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Zum Zeitpunkt meines Beratungs- und Kontrollbesuchs
wurde die Plattform von einem Unternehmen innerhalb
des Konzernverbundes des Netzbetreibers angeboten, das
seinen Sitz in einem anderen EU-Land hat. Da diese
Firma als Telediensteanbieter beurteilt werden muss und
zudem ihren Sitz im Ausland hat, war es mir mangels eigener Zuständigkeit nicht möglich, die dortige Datenverarbeitung zu prüfen. Anhand der freiwilligen Angaben
des Plattform-Anbieters konnte aber festgestellt werden,
dass dieser Protokolldateien, die auch Ortungsinformationen beinhalten, für einen – zumindest nach deutschem
Recht – zu langen Zeitraum aufbewahrt. Durch organisatorische Änderungen soll dieses Problem mittelfristig behoben werden.
13.2.3 Aufbewahrungsfristen für Verkehrsdaten nach der Abgabenordnung
Die langen Aufbewahrungsfristen der Abgabenordnung
gelten nicht für die Speicherung von Verkehrsdaten der
Telekommunikation.
Verkehrsdaten sind gemäß § 97 Abs. 3 Telekommunikationsgesetz (TKG) grundsätzlich spätestens sechs Monate
nach Versendung der Rechnung zu löschen. Bei Kontrollen habe ich allerdings wiederholt festgestellt, dass den
Rechnungen beigefügte Einzelverbindungsnachweise wesentlich länger aufbewahrt wurden. Von den Unternehmen wurde auf die Aufbewahrungsfristen der Abgabenordnung (AO) verwiesen. So sind nach § 147 AO
Unterlagen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind,
sechs bzw. zehn Jahre aufzubewahren.
K a s t e n zu Nr. 13.2.3
Verkehrsdaten sind Daten, die bei der Erbringung eines Telekommunikationsdienstes erhoben, verarbeitet
oder genutzt werden (§ 3 Nr. 30 TKG). Diese Daten unterliegen dem besonderen Schutz des Fernmeldegeheimnisses.
Auf meine Anregung konnte mit dem BMF, den obersten
Finanzbehörden der Länder und dem BMJ zu dieser Problematik Einvernehmen erzielt werden: Danach besteht
aus steuerlicher Sicht grundsätzlich keine Aufbewahrungspflicht für die Verkehrsdaten durch den Verbindungsnetzbetreiber. Die Aufbewahrung der Rechnung
ohne Einzelverbindungsnachweis (EVN) ist ausreichend.
Wird in einer Rechnung jedoch nur die Art der Leistung
beschrieben und zu deren Umfang auf den als Anlage beigefügten EVN verwiesen, wird dieser Bestandteil der
Rechnung und ist mit aufzubewahren. Ich habe deshalb
angeregt, die Rechnungen so zu gestalten, dass die erbrachten Leistungen auch ohne Rückgriff auf den EVN
nachvollzogen werden können.
Ein vergleichbares Problem betraf die private Nutzung
arbeitgebereigener Computer und Telekommunikationseinrichtungen durch den Arbeitnehmer. Bei den Aufzeichnungs- bzw. Aufbewahrungspflichten des Umsatzsteuergesetzes (UStG) muss zunächst unterschieden

BfD

20. Tätigkeitsbericht

2003–2004

werden, ob die Privatnutzung gegen Entgelt erfolgt oder
nicht. Überlässt der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern
die Nutzung betrieblicher Computer oder Telekommunikationsgeräte entgeltlich für Privatzwecke, so handelt es
sich um einen steuerbaren und steuerpflichtigen Vorgang.
Es liegt eine entgeltliche sonstige Leistung vor. Bemessungsgrundlage für diese Umsätze ist grundsätzlich das
vereinbarte bzw. gezahlte Entgelt i. S. d. § 10 UStG. In
diesen Fällen ist davon auszugehen, dass die betroffenen
Arbeitnehmer zumindest konkludent der Aufzeichnung
der zur Abrechnung erforderlichen Daten zugestimmt haben, was regelmäßig zur Durchführung der Umsatzbesteuerung ausreichen dürfte.
Werden dem Arbeitnehmer betriebliche Computer oder
Telekommunikationseinrichtungen kostenlos für Privatzwecke überlassen, erbringt der Arbeitgeber ihnen gegenüber grundsätzlich steuerpflichtige unentgeltliche Wertabgaben i. S. d. § 3 Abs. 9a UStG. Bemessungsgrundlage
sind sämtliche auf die private Nutzung entfallenden Kosten. Eine Individualisierung der Daten (Aufzeichnung der
konkreten Verkehrsdaten) ist aus umsatzsteuerrechtlicher
Sicht nicht notwendig; es genügt, für den jeweiligen Abrechnungszeitraum die Entgelte je Arbeitnehmer aufzuzeichnen.
Für den Arbeitnehmer sind die Vorteile aus der privaten
Nutzung von betrieblichen Computern und Telekommunikationseinrichtungen seit dem Jahre 2000 nach § 3
Nr. 45 Einkommensteuergesetz steuerfrei. Demnach besteht auch hier keine Erfordernis für die Aufbewahrung
von Verkehrs- bzw. Nutzungsdaten über privat genutzte
arbeitgebereigene Computer.
13.2.4 „Happy Digits“ machen nicht alle
Kunden glücklich
Eklatanter Verstoß gegen Datenschutzrechte von Kunden
durch missbräuchliche Anmeldung zur Teilnahme an einem Bonusprogramm.
Wer kennt sie nicht, die Frage: „Haben Sie schon eine
Kundenkarte?“ Hierbei handelt es sich um die guten alten
Rabattmarken in neuer Verpackung. Immer mehr Firmen
in der modernen Wirtschaftswelt versuchen, durch solch
spezielle Kundenbindungsprogramme den Umsatz zu
steigern. Auch Unternehmen aus dem Bereich der Telekommunikation bedienen sich dieser Marketinginstrumente.
Auf Grund mehrerer Bürgereingaben stellte ich fest, dass
Kunden eines großen Telekommunikationsdiensteanbieters immer wieder Post von einer Firma erhielten, die das
Bonusprogramm „Happy Digits“ betreut. Darin wurden
sie als neue Teilnehmer begrüßt, obschon sie kein entsprechendes Einverständnis erteilt oder sogar der Teilnahme an diesem Programm ausdrücklich widersprochen
hatten.
Meine Recherchen ergaben, dass es Mitte des Jahres 2003
zu Unregelmäßigkeiten bei der Meldung neuer Teilnehmer für das Programm durch den Telekommunikationsdiensteanbieter gekommen war. Mitarbeiter des Diensteanbieters hatten Kunden ohne ihr Einverständnis für

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