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16.7.1 Unberechtigte Datenerhebung
beim Hausarzt

Petentin persönlich richten müssen. Die BA hat sich meiner Rechtsauffassung angeschlossen und ihr Bedauern
gegenüber der Petentin zum Ausdruck gebracht. Von einer förmlichen Beanstandung habe ich daher abgesehen.

Fehlende Schweigepflichtentbindungserklärung des Kunden der Agentur für Arbeit bei Auskunftsersuchen an dessen Hausarzt.

16.7.3 Unrechtmäßige Anforderung einer
Schweigepflichtentbindungserklärung

16.7

Einzelfälle

Ein Petent bescherte sich darüber, dass sich die für ihn zuständige Agentur für Arbeit unmittelbar mit seinem Hausarzt in Verbindung gesetzt hatte, um dort Daten über seine
Arbeitsunfähigkeit und diesbezügliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zu erfragen. Im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens gegen den Änderungsbescheid zum
Unterhaltsgeld war nach Angaben der Agentur für Arbeit
eine Überprüfung erforderlich, ob für unentschuldigte
Fehltage Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe. Für die
Einholung von Auskünften beim Hausarzt wäre das Vorliegen einer Erklärung des Petenten über die Entbindung
von der Schweigepflicht erforderlich gewesen. Da eine
Schweigepflichtentbindungserklärung in diesem Fall aber
nicht vorgelegen hat, war das Auskunftsersuchen der
Agentur für Arbeit an den Hausarzt des Petenten nicht zulässig. Von einer förmlichen Beanstandung habe ich abgesehen, weil die Bundesagentur für Arbeit (BA) meine
Rechtsauffassung teilt und die Agentur nachdrücklich auf
die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen hingewiesen hat.
16.7.2 Verletzung des Grundsatzes der Datenerhebung beim Betroffenen
Unzulässige Datenerhebung bei einer Bank.
Der Ehemann einer Petentin hatte bei der Agentur für Arbeit einen Antrag auf Arbeitslosenhilfe gestellt. In dem
Antrag legte er seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie die der Petentin offen, verschwieg aber,
dass er bei einem Geldinstitut ein Wertpapierkonto führte.
Durch die zulässige Anfrage beim Bundesamt für Finanzen (BfF) nach § 45d Abs. 2 Einkommenssteuergesetz erhielt die Agentur für Arbeit Kenntnis von dem Konto. Insoweit war die daraufhin erfolgte Anfrage der Agentur für
Arbeit bei dem Geldinstitut, datenschutzrechtlich nicht zu
beanstanden. Obwohl gegen die Petentin selbst auf Grund
der Anfrage beim BfF keine Verdachtsmomente hinsichtlich eines nicht angegebenen und zu berücksichtigenden
Vermögens vorlagen, stellte die Agentur aber auch eine
entsprechende Anfrage nach Konten der Petentin bei
demselben Geldinstitut. Die Agentur für Arbeit begründete ihre Berechtigung für eine entsprechende Bankauskunft über die Petentin mit dem Missbrauchsverdacht gegen den Ehemann. Ein solcher Generalverdacht ist dem
deutschen Rechtssystem jedoch fremd. Eine Anfrage bei
dem Geldinstitut war daher datenschutzrechtlich nicht gerechtfertigt. Die Ermittlungen der Agentur für Arbeit haben sich am Grundsatz der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit zu orientieren. Dabei hat die Agentur für
Arbeit unter mehreren zur Verfügung stehenden Mitteln
das den Betroffenen am wenigstens belastende zu wählen. Die Agentur für Arbeit hätte daher die Anfrage im
Rahmen des Erstermittlungsgrundsatzes zunächst an die

BfD

20. Tätigkeitsbericht

2003–2004

Die Abgabe einer Schweigepflichtentbindungserklärung
fällt nicht unter die Mitwirkungspflichten der
§§ 60 ff. SGB I, sondern unterliegt der Freiwilligkeit des
Kunden der Agentur für Arbeit.
Eine Petentin, die bei der Agentur für Arbeit eine Trainingsmaßnahme nach § 48 SGB III zur beruflichen Eingliederung krankheitsbedingt abbrechen musste, wurde
von der zuständigen Vermittlerin bei der Agentur für Arbeit darüber informiert, dass sie zur Überprüfung ihrer
Leistungsfähigkeit ärztlich untersucht werden müsse. In
diesem Zusammenhang verlangte die Vermittlerin der
Agentur für Arbeit von der Petentin eine Erklärung zur
Entbindung ihrer Ärzte von der Schweigepflicht. Dazu
war die Petentin jedoch nicht bereit. Die Agentur für Arbeit drohte ihr daraufhin für den Fall, dass die Erklärung
am nächsten Tag nicht unterschrieben vorliege, mit dem
Entzug der laufenden Geldleistung.
Die Abgabe einer Schweigepflichtentbindungserklärung
fällt nicht unter die Mitwirkungspflichten der
§§ 60 ff. SGB I, sondern steht im freien Ermessen des
Kunden/der Kundin der Agentur für Arbeit. Wird die Erklärung nicht abgegeben, hat der ärztliche Dienst auf die
Beiziehung entsprechender Vorbefunde zu verzichten und
muss das Leistungsvermögen des Kunden/der Kundin
durch eigene Untersuchungen ermitteln. Dies entspricht
auch der Rechtslage nach § 62 SGB I. Danach hat sich
derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, auf
Verlangen des zuständigen Leistungsträgers ärztlichen
und psychologischen Untersuchungsmaßnahmen zu unterziehen, soweit diese für die Entscheidung über die
Leistung erforderlich sind. Eine Verpflichtung, Dritte von
ihrer Schweigepflicht zu entbinden, verlangt das Gesetz
nicht. Die BA hat zugesagt, durch Handlungsanweisungen für die Agenturen für Arbeit sicherzustellen, dass
derartige Fälle künftig nicht mehr auftreten. Ich werde zu
gegebener Zeit kontrollieren, ob diese Zusage beachtet
wird.
16.7.4 Sozialdaten in der Mülltonne
Die Entsorgung von personenbezogenen Unterlagen der
Agentur für Arbeit im Hausmüll verstieß gegen das
Sozialgeheimnis.
Aufgrund einer Eingabe wurde ich auf folgenden Vorfall
aufmerksam gemacht:
Ein Passant fand auf dem wenige Meter von der Geschäftsstelle der Agentur für Arbeit entfernten Marktplatz
eine große Anzahl herumliegender Schriftstücke, bei denen es sich um Unterlagen aus Kundenakten der Agentur
für Arbeit handelte. Diese bestätigte, dass die Schriftstücke mit personenbezogenem Inhalt von einem Mitarbeiter

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