– 160 –
Zugriff der BA auf VAM-Daten für die Verwendung in
der Arbeitsvermittlung würde somit eine Zweckänderung
darstellen, soweit der Betroffene nicht hierin einwilligt.
Die automatische Übernahme der Daten von VAM-Nutzern in VerBIS wäre eine unzulässige Nutzung, da zum
Zeitpunkt der Datenspeicherung noch nicht feststeht, ob
der Fall der Arbeitslosigkeit eintritt.
Ich habe die BA auf diese Rechtsprobleme hingewiesen
und für die Verwendung der VAM-Bewerberdaten eine
gesetzliche Grundlage gefordert. Solange eine entsprechende gesetzliche Befugnis nicht besteht, muss eine
wirksame Einwilligung der Betroffenen eingeholt werden.
16.3

Verwendung von Rentendaten zum
Zweck des Forderungsinkassos
unzulässig?

Die von der Bundesagentur für Arbeit geplante Nutzung
der für die Arbeitsmarktstatistik übermittelten Daten der
Rentenversicherungsträger für andere Zwecke ist wegen
einer fehlenden Rechtsgrundlage unzulässig.
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) prüft einen Datenabgleich ihrer Schuldnerdatei mit den von der Datenstelle
der Rentenversicherungsträger (DSRV) für die Arbeitsmarktstatistik übermittelten Daten. Sie beruft sich dabei
auf § 281 Satz 2 SGB III. Die BA erhofft sich dadurch
eine Effektivierung ihres Forderungsinkassos. Ich halte
den angedachten Datenabgleich rechtlich für unzulässig,
da für die Verwendung von statistischen Daten für Verwaltungszwecke eine gesetzliche Grundlage fehlt. Zudem
würde eine derartige Umwidmung statistischer Daten
dem verfassungsrechtlichen Trennungsgebot von Statistik
und Verwaltung widersprechen (vgl. BVerfGE 65, 1, 61).
Da von Datenabgleichsverfahren immer auch unbeteiligte
Bürger erfasst werden und ihre persönlichen Verhältnisse
mit jedem zusätzlichen Datenabgleich immer transparenter und für den jeweiligen Bearbeiter umfassender offen
gelegt werden, ist vor der Einrichtung eines solchen Verfahrens zu prüfen, ob es im Interesse des Gemeinwohls
zur Erreichung des konkreten Zieles erforderlich und verhältnismäßig ist, wie dies der Deutsche Bundestag bereits
am 22. Juni 1995 gefordert hat (Bundestagsdrucksache 13/1636, S. 3). Ein Datenabgleich kann nicht in
erster Linie mit einer Verwaltungs- und Geschäftserleichterung begründet werden. Er muss erforderlich sein, um
tatsächlich bestehende Missstände abzustellen und künftig zu vermeiden. Sollte der Datenabgleich erforderlich
sein, sind die Daten, die zwecks Abgleich übermittelt
werden sollen, normenklar im Gesetz selbst oder in einer
Rechtsverordnung aufzuführen und die Stellen zu nennen, zwischen denen der Datenabgleich zulässig ist.
Daneben ist es unverzichtbar, die Betroffenen durch Hinweise in Vordrucken und Merkblättern auf die Datenabgleiche zur Verhinderung von Leistungsmissbrauch vorher aufmerksam zu machen.
In diesem Zusammenhang kommt auch eine Zweckänderung der vom Verband der Rentenversicherungsträger
(VDR) überlassenen Daten durch die BA nicht in Be-

BfD

20. Tätigkeitsbericht

2003–2004

tracht. Dies ergibt sich insbesondere aus § 67c SGB X.
So sieht § 67c Abs. 2 Nr. 1 SGB X die Möglichkeit vor,
dass die erhebende Stelle gespeicherte Sozialdaten auch
für andere Zwecke nutzt als für die, für die sie erhoben
worden sind. Voraussetzung ist jedoch, dass die Nutzung
der Sozialdaten für die Erfüllung von Aufgaben nach anderen Rechtsvorschriften des SGB X als diejenigen, für
die sie erhoben wurden, erforderlich sind. Diese Aufgaben müssen entsprechend dem Volkszählungsurteil des
Bundesverfassungsgerichts auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, aus der sich die Voraussetzungen und der
Umfang der Beschränkungen klar und für den Bürger erkennbar ergeben (BVerfGE 65, 1, 41 ff.). An einer solchen gesetzlichen Grundlage fehlt es hier. Zwar zählt die
Rückforderung von zu Unrecht erbrachten Leistungen zu
den Aufgaben der BA. Dass hierfür die Daten genutzt
werden sollen, die der BA zur Erstellung der Statistik der
sozialversicherungspflichtig Beschäftigten übermittelt
werden, ist jedoch unzulässig.
Die Sozialdaten werden von den Arbeitgebern nach
§ 28a SGB IV gemeldet und von der DSRV gem. § 36
Abs. 3 Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung
an die BA weitergeleitet. Hierbei handelt es sich um eine
Aufgabenzuweisungsnorm und nicht um eine Norm, die
zu einem Datenabgleich ermächtigt. Vor allem ist zu berücksichtigen, dass die Daten ausschließlich für Zwecke
der Arbeitsmarktstatistik an die BA übermittelt werden,
die dem Statistikgeheimnis unterliegen (§ 16 BStatG).
Die BA hat dafür Sorge zu tragen, dass die ihr ausschließlich für Zwecke der Arbeitsmarktstatistik übermittelten
Daten unverzüglich in den Statistikbereich gelangen.
§ 281 SGB III legitimiert gerade nicht dazu, diese Daten
für allgemeine Verwaltungszwecke zu nutzen.
Ich habe die BA gebeten, in ihre weiteren Überlegungen
eingebunden zu werden. Ich werde den weiteren Verlauf
des Vorhabens kritisch begleiten.
16.4

Zweigeteilter Datenschutz in der
Bundesagentur für Arbeit

Die Organisation des Datenschutzes in der Bundesagentur für Arbeit ist weiterhin verbesserungsbedürftig.
Der behördliche Datenschutzbeauftragte der BA (BfD/
BA) ist seit geraumer Zeit als „Full-Time-Job“ ausgestaltet. Angesichts der Größe der BA (ca. 96 000 Mitarbeiter)
habe ich Überlegungen unterstützt, den BfD/BA mit einer
ausreichenden Anzahl Mitarbeiter auszustatten, wie dies
in § 81 Abs. 4 Satz 1 SGB X i. V. m. § 4f Abs. 5
Satz 1 BDSG vorgegeben ist. Da der BfD/BA die ordnungsgemäße Anwendung der zahlreichen Datenverarbeitungsprogramme überwacht und ihm dabei auch die
Vorabkontrolle nach § 4d Abs. 6 BDSG obliegt, die aufgrund der Meldungen für das Verfahrensverzeichnis
durchgeführt wird, frage ich mich, wie er dies mit nur
zwei Mitarbeitern bewältigen will.
Leider ist die Zusammenführung der Stellen BfD/BA und
dem zuständigen IT-Fachreferat – außerhalb des IT-Bereichs – immer noch nicht erfolgt (vgl. 19. TB Nr. 23.1).
Aufgrund der Zweiteilung des Datenschutzes in der BA

Select target paragraph3