– 108 –
über das Vorhaben im parlamentarischen Bereich zu führen, wollten jedoch weder die Bundesregierung noch die
Koalitionsfraktionen folgen. Allerdings kam es, von Abgeordneten initiiert, zu weiteren intensiven Gesprächen
mit dem BMF und dem BMJ.
Die am 5. November 2003 vom Finanzausschuss des
Deutschen Bundestages mehrheitlich verabschiedete Fassung des Gesetzentwurfs enthielt nunmehr strikte Zweckbindungen (§ 139b Abs. 5 und § 139c Abs. 7 AO); sie
verbieten die Verwendung der beim BfF vorgesehenen
Datenbank für andere Zwecke, vor allem für Auskünfte
an andere öffentliche oder nicht-öffentliche Stellen.
Darüber hinaus sagte das BMF dem Finanzausschuss zu,
im Rahmen der Abstimmung der Rechtsverordnung nach
§ 139d AO mit den Ressorts noch offene Detailfragen unter meiner Beteiligung zu erörtern, wie beispielsweise
den Zeitpunkt der Vergabe des Ordnungsmerkmals, insbesondere bei Kindern. Im Rahmen der Abstimmung der
Verordnung soll zudem geklärt werden, inwieweit Bedarf
für Änderungen oder Ergänzungen der gesetzlichen Regelungen besteht.
Die datenschutzrechtliche Diskussion um die steuerliche
Identifikationsnummer ist damit jedoch nicht beendet.
Gemeinsam mit meinen Kollegen aus den Ländern habe
ich auf die Gefahr hingewiesen, dass sich aus der Einführung von einheitlichen Personennummern im Steuerbereich, aber auch im Arbeits-, Gesundheits- und Sozialbereich ein verfassungswidriges Personenkennzeichen
entwickeln kann. Da einmal vorhandene Dateien leichter
miteinander zu verknüpfen sind, muss verhindert werden,
dass die Erschließung von Datenverbunden durch ein einheitliches Personenkennzeichen oder ein sonstiges Ordnungsmerkmal möglich wird. Das BVerfG hat im Volkszählungsurteil die Zusammenführung einzelner Lebensund Personaldaten zur Erstellung von Persönlichkeitsprofilen der Bürgerinnen und Bürger für unzulässig erklärt
(BVerfGE 65, 1, 53). Daher hat die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder an den
Gesetzgeber appelliert, solche Personennummern nur zuzulassen, wenn sie unerlässlich sind und der Gesetzgeber
strenge Zweckbindungen und Verwendungsverbote vorsieht (vgl. Kasten zu Nr. 8.2).
Erfreulich ist, dass durch das Gesetz zur Umsetzung von
EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften (Richtlinien-Umsetzungsgesetz) eine Bußgeldvorschrift in die AO eingeführt worden
ist, die für die zweckwidrige Verwendung der Identifikationsnummern nach §§ 139a bis 139c AO ein Bußgeld
bis zu 10 000 Euro vorsieht (§ 383a AO). Damit ist meine
Forderung nach Sanktionen erfüllt worden.
Im Rahmen der Abstimmung der geplanten Rechtsverordnung, mit deren Ausarbeitung Anfang 2005 begonnen
werden soll, werde ich noch weitere diskussionswürdige
Punkte aufzeigen. Dazu gehört die Frage, welche weiteren Stellen das steuerliche Identifikationsmerkmal in ihren Datenbeständen vorhalten müssen.

BfD

20. Tätigkeitsbericht

2003–2004

K a s t e n zu Nr. 8.2
67. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des
Bundes und der Länder am 25. Und 26. März 2004
Entschließung:
Personennummern
Das Bundesverfassungsgericht hat schon in seinem
„Volkszählungsurteil“ aus dem Jahre 1983 besonders
betont, dass ein Personenkennzeichen nicht verfassungsgemäß ist. Deshalb gibt die Einführung von einheitlichen Personennummern z. B. im Steuerbereich
oder auch im Arbeits-, Gesundheits- und Sozialbereich
Anlass zu grundsätzlicher Kritik. Der Staat darf seine
Bürgerinnen und Bürger nicht zur Nummer abstempeln.
Durch die technische Entwicklung sind vorhandene Dateien leicht miteinander zu verknüpfen und könnten zu
einer vom Bundesverfassungsgericht strikt abgelehnten
allgemeinen Personennummer führen.
Die Konferenz appelliert an die Gesetzgeber, solche
Personennummern zu vermeiden. Soweit jedoch im
Einzelfall derartige Nummern unerlässlich sind, muss
der Gesetzgeber strenge Zweckbindungen und Verwendungsverbote vorsehen.
8.3

Staatliche Kontenabfrage auf
dem Prüfstand

Die Bestimmungen zu Kontenabfragen durch Finanzbehörden und eine Vielzahl anderer Behörden wurden im
Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit nicht normenklar geregelt. Zudem ist fraglich, ob die neuen Abfragebefugnisse dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen.
Das Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit vom
23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2928) erlaubt ab dem
1. April 2005 einen Zugriff auf Bankdaten, die von den
Kreditinstituten bereits seit April 2003 zur Aufdeckung
illegaler Finanztransaktionen vor allem zur Terrorismusbekämpfung nach § 24c Kreditwesengesetz vorgehalten
werden müssen (vgl. Nr. 11.3.1). Den Finanzbehörden
wird nach § 93 Abs. 7 Abgabenordnung (AO), „wenn
dies zur Festsetzung oder Erhebung von Steuern erforderlich ist und ein Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen nicht zum Ziele geführt hat oder keinen Erfolg
verspricht“ gestattet, Kontenstammdaten über das Bundesamt für Finanzen (BfF) bei den Kreditinstituten abzurufen. Zunächst geht es hierbei nicht um Kontenstände
und Kontenbewegungen. Gezielte Abfragen wären dann
möglich, nachdem der betroffene Steuerpflichtige auf Widersprüche in seiner Steuererklärung hingewiesen wurde,
er jedoch bei seinen Angaben geblieben ist. Andere Behörden und Gerichte erhalten nach § 93 Abs. 8 AO die
Abfrageberechtigung, wenn das Gesetz, das sie ausführen, an „Begriffe des Einkommensteuergesetzes anknüpft“ und sie versichern, dass eigene Ermittlungen

Select target paragraph3