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K a s t e n zu Nr. 13.1.1
Entschließung zwischen der 66. und 67. Konferenz der Datenschutzbeauftragen des Bundes und der Länder
vom 21. November 2003
Gravierende Verschlechterung des Datenschutzes im Entwurf des neuen Telekommunikationsgesetzes
Die Bundesregierung hat am 15. Oktober 2003 den Entwurf für ein neues Telekommunikationsgesetz beschlossen.
Dieser Entwurf sieht jetzt zwar – entsprechend der Forderung der Datenschutzbeauftragten – die vorläufige Beibehaltung der Unternehmensstatistik zu Überwachungsmaßnahmen vor; im übrigen enthält er aber gravierende Verschlechterungen des Datenschutzniveaus.
Insbesondere berechtigt der Gesetzentwurf die Diensteanbieter, grundsätzlich alle entstehenden Verkehrsdaten (also
auch alle Zielrufnummern) unverkürzt bis zu sechs Monaten nach Versendung der Rechnung zu speichern. Damit
wird ohne Not und ohne überzeugende Begründung eine Regelung aufgegeben, die bisher die Speicherung von verkürzten Zielrufnummern vorsieht, wenn die Kundinnen und Kunden sich nicht für die vollständige Speicherung oder
vollständige Löschung entscheiden. Die bisherige Regelung berücksichtigt in ausgewogener Weise sowohl die
Datenschutz- als auch die Verbraucherschutzinteressen der beteiligten Personen und hat sich in der Praxis bewährt.
Vollends inakzeptabel ist die inzwischen vom Rechtsausschuss des Bundesrates vorgeschlagene Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung für sechs Monate. Gegen eine solche Regelung bestehen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken.
Schon die von der Bundesregierung vorgeschlagene Regelung würde dazu führen, dass Millionen von Verkehrsdatensätzen selbst dann noch unverkürzt gespeichert bleiben und dem Zugriff anderer Stellen ausgesetzt sind, wenn die
Diensteanbieter sie für ihre Abrechnungszwecke nicht mehr benötigen. Das im Entwurf weiterhin vorgesehene Recht
der Kundinnen und Kunden, die Speicherung gekürzter Zielrufnummern oder ihre vollständige Löschung nach Rechnungsversand zu verlangen, wird daran wenig ändern, weil nur eine Minderheit es wahrnehmen wird. Die Beibehaltung des bisherigen angemessenen Datenschutzstandards sollte nicht von der Initiative der Betroffenen abhängig gemacht werden, sondern allen zugute kommen, die nicht ausdrücklich einer weitergehenden Speicherung zustimmen.
Zudem sind die Rechte der angerufenen Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu berücksichtigten, in die durch eine Speicherung der unverkürzten Verkehrsdaten zusätzlich eingegriffen wird.
Die Datenschutzbeauftragten haben zudem stets die Zwangsidentifizierung beim Erwerb von vertragslosen (prepaid)
Handys als gesetzwidrig kritisiert und sehen sich jetzt in dieser Auffassung durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Oktober 2003 (Az.: 6 C 23.02) bestätigt. Zugleich wenden sie sich gegen die mit der TKG-Novelle
geplante Einführung einer derartigen Identifikationspflicht, die zu einer verdachtslosen Datenspeicherung auf Vorrat
führen würde. Wer ein solches Handy kauft, gibt es häufig ab oder verschenkt es, und ist deshalb nicht identisch mit
der Person, die das Handy nutzt. Deshalb bringen diese Daten keinen nennenswerten Informationsgewinn für die Sicherheitsbehörden.
Schließlich soll den Strafverfolgungsbehörden, der Polizei und den Nachrichtendiensten ohne Bindung an einen
Straftatenkatalog oder einen Richtervorbehalt der Zugriff auf Passwörter, PINs, PUKs usw. eröffnet werden, mit denen die Inhalte oder nähere Umstände einer Telekommunikation geschützt werden. Dies würde die Möglichkeit eröffnen, von dieser Befugnis unkontrolliert Gebrauch zu machen. Die Befugnis dürfte zudem häufig ins Leere laufen, da
die Anbieter diese Daten aus Gründen der Datensicherheit für sie selbst unlesbar verschlüsselt speichern.
Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder fordern den Gesetzgeber auf, den Entwurf bei den bevorstehenden Beratungen in diesen sensiblen Punkten zu korrigieren und den gebotenen Schutz des Telekommunikationsgeheimnisses sicherzustellen.
Die Datenschutzrichtlinie enthält technikneutrale Regelungen für alle Bereiche der elektronischen Kommunikation.
Erfasst werden dabei neben Telekommunikationsdiensten
auch die sog. Tele- und Mediendienste, d. h. Angebote im
Internet. Der deutsche Gesetzgeber ist der europäischen
Vorgabe nicht gefolgt, die Regelungen für die Bereiche
Telekommunikation sowie Tele- und Mediendienste zusammenzuführen. Da heute diese Dienste immer mehr zusammenwachsen und eine Unterscheidung oft sehr proble-
BfD
20. Tätigkeitsbericht
2003–2004
matisch ist, hätte ich es begrüßt, wenn eine einheitliche
Rechtsgrundlage geschaffen worden wäre. Durch die Bezugnahme auf die Rahmenrichtlinie 2002/21/EG in der
Begründung zum TKG wird aber deutlich, dass die sog.
Internet-Access-Provider unter die Vorschriften des TKG
fallen.
Neu ins Gesetz aufgenommen wurde eine Regelung zur
Nutzung von Standortdaten im Mobilfunkbereich. Diese