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für geboten, den Erlass des BMI auf Ausschreibungsersuchen anderer Behörden auszudehnen.
SIS-Ausschreibungen der Grenzschutzdirektion aufgrund von Erkenntnismitteilungen des BfV beinhalten
eine weitere Problematik. Das SIS ist ausschließlich ein
polizeiliches Fahndungssystem, in dem nur Informationen gespeichert werden dürfen, wenn eine Gefahrenlage
nach polizeirechtlichen Maßstäben vorliegt. Eine Ausnahme sieht das Übereinkommen nur für Ausschreibungen zur verdeckten Registrierung oder gezielten Kontrolle gem. Artikel 99 SDÜ vor. Danach können diese
Ausschreibungen – soweit das nationale Recht dies erlaubt – auch auf Veranlassung der Nachrichtendienste
eines Mitgliedstaats erfolgen. Diese Ausnahme ist bei
Ausschreibungen nach Artikel 96 SDÜ jedoch nicht einschlägig. Das BfV hat weder das Recht, auf die darin gespeicherten Daten zuzugreifen, noch Ausschreibungen
darin vorzunehmen bzw. durch die Grenzschutzdirektion
vornehmen zu lassen.
Das BMI ist hingegen der Auffassung, dass das BfV gem.
§ 19 Abs. 1 Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG)
befugt ist, u. a. auch der Grenzschutzdirektion Informationen zu übermitteln, wenn diese die Daten zum Schutz
der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder
sonst für Zwecke der öffentlichen Sicherheit benötigt.
Gem. § 19 Abs. 1 Satz 2 BVerfSchG dürfe die Grenzschutzdirektion diese Daten auch verwenden und damit
zum Anlass für eine polizeiliche Ausschreibung im SIS
nehmen. Auf die Problematik des Artikel 99 Abs. 3 SDÜ
geht das BMI dabei nicht ein.
Mit dem BMI konnte bereits vor Jahren Einvernehmen
erzielt werden, dass es als Nationale Sicherheitsbehörde
berechtigt ist, Ausschreibungen nach Artikel 96 Abs. 2 SDÜ
in begründeten Ausnahmefällen zu veranlassen, nachdem
es sich zuvor über die Verlässlichkeit der zugrunde liegenden Quellenmeldung vergewissert hat. Von diesem
Kompromiss ist das BMI allerdings wieder abgerückt.
Die auf der Grundlage von Erkenntnissen des BfV von
der Grenzschutzdirektion im SIS zur Einreiseverweigerung vorgenommenen Ausschreibungen habe ich am
03. Februar 2004 gem. § 25 Abs. 1 BDSG wegen Verstoßes gegen Artikel 96 Abs. 2 SDÜ beanstandet.
Im Rahmen der Kontrolle habe ich zudem festgestellt,
dass die Möglichkeit zur Ausschreibung auch dazu genutzt wird, Personen, deren Anwesenheit erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigen
würde, zur Einreiseverweigerung auszuschreiben. Dies
betraf in den USA lebende Personen, denen die Beteiligung an NS-Gewalttaten zur Last gelegt wurde, sowie
Personen, denen im Rahmen des zu Anfang des
Jahres 2003 aktuellen Transnistrien-Konflikts in der Republik Moldau seitens der EU die Ein- und Durchreise in
die Mitgliedstaaten der EU verweigert werden sollte.
Diese Personen wurden aufgrund meiner Hinweise mittlerweile im SIS gelöscht. Hingegen bleiben die vom BKA
veranlassten SIS-Ausschreibungen von Personen bestehen, zu denen Rechtshilfeersuchen anderer Staaten vorliegen, deren Rechtssystem durch die Anwendung von Fol-

ter und Todesstrafe gekennzeichnet ist. Zwar wird den
ausgeschriebenen Personen von den Behörden der betreffenden Staaten die Begehung schwerer Straftaten vorgeworfen. Sie könnten damit in die Kategorie von Drittausländern fallen, die gem. Artikel 96 Abs. 2b SDÜ zur
Einreiseverweigerung ausgeschrieben werden dürften.
Nach meinen Feststellungen ist das Ausschreibungsinstrument hier aber genutzt worden, um Personen, die wegen des im ersuchenden Staat bestehenden Rechts- und
Justizsystems nicht nach dorthin ausgeliefert werden können, vom Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland
fernzuhalten. Dies ist mit dem Ziel des SIS nicht vereinbar, das u. a. auf die Gewährleistung der öffentlichen
Sicherheit und Ordnung in den Mitgliedstaaten gerichtet
ist.
5.4

Zollfahndung

5.4.1

Durchführung des Zollfahndungsneuregelungsgesetzes

Bei der Informationsverarbeitung von Zollkriminalamt
und Zollfahndung werden weiterhin Richtlinien und
Errichtungsanordnungen angewandt, die noch nicht an
das Zollfahndungsneuregelungsgesetz angepasst worden
sind.
Mit Inkrafttreten des Zollfahndungsneuregelungsgesetzes am 24. August 2002 wurden die für die Tätigkeit
des ZKA und der Zollfahndungsämter erforderlichen
bereichsspezifischen Datenschutzregelungen in Form
des Zollfahndungsdienstgesetzes (ZFdG) geschaffen
(vgl. 19. TB Nr. 15.1). Damit war die letzte Regelungslücke im Bereich der Polizeien des Bundes geschlossen.
Anlässlich von Eingaben, die eine datenschutzrechtliche
Überprüfung beim ZKA zur Folge hatten, habe ich jedoch
festgestellt, dass in der Praxis weiterhin auf die Richtlinien für die Datei „INZOLL“ zurückgegriffen wird, ohne
dass diese der neuen Gesetzeslage angepasst worden sind.
Dies habe ich auch im Rahmen einer datenschutzrechtlichen Kontrolle der Geldwäschebekämpfung beim Zoll
festgestellt (vgl. Nr. 5.4.2).
Seit Jahresbeginn 2004 werden vom BMF Errichtungsanordnungen für vom Zoll benötigte DV-Anwendungen mit
Blick auf das ZFdG überarbeitet. Bei den mir zur Anhörung nach § 41 Abs. 1 ZFdG bereits zugeleiteten Errichtungsanordnungen konnte ich feststellen, dass deren
Überarbeitung in Umsetzung des ZFdG nahezu abgeschlossen ist. Das BMF hat mir zugesichert, auch die
„Richtlinien INZOLL“ in nächster Zeit entsprechend zu
überarbeiten. Diese Entwicklung und die Umsetzung in
der Praxis werde ich weiterhin kritisch begleiten.
5.4.2

Geldwäschebekämpfung
beim Zollkriminalamt

Ein Beratungs- und Kontrollbesuch zu den beim Zoll vorgenommenen Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung
bei der Gemeinsamen Finanzermittlungsgruppe (GFG)
Nordrhein-Westfalen hat Hinweise auf teilweise unzulässig lange Speicherungen ergeben.

BfD

20. Tätigkeitsbericht

2003–2004

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