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Deshalb sind hier klare rechtliche Rahmenbedingungen
erforderlich, um eine solide Datengrundlage zu gewährleisten, insbesondere eine Beschränkung auf relevante individuelle Informationen zu Zahlungsverhalten, Einkommens- und Vermögensverhältnissen.
Außerdem muss die Transparenz des Verfahrens sichergestellt werden, d. h. der Betroffene muss über die berücksichtigten Daten und Merkmale, deren Gewichtung bei
der Berechnung des Score-Wertes und über den ScoreWert selbst informiert werden. Eine Begrenzung des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs des Betroffenen unter Berufung auf „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse“ des Unternehmens halte ich nicht für hinnehmbar.
11.5.1
Score-Verfahren bei der SCHUFA
Die SCHUFA ist den Forderungen nach umfassender
Transparenz ihres Scoring-Verfahrens bislang nicht nachgekommen. Es ist deshalb zu befürchten, dass ohne
gesetzgeberisches Eingreifen dem Betroffenen die Entscheidungsgrundlagen für die Gewährung oder Ablehnung einer Leistung weitgehend verschlossen bleiben.
Seit Jahren kritisieren die Datenschutzaufsichtsbehörden
die mangelnde Transparenz des Score-Wertes (vgl.
18. TB Nr. 31.1.1, 31.1.2; 19. TB Nr.34, dort Nr. 14). Die
SCHUFA erklärte sich inzwischen zwar bereit, Betroffenen auf Nachfrage deren tagesaktuellen Score-Wert mitzuteilen, nicht jedoch den tatsächlich dem jeweiligen Vertragspartner übermittelten Score-Wert. Im Sinne einer
verbesserten Transparenz halte ich es für notwendig, dass
der Betroffene auch diesen Wert erfährt, der ggf. zu ihn
betreffenden Entscheidungen – etwa zur Ablehnung eines
Kreditantrags – beigetragen hat. Auch im Berichtszeitraum haben die Aufsichtsbehörden nachhaltig die Beauskunftung des übermittelten Score-Wertes an den Betroffenen gefordert. Die SCHUFA hält eine Realisierung der
Forderung wegen mangelnder technischer Voraussetzungen nicht vor Ende 2006 für realisierbar und hat auch für
die Zukunft keine entsprechenden Zusagen gemacht.
Auch die seit Jahren erhobene Forderung der Aufsichtsbehörden nach Beauskunftung der in die Berechnung des
Score-Wertes einfließenden Faktoren und deren Gewichtung wird seitens der SCHUFA nach wie vor mit Hinweis
auf das Geschäftsgeheimnis abgelehnt. Ohne diese
Kenntnisse hat der Betroffene jedoch keine Möglichkeit,
einen für ihn ungünstigen und zu einer negativen Entscheidung führenden Score-Wert nachzuvollziehen und
ggf. zu beeinflussen. Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass kein Betroffener allein aufgrund eines schlechten Score-Werts einen Negativeintrag bei der SCHUFA
hat und daher grundsätzlich als kreditwürdige, unbescholtene Person anzusehen ist. Wenn dem Betroffenen aber
nicht bekannt ist, dass sich z. B. häufige Umzüge etc. negativ auf den Wert auswirken können, ist ihm auch die Möglichkeit genommen, dies gegenüber seinem Vertragspartner
zu erläutern (z. B. Zeitsoldat, berufliche Wechsel etc.).
BfD
20. Tätigkeitsbericht
2003–2004
K a s t e n zu Nr. 11.5.1
Was ist ein Score-Wert?
Der Score-Wert ist eine Punktzahl, die auf einer bestimmten Skala die Kreditrisikoklasse ausdrückt, in die
eine bestimmte Person eingeordnet wird. Der ScoreWert ist das Ergebnis des Score-Verfahrens, das aus
verschiedenen Daten auf mathematisch-statistischer
Grundlage Risikoklassen bildet, denen dann Kreditsuchende, Kaufinteressenten etc. aufgrund ihres Datengefüges zugeordnet werden. Den Verfahren zugrundegelegt sind nicht immer relevante und individuelle
Daten des Betroffenen, z. B. über dessen tatsächliches
Zahlungsverhalten oder zu seinen Einkommens- und
Vermögensverhältnissen. Die Datengrundlage umfasst
vielmehr auch Daten ohne eigene Bonitätsaussage wie
z. B. Geschlecht, Wohnort, Wohnumfeld, Anzahl der
Umzüge (vgl. Nr. 11.5).
11.5.2
Score-Nutzung bei Telekommunikationsunternehmen, Problematik § 6a BDSG
Bei TK-Unternehmen, die bei der Bonitätsprüfung vor
Vertragsabschluss den Score-Wert nutzen, liegt zwar im
Regelfall keine unzulässige automatisierte Einzelentscheidung vor. Der Verwendung von – für die Betroffenen
weitgehend intransparenten – Scoring-Verfahren stehe
ich jedoch auch hier weiterhin kritisch gegenüber.
In meinem 19. TB (Nr. 10.5.2) hatte ich mich mit der
Frage beschäftigt, wann die Heranziehung des ScoreWertes (vgl. Nr. 11.5.1) zur Prüfung der Kreditwürdigkeit
einer Person eine unzulässige automatisierte Einzelentscheidung im Sinne des § 6a BDSG (vgl. Kasten zu
Nr. 11.5.2) darstellt. Hintergrund meiner Ausführungen
war damals die Praxis von Kreditinstituten bei der Entscheidung über eine Kreditgewährung. Dabei hatte ich
auf den Schutzgedanken dieser Vorschrift hingewiesen,
dass eine Bewertung von Persönlichkeitsmerkmalen in jedem Fall eine Beurteilung durch einen Menschen erfordert und nicht ausschließlich das Ergebnis einer standardisierten Computeranalyse sein darf.
Im Berichtszeitraum habe ich nunmehr geprüft, wie TKUnternehmen Bonitätsprüfungen vor Abschluss eines Telekommunikationsvertrages durchführen und inwieweit
dabei auch Score-Werte genutzt werden. Mein besonderes
Interesse galt dabei der Frage, ob in jedem Einzelfall eine
individuelle Prüfung erfolgt oder auch automatisierte Entscheidungen getroffen werden, die nicht mit § 6a BDSG
vereinbar wären, soweit sie für den Betroffenen eine
rechtliche Folge nach sich ziehen oder ihn erheblich beeinträchtigen. Da Bonitätsprüfungen im Mobilfunkbereich besonders häufig durchgeführt werden, habe ich
meine Umfrage auf die Mobilfunkanbieter beschränkt.
Dabei stellte sich heraus, dass nur ein Teil der Unternehmen im Rahmen der Bonitätsprüfung den Score-Wert als
Kriterium heranzieht. Diejenigen Anbieter, die den
Score-Wert einer Entscheidung über den Vertragsabschluss zu Grunde legen, wiesen darauf hin, dass es
sich beim Antrag auf Abschluss eines Mobilfunkvertrages