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dass diese Frage noch sorgfältig zu prüfen sei. Auf seinen
Vorschlag hin wurden die Regelungen zur präventiven
Telekommunikations- und Postüberwachung durch das
ZKA auf ein Jahr bis zum 31. Dezember 2005 befristet.
Dies begrüße ich ausdrücklich.
Erstmals wird in dem neugefassten AWG auch die Kennung des Endgerätes (IMEI = International Mobile
Equipment Identity) als Anknüpfungspunkt für heimliche
Überwachungsmaßnahmen normiert. Im Rahmen des
Gesetzgebungsverfahrens hatte ich auf die Risiken verwiesen, die damit verbunden sind. Sowohl der Herstellungsprozess von Handys als auch nachträgliche Manipulationen durch Kunden können dazu führen, dass eine
große Anzahl von Geräten die gleiche IMEI erhalten. Von
einer angeordneten Überwachungsmaßnahme würden damit ggf. auch unbescholtene Personen erfasst werden. Ich
begrüße es deshalb, dass nach dem Gesetz eine Überwachungsmaßnahme auf der Grundlage der Endgerätenummer nur stattfinden darf, wenn sich die Kennung eindeutig der zu überwachenden Person zuordnen lässt. Es
bleibt allerdings noch abzuwarten, ob sich diese gesetzliche Konzeption in der Praxis bewährt oder ob – wie von
mir ursprünglich vorgeschlagen – auf die Kennung des
Endgerätes als Anknüpfungspunkt für Überwachungsmaßnahmen im Gesetz gänzlich verzichtet werden sollte.
5.5
Verfassungsschutz
5.5.1
Nutzung von NADIS auch für Zwecke
der Bekämpfung der Organisierten
Kriminalität
Landesämter für Verfassungsschutz (LfV), denen die Beobachtung der Organisierten Kriminalität (OK) als
gesetzliche Aufgabe übertragen wurde, nutzen NADIS zur
Erfüllung ihrer gemeinsamen Unterrichtungspflicht nach
§ 5 Abs. 1 BVerfSchG. Da die Beobachtung der OK nicht
zu den Aufgaben des BfV gehört, muss sich seine Beteiligung auf die technische Unterstützung beschränken.
Den LfV der Länder Bayern, Hessen, Saarland, Sachsen
und Thüringen wurde – im Gegensatz zum BfV und den
übrigen LfV – durch das jeweilige Verfassungsschutzgesetz die Beobachtung der OK als gesetzliche Aufgabe
zugewiesen. Zur Erfüllung ihrer gegenseitigen Unterrichtungsverpflichtungen aus § 5 Abs. 1 BVerfSchG bzw. den
entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen sind
diese Länder an das BfV mit dem Wunsch herangetreten,
in NADIS einen separaten Teilbestand für den Bereich
OK einzurichten. Gegen diese erweiterte Nutzung von
NADIS habe ich rechtliche Bedenken geltend gemacht:
NADIS dürfe nur im Rahmen des § 6 BVerfSchG genutzt
werden, der hinsichtlich der Speicherung personenbezogener Daten auf die §§ 10 und 11 und damit auf den Aufgabenkatalog des § 3 Abs. 1 BVerfSchG verweist.
Nach der geltenden Regelung des § 3 BVerfSchG hat das
BfV – im Gegensatz zu den oben genannten LfV – keine
Kompetenz zur Beobachtung der OK. Ausgehend von
dieser Kompetenzzuweisung dürfen in NADIS von den
Ländern nur solche Daten eingestellt werden, die auf ei-
ner dem Aufgabenbereich des BfV entsprechenden
Rechtsgrundlage erhoben worden sind.
Das BMI vertritt hingegen die Auffassung, die sich aus
§ 6 Satz 3 i.V.m. § 10 BVerfSchG ergebende Beschränkung von Speichervoraussetzungen in NADIS auf den
Aufgabenbereich des § 3 BVerfSchG setze lediglich voraus, dass es sich um eine gemeinsame Datei aller Verfassungsschutzbehörden unter Beteiligung des BfV handelt.
Ein solcher gemeinsamer Datenbestand OK aller Verfassungsschutzbehörden sei aber nicht vorgesehen. Beabsichtigt sei lediglich, den betreffenden Landesbehörden
die NADIS-Plattform zur Schaffung eines separaten Datenbestandes zur Verfügung zu stellen, auf den weder das
BfV noch die übrigen nicht für die Beobachtung der OK
zuständigen LfV Zugriff nehmen könnten. Einem solchen
Teil-Datenbestand stehe § 6 BVerfSchG nicht entgegen.
Es handele sich um eine Verbunddatei eigener Art.
Eine Annäherung der gegensätzlichen Standpunkte konnte auch nach intensiven Erörterungen mit dem BMI und
dem BfV nicht erreicht werden. Ich habe letztlich meine
Bedenken zurückgestellt, nachdem das BMI zugesagt
hatte, von mir geforderte Restriktionen bei der Beteiligung an diesem Projekt zu beachten.
Ob diese in der Praxis eingehalten werden, werde ich bei
nächster Gelegenheit kontrollieren.
5.5.2
Ausbau der IT-Struktur beim BfV
Die Einführung der elektronischen Akte macht auch vor
dem BfV nicht halt.
Im Rahmen der eGovernment-Strategie der Bundesregierung hat das BfV mit der Umsetzung des DOMEA-Konzeptes („DOMEA“®=Dokumentenmanagement und elektronische Archivierung im IT-gestützten Geschäftsgang)
begonnen. Das DOMEA-Konzept beschreibt das Verfahren zur Einführung der elektronischen Akte in der öffentlichen Verwaltung. Wie berichtet (18. TB Nr. 14.1), bestand zwischen dem BfV und mir Einvernehmen, dass die
elektronische Aktenführung eine Änderung der §§ 10 und
11 BVerfSchG erforderlich macht.
Wenn das komplette Schriftgut des BfV in der Datei
DOMUS elektronisch erfasst und gespeichert wird, können auch Daten über Personen in DOMUS gespeichert
werden, deren Daten das BfV nach geltendem Recht nicht
in Dateien speichern darf (vgl. §§ 10 Abs. 1, 11 Abs. 1
Satz 2 BVerfSchG), wohl aber in Akten. Technisch wäre
es möglich, auch diese Daten in Sekundenbruchteilen
elektronisch zu erschließen. Um dies auszuschließen,
hatte ich vom BfV gefordert sicherzustellen, dass eine
elektronische Recherche nur zu solchen Personen erfolgen kann, deren Daten nach geltendem Recht automatisiert gespeichert werden dürfen. In der mir vorgelegten
Dateianordnung hat das BfV diese Beschränkung der Recherchebefugnis ausdrücklich geregelt. Auch wurde die
systemseitige Protokollierung sämtlicher Zugriffe für die
datenschutzrechtliche Kontrolle in die Dateianordnung
aufgenommen.
BfD
20. Tätigkeitsbericht
2003–2004