähigkeit biometrischer Gesichtserkennungsverfahren für den geplanten Einsatz in dem
Masseverfahren Visaerteilung ausreicht. Wesentliches Ergebnis der Tests war, dass der Datensatz in der Visadatei
mit Hilfe des Gesichtserkennungsverfahrens im Regelfall
wiedergefunden wird, wenn der betreffende Visumantragsteller dasselbe Bild einreicht, das er auch bei seinem
letzten Antrag vorgelegt hat. Legt er ein anderes Bild vor,
verschlechtert sich die Wiedererkennungsrate jedoch
deutlich. Unterschiede bei der Erkennungsleistung aufgrund des Herkunftslandes oder der ethnischen Zugehörigkeit des Visumantragstellers konnten bei den Tests
nicht nachgewiesen werden.
Insgesamt zog das BVA das Fazit, dass die Gesichtserkennung im Visaverfahren zwar nicht als alleiniges Suchkriterium ausreicht, herkömmliche alphanumerisch/phonetischen Suchkriterien jedoch sinnvoll ergänzen kann.
Da die Gesichtserkennungsverfahren – wie alle anderen
biometrischen Verfahren auch – aufgrund der laufenden
Forschung sich in den nächsten Jahren noch deutlich verbessern können, werde ich die Entwicklungen auch hier
aufmerksam verfolgen. Zur entsprechenden europäischen Entwicklung vgl. Nr. 6.2.3.
6.2.5

Der Seefahrer-Ausweis

Auch die Seefahrer-Ausweise werden in Zukunft digitalisierte Lichtbilder und Fingerabdrücke enthalten. Zusätzlich sollen die Daten in einer nationalen Datenbank zur
Überprüfung der Echtheit des Ausweises gespeichert
werden.
Die Internationale Arbeitsorganisation (International Labour
Organization – ILO) hat am 5. Juni 2003 das „Übereinkommen Nr. 185 über Ausweise für Seeleute“ verabschiedet, das im Februar 2005 in Kraft treten wird. Es sieht die
Aufnahme des digitalisierten und/oder Originallichtbildes

sowie von Fingerabdrücken in den Ausweis für Seeleute
in Form eines 2D-Barcodes vor. Dieser Ausweis für Seeleute ist ein Berufsausweis, der nach dem Übereinkommen ausdrücklich kein Reisedokument ist, dem Inhaber
aber bestimmte Vergünstigungen gewährt (Landgang
während der Liegezeit des Schiffes ohne Beantragung eines Visums, Transit vom oder zum Schiff oder zwischen
Schiffen mit Visum unter erleichterten Bedingungen). Zusätzlich zur Aufnahme biometrischer Merkmale in diesen
Berufsausweis sollen die Daten der weltweit ca. 1,2 Mio.
Seeleute im Ausgabeland des Ausweises, d. h. dezentral in
nationalen Datenbanken, gespeichert werden.
Für das Vorhaben gelten prinzipiell dieselben Vorbehalte
wie gegenüber der Verwendung biometrischer Daten in
sonstigen Ausweisdokumenten. Das „Übereinkommen
über Ausweise für Seeleute“ enthält einige datenschutzrechtlich erfreuliche Regelungen. Dazu gehört, dass die in
der nationalen Datenbank gespeicherten Merkmale abschließend geregelt sind und nur der Verifikation dienen
sollen. Ausdrücklich wird in dem Übereinkommen gefordert, die Datensicherheit zu garantieren und das Recht des
Betroffenen auf Datenschutz („right of privacy“) zu beachten. Auch das Auskunftsrecht des betroffenen Seemanns ist – sowohl hinsichtlich der auf der Ausweiskarte
als auch hinsichtlich der in der Datenbank gespeicherten
Daten – datenschutzrechtlich zufriedenstellend geregelt.
Bedenken habe ich lediglich hinsichtlich der Datenübermittlungsregelungen, die mit den Vorgaben der EG-Datenschutzrichtlinie dann kollidieren können, wenn – was
sehr wahrscheinlich ist – die Daten von Seeleuten aus
EU-Mitgliedstaaten von Behörden aus Drittstaaten ausgelesen und/oder an diese übermittelt werden, wenn diese
nicht das von der EG-Datenschutzrichtlinie geforderte angemessene Datenschutzniveau besitzen. Eine derartige
Datenübermittlung könnte jedoch dadurch gerechtfertigt
sein, dass sich die Mitgliedstaaten, die das Übereinkommen ratifiziert haben, verpflichten, die Daten nur für
Zwecke der Verifikation des Ausweises zu nutzen.
6.3

Die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes
der ehemaligen DDR (BStU) und das
Stasi-Unterlagen-Gesetz (StUG)

Dem sensiblen Bereich der BStU gilt nach wie vor mein
besonderes Augenmerk. Ich habe die Zentrale der BStU
in Berlin und eine Außenstelle besucht und im schriftlichen Verfahren beraten.
6.3.1

Der „Fall Kohl“ – Fortsetzung

Auch nach einer weiteren Runde im Rechtsstreit sind die
Konsequenzen im „Fall Kohl“ nicht absehbar.
Nach dem ersten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
vom 8. März 2002 (vgl. 19. TB Nr. 7.6.1) galt zunächst,
dass die BStU im Fall Kohl gegen dessen Willen in keinem Fall Unterlagen herausgeben durfte. Dies war nach
der neu gefassten Abwägungsklausel des § 32 StUG
(5. Gesetz zur Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes)

BfD

20. Tätigkeitsbericht

2003–2004

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