– 187 –
K a s t e n zu Nr. 24.2
67. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des
Bundes und der Länder am 25. und 26. März 2004
Entschließung:
Einführung eines Forschungsgeheimnisses für
medizinische Daten
In vielen Bereichen der Forschung werden sensible medizinische Daten der Bürgerinnen und Bürger verarbeitet. Dabei ist häufig eine Verarbeitung auch personenbezogener Daten erforderlich. Diese Daten können mit
Einwilligung der Betroffenen insbesondere von Ärztinnen und Ärzten, aber auch von Angehörigen anderer
Heilberufe an Forscher und Forscherinnen übermittelt
werden. Dies ist im Interesse der Forschung zwar
grundsätzlich zu begrüßen. Mit der Übermittlung verlieren die Daten aber regelmäßig den strafrechtlichen
Schutz vor Offenbarung und den Beschlagnahmeschutz
im Strafverfahren. Auch ein Zeugnisverweigerungsrecht
bezüglich dieser Daten steht den Forschenden – anders
als insbesondere den behandelnden Ärztinnen und
Ärzten – nicht zu. Zum Schutze der Forschung, vor allem aber zum Schutz der durch die Datenübermittlung
und -verarbeitung Betroffenen, sollte vom Gesetzgeber
deshalb sichergestellt werden, dass die bei den übermittelnden Stellen geschützten personenbezogenen medizinischen Daten auch nach ihrer Übermittlung zu Forschungszwecken den gleichen Schutz genießen.
Die Datenschutzbeauftragten fordern daher den Bundesgesetzgeber auf,
– in § 203 StGB die unbefugte Offenbarung von personenbezogenen medizinischen Forschungsdaten unter Strafe zu stellen,
– in §§ 53, 53a StPO für personenbezogene medizinische Daten ein Zeugnisverweigerungsrecht für Forscher und ihre Berufshelfer zu schaffen,
– in § 97 StPO ein Verbot der Beschlagnahme personenbezogener medizinischer Forschungsdaten zu
schaffen.
Die Datenschutzbeauftragten sehen in diesen Vorschlägen einen ersten Schritt zu einer generellen Regelung
des besonderen Schutzes personenbezogener Daten in
der Forschung.
24.3

Forschungsdatenzentrum des
Statistischen Bundesamtes

Ende 2001 hat das Statistische Bundesamt ein Forschungsdatenzentrum gegründet, um den Zugang der
Wissenschaft zu Einzeldaten der Statistik zu verbessern.
Derzeit bereiten auch die Statistischen Landesämter die
Einrichtung eines Forschungsdatenzentrums vor.
Mit der Einrichtung des Forschungsdatenzentrums (FDZ)
des Statistischen Bundesamtes wurde eine Empfehlung
der „Kommission zur Verbesserung der informationellen

Infrastruktur zwischen Wissenschaft und Statistik“ aufgegriffen. Dabei ging die Kommission davon aus, dass die
Daten – auch solche, die für andere Zwecke im Rahmen
staatlichen Handelns entstehen – so effizient wie möglich
für wissenschaftliche Analysen genutzt werden müssen,
um die Kooperation zwischen Statistik und Wissenschaft
zu verbessern.
Das FDZ soll den Zugang zu den amtlichen Einzeldaten
unter den gegebenen rechtlichen Rahmenbedingungen für
die Datennutzer ausbauen und bestehende Möglichkeiten
optimieren. Hierzu zählt der Ausbau des Angebots an
faktisch anonymisierten und an absolut anonymisierten
Mikrodaten sowie der Aufbau einer Struktur zum Ferndatenzugriff. Der Zugang zu faktisch anonymisierten Mikrodatenbeständen soll hierbei sowohl in Form des onsite als auch des off-site Zugriffs erfolgen. Beim on-site
Zugriff werden die Daten in den geschützten Räumlichkeiten des FDZ zur Verfügung gestellt, während bei der
off-site Nutzung die Daten, in der Regel in der Form einer
CD, für ein fest definiertes Forschungsprojekt außerhalb
des FDZ zur Verfügung gestellt werden. Da hierbei für
die sachgerechte Verwendung der Daten keine weitere
Kontrollmöglichkeit besteht, muss bei der faktischen
Anonymisierung der Datenbestände äußerste Sorgfalt angewandt und das der Wissenschaft maximal zur Verfügung stehende Zusatzwissen berücksichtigt werden. Die
dargestellten Zugangsformen der Wissenschaft zu den
amtlichen Einzeldaten stellen aus rechtlicher Sicht keine
Erweiterung der bisherigen Praxis dar, da alle Datenübermittlungen nach den Vorgaben des Bundesstatistikgesetzes erfolgen. Hiervon habe ich mich anlässlich eines Besuches beim FDZ überzeugt.
Mit dem FDZ ist eine zentrale Anlaufstelle für die Wissenschaft eingerichtet worden. Um der Wissenschaft auch
den Zugang zu den dezentral erhobenen Statistiken zu ermöglichen, ist auch die Einrichtung eines Forschungsdatenzentrums der Statistischen Landesämter vorgesehen.
Dieses soll in Form einer Arbeitsgemeinschaft der Statistischen Landesämter betrieben werden, wobei jedes Statistische Landesamt jeweils einen regionalen Standort des
Forschungsdatenzentrums bildet. Hier ergeben sich – im
Unterschied zum FDZ, das nur seine „eigenen“ Daten
verarbeitet – andere rechtliche Fragestellungen, weil eine
Übertragung von statistischen Arbeiten an Dritte vorliegt.
24.4

Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten

Im Jahr 2004 berief das BMBF einen Rat für Sozial- und
Wirtschaftsdaten, um die empirische Sozial- und Wirtschaftswissenschaft zu unterstützen. Bereits im Vorfeld
habe ich einen konstruktiven Dialog zur Lösung bestehender datenschutzrechtlicher Probleme eingeleitet.
Am 1. November 2004 berief das BMBF den Rat für
Sozial- und Wirtschaftsdaten (RatSWD). Dieser ist ein
zunächst auf acht Jahre befristet eingerichtetes unabhängiges Gremium von empirisch arbeitenden Wissenschaftlern aus Universitäten, Hochschulen und anderen Einrichtungen unabhängiger wissenschaftlicher Forschung sowie

BfD

20. Tätigkeitsbericht

2003–2004

Select target paragraph3