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22.1.2 Zweckbindung der Mautdaten gesichert
Nach einem Beschluss des Amtsgerichtes Gummersbach
vom 21. August 2003 sollten im Rahmen strafrechtlicher
Ermittlungsverfahren Daten, die im Zusammenhang mit
der Mauterhebung erhoben wurden, zur Verfügung gestellt werden. Adressaten des Beschlusses waren
Toll Collect als Betreiber des Systems und das BAG als
verantwortliche Stelle. Vor diesem Hintergrund stellte
sich die Frage, wie die datenschutzrechtlichen Bestimmungen des ABMG auszulegen sind und in welcher Relation sie zu den Vorschriften der Strafprozessordnung
(StPO) und des Telekommunikationsgesetzes (TKG) stehen. Hier war ich mir mit dem BMVBW einig, dass die
strenge Zweckbindung der für die Mautzahlung erhobenen und gespeicherten Daten nicht unterlaufen werden
darf. Bereits bei der ursprünglichen Rechtslage war aus
meiner Sicht eine Verwendung der Daten z. B. für Zwecke der Strafverfolgung nicht zulässig. Andere bereichsspezifische Regelungen (z. B. die der StPO) sind gegenüber denen des ABMG nachrangig. Diese Auffassung
entsprach der Intention des Gesetzgebers (vgl. Begründung zu § 4 Abs. 2 ABMG, Bundesratsdrucksache 643/01
S. 27f.): „Daten, die im Rahmen der Mauterhebung und
der Kontrolle der Einhaltung der Mautpflicht erhoben
bzw. übermittelt werden, dürfen ausschließlich für diese
Zwecke genutzt werden“. Gegen eine Übermittlung
spricht auch § 160 Abs. 4 StPO, der eine Maßnahme als
unzulässig bezeichnet, sofern eine bundes- oder landesrechtliche Verwendungsregelung entgegensteht. Dies ist
hier mit den Zweckbindungsregelungen in den §§ 4
Abs. 2 und 7 Abs. 2 ABMG der Fall. Für eine strenge
Zweckbindung spricht ferner, dass der Gesetzgeber an anderer Stelle Ausnahmen von strengen Zweckbindungsregelungen zugunsten der Strafverfolgungsbehörden in das
Gesetz aufgenommen hat. So enthalten §§ 5 Satz 2 und 6
Abs. 5 Satz 5 Teledienstedatenschutzgesetz nach der Novellierung durch das Gesetz über rechtliche Rahmenbedingungen für den elektronischen Geschäftsverkehr eben
solche Ausnahmen von der Zweckbindung zugunsten der
Strafverfolgungsbehörden mit einem ausdrücklichen Hinweis auf § 160 Abs. 4 StPO.
Mit Blick auf die abweichende Entscheidung des
AG Gummersbach hielt ich es dennoch für erforderlich,
durch eine gesetzliche Klarstellung für alle Verfahrensbeteiligten Rechtssicherheit zu schaffen. Zwar hatte die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der
Fraktion der FDP (Bundestagsdrucksache 15/2127) meine
Auffassung geteilt, dass die im Zusammenhang mit der
LKW-Maut erhobenen Daten grundsätzlich nicht für andere Zwecke nutzbar gemacht werden könnten. Gleichwohl habe ich die Novellierung des ABMG
(Bundestagsdrucksache 15/3678), in der hauptsächlich
eine Regelung zur Festsetzung des neuen Starttermins
vorgesehen war, zum Anlass genommen, auf eine Konkretisierung der Zweckbindungsregelung der §§ 4 Abs. 2
und 7 Abs. 2 ABMG hinzuwirken, um die Beschlagnahme dieser Daten auf jeden Fall zu verhindern. Mit Erfolg: Die §§ 4 Abs. 2 und 7 Abs. 2 ABMG wurden um
den Satz: „Eine Übermittlung, Nutzung oder Beschlagnahme dieser Daten nach anderen Rechtsvorschriften ist
unzulässig“ ergänzt (BGBl. I S. 3121). Durch diese Formulierung besteht nun für alle Beteiligten Rechtsklarheit.
BfD
20. Tätigkeitsbericht
2003–2004
22.1.3 Kein Online-Zugriff auf Kundendateien
für die Regulierungsbehörde
Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und
Post (RegTP) hatte im September 2003 die Betreiberfirma Toll Collect wegen der Teilnahme am automatisierten Abrufverfahren nach § 112 TKG angeschrieben. Nach
dieser Vorschrift können bestimmte Behörden Auskünfte
aus den Kundendateien der Telekommunikationsdiensteanbieter erhalten, soweit die Auskünfte zur Erfüllung
ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlich sind und die Ersuchen im automatisierten Verfahren vorgelegt werden.
Das BAG sprach sich jedoch gegen die Anwendbarkeit
des § 112 TKG aus, da eine Verpflichtung des Betreibers,
am automatisierten Auskunftsverfahren teilzunehmen,
seiner Ansicht nach bereits daran scheitere, dass dieser
keine Telekommunikationsdienste anbiete und das automatisierte Verfahren eine geschäftsmäßige Telekommunikation im Sinne der §§ 3 Nr. 10 und 112 Abs. 1 TKG voraussetze. Nach § 3 Nr. 10 TKG sei „geschäftsmäßiges
Erbringen von Telekommunikationsleistungen“ das nachhaltige Angebot von Telekommunikation einschließlich
des Angebots von Übertragungswegen für Dritte. Die
Übertragung von Daten über den mautpflichtigen Streckenabschnitt vom Fahrzeuggerät an das Rechenzentrum
und im Gegenzug über die sich hieraus ergebende Mauthöhe vom Rechenzentrum an das Fahrzeuggerät, stelle
keine Telekommunikation dar. Hierfür spreche u. a., dass
Fahrzeuggerät und Karte Eigentum des Betreibers seien,
die Karte selbst fest installiert sei und nur durch eine vom
Betreiber autorisierte Werkstatt herausgenommen werden
könne. Es würden ausschließlich Daten übermittelt, die
entsprechend den Festlegungen des Betreibers der Addition von Streckenabschnitten dienten. Damit sei der Betreiber und nicht etwa der Fahrzeugführer oder -eigentümer Nutzer der Einrichtung.
Weiter stellte sich die Frage nach dem Inhalt einer solchen Datei. Nach den Vorgaben des § 112 Abs. 1 TKG
sind in die Kundendatei unverzüglich die Rufnummern
und Rufnummernkontingente, die zur weiteren Vermarktung oder sonstigen Nutzung an andere vergeben werden,
sowie Name und Anschrift der Inhaber von Rufnummern
und Rufnummernkontingenten aufzunehmen, auch soweit diese nicht in öffentlichen Verzeichnissen eingetragen sind. Eine Rufnummernzuordnung zur SIM-Karte
führt ausschließlich der Netzbetreiber durch. Anschlussinhaber ist Toll Collect. Der Datei wäre deshalb nur zu
entnehmen, dass eine Nachricht vom Betreiber an den
Betreiber geschickt wurde, da es sich bei Sender und
Empfänger um den gleichen Nutzer handelt.
Meine Bedenken habe ich der RegTP vorgetragen. Im Ergebnis schloss sich die Behörde meiner Argumentation
an, so dass für Toll Collect keine Verpflichtung besteht,
eine Kundendatei für das Abrufverfahren nach § 112
TKG zu führen. Vielmehr ist das Unternehmen als Kunde
in den entsprechenden Kundendateien der Mobilfunkbetreiber aufzuführen, mit denen Telekommunikationsdienstleistungsverträge hinsichtlich der eingebauten SIMKarten abgeschlossen wurden.