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Polizei um Hilfe bitten. Möglicherweise sind ihnen dabei
aber bald die Sozialbehörden behilflich.

7.16

Im Februar 2003 übersandte mir das BMJ den erneut eingebrachten Bundesratsentwurf eines Gesetzes zur Sicherung
von Werkunternehmeransprüchen und zur verbesserten
Durchsetzung von Forderungen (Forderungssicherungsgesetz – FoSiG, Bundestagsdrucksache 14/9848). Eine
darin enthaltene Vorschrift in der Zivilprozessordnung (ZPO) hätte zu Gunsten von Gläubigern vorgesehen, sich mittels einer Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung der Fahndungsmaßnahmen der Polizei zu bedienen und so ihre Schuldner ausfindig zu machen. Diese
Regelung hätte einen schwerwiegenden Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Schuldners im
Hinblick auf eine wesentliche Erweiterung der Fahndung
über den Bereich der Strafverfolgung hinaus dargestellt.
Im weiteren Beratungsverfahren wurde diese Regelung
erfreulicherweise ersatzlos gestrichen.

Die Veröffentlichung von personenbezogenen Daten der
Verfahrensbeteiligten ist nicht in jedem Fall erforderlich.

Auch die nunmehr vorgeschlagene Regelung, nach der
Sozialdaten durch Sozialleistungsträger an Private zur
Durchsetzung privatrechtlicher Ansprüche übermittelt
werden dürften, halte ich für unverhältnismäßig. Bei Sozialdaten handelt es sich um besonders schutzwürdige
personenbezogene Daten (§ 35 SGB I). Die Übermittlung
von Sozialdaten würde einen tiefen Eingriff in das Recht
auf informationelle Selbstbestimmung bedeuten.
Hilfsweise habe ich angeregt, in den Entwurf des § 68a
Abs. 1 Satz 1 SGB X die vom privaten Empfänger anzugebenden Personalien des Schuldners konkret und abschließend zu bezeichnen. Schließlich habe ich eine Vorschrift empfohlen, wonach bei Auskünften gemäß
§ 68a SGB X die betroffenen Schuldner unter Angabe
des Gläubigers unverzüglich zu unterrichten sind, soweit
nicht überwiegende schutzwürdige Interessen des Empfängers entgegenstehen. Eine solche Unterrichtungspflicht ginge zwar über die Regelungen in § 21 Melderechtsrahmengesetz und § 68 SGB X hinaus, wäre jedoch
sachlich gerechtfertigt. Während das Melderegister seiner
originären Zweckbestimmung nach der Auskunftserteilung an Private dient, die Betroffenen daher mit Auskünften zu ihrer Person ohne weiteres rechnen müssen, werden die nach § 68a SGB X-Entwurf zu übermittelnden
Daten primär für andere Zwecke erhoben. Anders als in
den Fällen des § 68 SGB X würde daher bei Auskünften
an private Vollstreckungsgläubiger im Einzelfall durchaus das Risiko einer missbräuchlichen Verwendung der
übermittelten Daten durch den Empfänger bestehen.
Bei dem Entwurf des § 68a SGB X ist der Bundesrat leider meinen Anregungen nicht gefolgt. Lediglich die Bagatellgrenze wurde im Gegensatz zum ursprünglichen
Entwurf von 600 Euro auf 3 000 Euro angehoben, um
dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung zu tragen
und die Sozial- bzw. Zulassungsbehörden vor Auskunftsersuchen in Bagatellsachen zu schützen.
Im Herbst 2004 haben die parlamentarischen Beratungen
im Deutschen Bundestag begonnen.

BfD

20. Tätigkeitsbericht

2003–2004

Veröffentlichung personenbezogener
Daten in Gerichtsentscheidungen

Bereits im 19. TB (Nr. 8.11) hatte ich mich mit der Frage
befasst, inwieweit Verfahrensbeteiligte bei der Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen hinnehmen müssen,
dass personenbezogene Daten über sie bekannt werden.
In dieser Berichtsperiode wandte sich ein Petent an mich,
weil der Beschluss bezüglich seiner nicht zur Entscheidung angenommenen Verfassungsbeschwerde auf der
Homepage des Bundesverfassungsgerichts veröffentlicht
worden war. In den Beschlussgründen wird mitgeteilt, bei
welcher Landeskirche er als Geistlicher beschäftigt und in
welcher Kirchengemeinde er eingesetzt ist. Zwar wird
sein Nachname mit dem Anfangsbuchstaben nur abgekürzt aufgeführt. Da es sich aber um eine kleine Kirchengemeinde handelt, besteht für jedermann die Möglichkeit,
die Identität des Petenten zu ermitteln.
Die genaue Angabe der Dienststelle war nicht erforderlich, da diese Information für die Entscheidung in der
Sache keine Bedeutung hatte. Das BVerfG hat mir inzwischen mitgeteilt, dass die Entscheidung in seiner amtlichen Sammlung in einer auch hinsichtlich des Ortes der
Kirchengemeinde anonymisierten Fassung veröffentlicht
wird. Auch wird das Gericht die Entscheidung nicht auf
seiner Homepage veröffentlichen und in Papierform nur
in einer auch hinsichtlich des Ortes der Kirchengemeinde
anonymisierten Fassung übermitteln.
8

Finanzwesen

8.1

Auskunftsrecht in der Abgabenordnung

Die Einführung eines datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs in die AO lässt auf sich warten.
Zahlreiche Eingaben zeugen von dem gescheiterten Versuch, eine Auskunft über Freistellungsaufträge für Kapitalerträge beim Bundesamt für Finanzen (BfF) zu erhalten. Das BMF vertritt den Standpunkt, dass durch eine
Auskunftserteilung der nach § 45d Einkommensteuergesetz (EStG) verfolgte Kontrollzweck gefährdet würde,
der nur erreicht werden könne, wenn für den Betroffenen
unklar bleibe, ob dem BfF tatsächlich alle freigestellten
Beträge bekannt sind. Nur in Ausnahmefällen (z. B. Erbfall) wird ein berechtigtes Interesse Auskunftssuchender
anerkannt. Hingegen ist das BfF nach § 19 Abs. 1 BDSG
grundsätzlich zur Auskunftserteilung über die zur Person
gespeicherten Daten verpflichtet, da nicht davon auszugehen ist, dass jeder nachfragende Steuerpflichtige unredliche Absichten verfolgt (vgl. 18. TB Nr. 7.6.1).
Vor diesem Hintergrund ist es dringend notwendig, das
Auskunftsrecht in der AO zu verankern (vgl. 19. TB
Nr. 9.1). Diese Forderung wurde durch die Entschließung
der 65. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder unterstrichen (vgl. Anlage 13). Darin
haben meine Länderkollegen und ich erneut angemahnt,
die Aufnahme datenschutzrechtlicher Grundsätze in die

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