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ist, sollte auf einen solchen erheblichen zusätzlichen Eingriff verzichtet werden. Zudem würde eine unbegrenzte
Speicherung und Vorhaltung der IP-Adressen die unbeobachtete Nutzung des Internet als Kommunikationsmittel
der freien Gesellschaft erheblich gefährden. Der Missbrauch des Mediums Internet durch einen kleinen Personenkreis darf nicht zu einer „Kriminalisierung“ und Überwachung sämtlicher Internetnutzer führen.
Es bleibt abzuwarten, ob und wie das BMJ Artikel 8 der
IPR-Enforcement-Richtlinie möglicherweise in einem
„Dritten Korb“ umsetzen wird. Meine Position habe ich
deutlich gemacht. Sie gilt unverändert.
7.13
Verbesserter Schutz für Kapitalanleger
Mit einem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) sollen „Massenprozesse“ im Kapitalmarktbereich
erleichtert werden. Die Beteiligten sollen vom Gericht in
ein elektronisches Klageregister eingetragen werden.
Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt,
der vorsieht, dass Kapitalanleger, die wegen falscher Kapitalmarktinformationen Schadensersatzansprüche geltend machen, die Einleitung eines Musterverfahrens beantragen können. Der Musterfeststellungsantrag soll vom
Gericht in einem neuen Klageregister im elektronischen
Bundesanzeiger öffentlich bekannt gemacht werden.
Werden zehn oder mehr Musterfeststellungsanträge innerhalb von vier Monaten gestellt, die dieselbe Musterfrage zum Gegenstand haben, soll das Prozessgericht einen Musterentscheid beim zuständigen Oberlandesgericht
einholen. Der Musterentscheid bindet die am Verfahren
Beteiligten und wird zur Grundlage der Entscheidung im
jeweiligen Einzelprozess vor dem Landgericht.
Um die Klagen bzw. die Ansprüche der geschädigten Anleger zu bündeln und dadurch Kosten zu sparen, soll das
elektronische Klageregister für jedermann über das Internet einzusehen sein. Interessierte sollen jederzeit feststellen können, wer in welcher Sache mit welchem Ziel klagt,
um sich dann für oder gegen eine eigene Klage zu entscheiden. Der ursprüngliche Gesetzentwurf sah vor, dass
sowohl der Name des Antragstellers als auch des Antragsgegners öffentlich über das Klageregister bekannt
gemacht werden. Damit wäre es in jedem Fall auch zu einer Veröffentlichung des Namens des geschädigten Kapitalanlegers im Internet gekommen. Abgesehen davon,
dass dem Kläger durch eine solche Bekanntmachung im
Internet Nachteile entstehen könnten, ist dieser Personenbezug auf Anlegerseite zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht erforderlich.
Daher begrüße ich es, dass mein Vorschlag, als Zuordnungsmerkmal anstelle des Namens das gerichtliche Aktenzeichen des Rechtsstreits zu verwenden, in den Regierungsentwurf übernommen wurde. Bekannt zu machen
sind danach nur noch Name und Anschrift des Beklagten.
Beklagter wird in der Regel die Bank oder ein sonstiges
Unternehmen des Kapitalmarktes sein. Ich hatte darauf
hingewiesen, dass es auch Fallkonstellationen geben
kann, in denen der Kapitalanleger in der Rolle des Be-
klagten ist. In diesem Fall müssten streng genommen
seine personenbezogenen Daten (Name und Anschrift) im
Klageregister bekannt gemacht werden. Da die Angabe
der Daten des Anlegers nicht erforderlich ist, besteht an
dieser Stelle noch Nachbesserungsbedarf.
7.14
Modernisierung des Zwangsvollstreckungsrechts
Durch eine Reform des Zwangsvollstreckungsrechts sollen Gläubiger in die Lage versetzt werden, Forderungen
effektiver durchzusetzen. Ein Internetregister zahlungsunfähiger Schuldner darf es aber nicht geben.
Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Modernisierung des
Zwangsvollstreckungsrechts/des Zwangsvollstreckungsverfahrens“ befasst sich u. a. mit der Reform der Sachaufklärung bei der Vollstreckung von Geldforderungen.
Nach geltendem Recht kann der Gläubiger die Aufstellung eines Vermögensverzeichnisses erst nach einem erfolglosen Vollstreckungsversuch verlangen. Dieses vorgeschaltete Verfahren hat sich als unpraktikabel erwiesen.
Durch die gleichzeitige Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, die in das Schuldnerverzeichnis eingetragen
wird, droht dem Schuldner zugleich der „bürgerliche
Tod“, was auch nicht im Interesse des Gläubigers liegt.
Das von der Arbeitsgruppe entwickelte Konzept sieht daher vor, das gegenwärtige Verfahren zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung durch eine zu Beginn der
Vollstreckung abzugebende Vermögensauskunft des
Schuldners zu ersetzen. Die eidesstattlich bekräftigte Vermögensauskunft soll nicht mehr automatisch in das
Schuldnerverzeichnis eingetragen werden.
Das berechtigte öffentliche Interesse an einer effektiven
Zwangsvollstreckung darf die schutzwürdigen Belange
der von diesen Maßnahmen betroffenen Personen nicht
unberücksichtigt lassen. Zwei besonders kritische Gesichtspunkte des Konzepts sind hervorzuheben. Zum einen soll eine zentrale Datei eingerichtet werden, in der
alle Vermögensauskünfte gespeichert werden. Zwar soll
der Zugriff auf diese Vermögensauskunftsdatei nur Gerichtsvollziehern vorbehalten bleiben. Eine derartige Datei birgt aber das Risiko zukünftiger Zweckänderungen.
Zum anderen beobachte ich mit Sorge, dass das Schuldnerverzeichnis nach dem Vorschlag der Arbeitsgruppe als
öffentliches Register im Internet ausgestaltet werden soll.
Damit würde die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners
weltweit zugänglich. Zudem stellt sich die Frage, ob und
wie die im Internet veröffentlichten Angaben jemals wieder gelöscht werden können.
Den Vorschlag eines Internetregisters kann ich daher
nicht unterstützen. Ich werde die weitere Entwicklung der
Reformarbeiten weiterhin kritisch begleiten.
7.15
Forderungssicherungsgesetz – FoSiG
Zur Sicherung ihrer Ansprüche und zur verbesserten
Durchsetzung ihrer Forderungen gegenüber einem
Schuldner können Werkunternehmer künftig nicht die
BfD
20. Tätigkeitsbericht
2003–2004