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Dateien des BKA abgibt, ohne dass im Einzelfall eine Relevanzprüfung der den Speicherungen zugrunde liegenden
Gründe vorgenommen wird. Da in vielen Fällen die
Gründe für die Speicherung und damit für die Geltendmachung von Einreisebedenken nur von den Stellen, die
dem BKA den betreffenden Sachverhalt mitgeteilt haben,
beurteilt werden können, muss das BKA jedoch in jedem
Einzelfall – ggf. durch eine Rückfrage bei diesen Stellen – prüfen, ob die zur Geltendmachung von Einreisebedenken bestehenden Gründe nach wie vor Bestand haben. Nur dann ist ein ablehnendes Votum, welches für den
Betroffenen zur Folge hat, dass er in das gesamte SchengenGebiet nicht einreisen darf, gerechtfertigt. In vielen der
von mir überprüften Fälle wäre es bei Beachtung der sich
aus § 32 Abs. 3 BKAG ergebenden Überprüfungsverpflichtung nicht zu den Ablehnungen der Visumsanträge
gekommen.
Ich verkenne zwar nicht, dass das Konsultationsverfahren
für das BKA aufwändig und zugleich an knappe Zeitvorgaben gebunden ist. Dies kann jedoch das BKA nicht generell von seiner Pflicht zur Überprüfung personenbezogener Daten nach § 32 Abs. 3 BKAG entbinden. Adressat
dieser Verfahrensregelungen ist das BKA. Nur für die in
Verbunddateien des polizeilichen Informationssystems
gespeicherten Daten obliegen die Löschungs- und Prüfungsverpflichtungen den jeweiligen INPOL-Teilnehmern, die den betreffenden Datensatz eingegeben haben
(§ 11 Abs. 2 BKAG). In den von mir geprüften Fällen
war jedoch das BKA selbst speichernde Stelle.
Kritisiert habe ich auch den Umfang der vom BKA herangezogenen Informationen im Zusammenhang mit der
Prüfung von Visumsanträgen im Konsultationsverfahren,
die weit über den mit dem Verfahren verfolgten Zweck
hinausgehen.
Im Rahmen des Konsultationsverfahren sollen nur Versagungsgründe gem. § 8 Abs. 1 Nr. 5 Ausländergesetz (AuslG) festgestellt werden. Damit soll sichergestellt
werden, dass Erkenntnisse über Personen im Rahmen des
Visumsverfahrens berücksichtigt werden, die nicht oder
nicht mehr im Ausländerzentralregister (AZR) bzw. im
Schengener Informationssystem (SIS) gespeichert sind,
jedoch beschränkt auf Angehörige bestimmter „Problemstaaten“ und auf vorhandene Verdachtsmomente für Terrorismus. Diejenigen Personen, die terroristische Aktivitäten entfalten oder unterstützen, sollen kein Einreiseoder Aufenthaltsrecht erhalten. Damit werden Bestrebungen erfasst, die gegen die freiheitliche demokratische
Grundordnung sowie gegen die Sicherheit des Bundes
oder eines Landes gerichtet sind. Der Hinweis des BMI
auf die Regelung des § 64a Abs. 3 Satz 2 AuslG, wonach
die Sicherheitsbehörden die Antragsdaten auch speichern
und nutzen dürfen, wenn das zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlich ist, geht hier fehl. Das Konsultationsverfahren dient also nicht der allgemeinen Gefahrenabwehr.
Angesichts der unterschiedlichen Auffassungen habe ich
dem BMI Gespräche angeboten, um praktikable und datenschutzgerechte Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln.
Bis Redaktionsschluss haben diese noch nicht stattgefunden.

BfD

20. Tätigkeitsbericht

2003–2004

5.3

Bundesgrenzschutz

5.3.1

Änderung des BGS-Gesetzes – ohne
meine Beteiligung

Der BGS darf weiterhin verdachtsunabhängige Personenkontrollen auf Bahnhöfen und Flughäfen durchführen.
Mit der Regelung des § 22 Abs. 1a BGSG wurde am
25. August 1998 eine Rechtsgrundlage für die Durchführung verdachts- und ereignisunabhängiger Kontrollen
auch außerhalb der bis dato geltenden 30 km-Zone geschaffen. Diese Regelung ermächtigt den BGS, in Zügen,
auf Bahnhöfen und Bahnanlagen sowie auf Flughäfen mit
grenzüberschreitendem Verkehr Personen wie bei einer
Schleierfahndung kurzfristig anzuhalten, zu befragen und
mitgeführte Ausweispapiere oder Grenzübertrittspapiere
zu prüfen sowie mitgeführte Sachen in Augenschein zu
nehmen. Ich hatte seinerzeit erhebliche Bedenken gegen
diese Regelung geäußert, weil damit jedermann in das Visier der Polizei geraten kann, ohne zuvor als Störer oder
Verdächtiger polizeilich in Erscheinung getreten zu sein
(vgl. 17. TB Nr. 12.1). Nach dem ursprünglichen Gesetzesentwurf war sogar die Möglichkeit einer anlasslosen
Kontrolle vorgesehen. Die Regelung wurde jedoch dahin
gehend eingeschränkt, dass eine Kontrolle nur durchgeführt werden kann, wenn aufgrund bestimmter Lageerkenntnisse oder grenzpolizeilicher Erkenntnisse anzunehmen ist, dass die entsprechenden Züge oder
Bahnanlagen zur unerlaubten Einreise genutzt werden.
Nicht zuletzt aufgrund meiner Anregungen wurde die
neue Ermächtigung bis zum 31. Dezember 2003 befristet.
Damit war die Möglichkeit einer intensiven Evaluierung
gegeben, da innerhalb dieses Zeitraums in ausreichendem
Maße rechtstatsächliche Erkenntnisse über die Wirksamkeit der Maßnahmen gewonnen und ausgewertet werden
konnten. Die Notwendigkeit einer Evaluierung wurde
auch im Rahmen der parlamentarischen Ausschussberatungen deutlich, bei denen das BMI gebeten wurde, die
innerhalb dieses Zeitraums gesammelten Erfahrungen zu
einem späteren Zeitpunkt zu beurteilen.
Da bis Anfang September 2003 keine aussagekräftige Bewertung der Maßnahme vorlag, ging ich davon aus, dass
die gesetzliche Regelung mit Ablauf des Jahres 2003
außer Kraft treten würde. Mit einem entsprechenden
Schreiben hatte ich das BMI gleichzeitig aber darum gebeten, mich für den Fall, dass gleichwohl eine Verlängerung der Regelung geplant sei, zu beteiligen. Dieses
Schreiben blieb unbeantwortet. Auch wurde mir der Erfahrungsbericht des BMI vom 29. August 2003 zunächst
nicht zugeleitet. Im Oktober 2003 habe ich mich deshalb
erneut an das BMI gewandt und deutlich gemacht, dass
entsprechend der GGO der BfD frühzeitig über die Aktivitäten des Bundes, sofern sie datenschutzrechtliche Aspekte berühren, zu informieren ist, damit er die ihm obliegende Beratung und Kontrolle der öffentlichen Stellen
des Bundes und die Unterrichtung des Deutschen Bundestages über wesentliche Entwicklungen des Datenschutzes vornehmen kann. Auch dieses Schreiben blieb
bis jetzt unbeantwortet, wenngleich mir am 11. November 2003 der von der Bundesregierung dem Deut-

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