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7.8

Bundeszentralregister

Bei Kontrollen habe ich keine schwerwiegenden Mängel
bei den durch das BZR erteilten Auskünften festgestellt.
Anlässlich mehrerer Informations- sowie Beratungs- und
Kontrollbesuche bei der Dienststelle Bundeszentralregister des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof
(BZR) habe ich Einzelfälle aufgrund von Petenteneingaben erörtert und eine Ablaufkontrolle der Auskunftsersuchen aus dem Register und Eintragungen in das Register durchgeführt. Schwerwiegende datenschutzrechtliche
Mängel habe ich dabei nicht festgestellt, meine Anregungen wurden aufgegriffen. Allerdings konnten die beim
BZR vorgesehenen umfassenden Änderungen aufgrund
technischer Probleme sowie neuer Anforderungen aus
den Fachbereichen bisher nicht vollständig realisiert werden. Dies wird erst im Laufe des Jahres 2005 möglich
sein. Ich habe deshalb mit dem BZR weitere Gespräche
vereinbart.
7.9

Europäische Zusammenarbeit
in Strafsachen

7.9.1

Eurojust

Das Eurojust-Gesetz, durch das die nationale Ermächtigungsgrundlage für die Informationsübermittlung an
Eurojust geschaffen wurde, lässt einige Wünsche offen.
Eurojust, durch Beschluss des Rates der Europäischen
Union vom 28. Februar 2002 errichtet, hat im
Dezember 2002 seine Arbeit aufgenommen. Der Ratsbeschluss musste auch in Deutschland umgesetzt werden,
denn er ist zwar für alle EU-Mitgliedstaaten verbindlich,
auf innerstaatlicher Ebene jedoch nicht unmittelbar wirksam (vgl. Artikel 34 Abs. 2 Satz 2 lit. c EU-Vertrag). Insbesondere war die Schaffung von Ermächtigungsgrundlagen für die Datenübermittlung nationaler Behörden an
Eurojust notwendig (vgl. 19. TB Nr. 8.9). Die Umsetzung
erfolgte durch das Eurojust-Gesetz (EJG), das am
18. Mai 2004 in Kraft trat (BGBl. I S. 902 ff.). Neben
Normen, die die Informationsübermittlung an Eurojust
regeln, enthält das Gesetz vor allem Regelungen zu Rechten und Pflichten des nationalen Eurojust-Mitgliedes.
Bei den Beratungen des Gesetzes wurden meine Forderungen nur zum Teil berücksichtigt. So halte ich etwa die
Vorschrift zur Informationsübermittlung (§ 4 Abs. 1 EJG)
für zu unbestimmt. Aus ihr ist für die übermittelnden
Stellen nicht hinreichend ersichtlich, in welchen Fällen
eine Datenübermittlung konkret zulässig ist. Weiter hatte
ich darauf hingewiesen, dass das in § 7 Abs. 1 Satz 4 EJG
gewährte Recht der nationalen Anlaufstellen, die Informationen in Arbeitsdateien zu verwenden, nur unvollständig geregelt ist. Ich halte es nicht für ausreichend, die
erforderlichen datenschutzrechtlichen Regelungen in einer Rechtsverordnung zu treffen und hätte es deshalb begrüßt, wenn im Gesetz selbst datenschutzrechtliche Regelungen, etwa zu Speicherungs- und Löschungsfristen,
aufgenommen worden wären. Aufgrund der von mir geäußerten Bedenken wurde im parlamentarischen Verfahren lediglich § 7 Abs. 1 EJG noch um folgenden Satz ergänzt: „Dem Schutz personenbezogener Daten ist

angemessen Rechnung zu tragen.“ In der Eurojust-Anlaufstellen-Verordnung vom 17. Dezember 2004 (BGBl. I
S. 3520), die neben datenschutzrechtlichen Regelungen
insbesondere auch die Benennung des Generalbundesanwalts (GBA) als nationale Terrorismus-Anlaufstelle für
Eurojust enthält, wurden jedoch einige von mir eingebrachte Vorschläge berücksichtigt, so etwa hinsichtlich
der Zweckbestimmung der beim GBA einzurichtenden
Datei sowie der Verpflichtung, durch technische und organisatorische Maßnahmen eine Trennung dieser Datei
von sonstigen Dateien und Registern zu gewährleisten.
K a s t e n zu Nr. 7.9.1
Die Aufgaben von Eurojust
Eurojust soll bei bestimmten Delikten der schweren und
insbesondere der Organisierten Kriminalität (z. B. aus
dem Bereich des Terrorismus, des illegalen Drogenhandels, der Computerkriminalität), sofern zwei oder mehr
Mitgliedstaaten betroffen sind,
– die Koordinierung der in den Mitgliedstaaten laufenden Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen
zwischen den zuständigen nationalen Behörden fördern,
– die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen nationalen Behörden verbessern, insbesondere die internationale Rechtshilfe und die Erledigung von
Auslieferungsersuchen erleichtern,
– die zuständigen nationalen Behörden anderweitig
mit dem Ziel unterstützen, die Wirksamkeit ihrer Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen zu erhöhen.
7.9.2

Neueste Entwicklungen

Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung von Entscheidungen in Strafsachen gefährdet die Schutzrechte
des Einzelnen.
Die Rechtsetzung der EU zur Verwirklichung eines Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts im strafrechtlichen Bereich schreitet voran. Ich befürworte eine
Verbesserung der europäischen Zusammenarbeit in Strafsachen, beobachte aber mit Sorge, dass die Schutzrechte
des Einzelnen dabei in den Hintergrund zu treten drohen.
Die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen in
Strafsachen, die vom Europäischen Rat zum „Eckstein“
der justiziellen Zusammenarbeit erklärt wurde, birgt die
Gefahr einer europaweiten Durchsetzung der jeweils
strengsten Strafrechtsordnung. Ich halte es daher für unabdingbar, dass dabei auch die Rechte des Einzelnen umfassend berücksichtigt werden. Soweit der Datenschutz
betroffen ist, gilt leider nach wie vor, dass im Bereich der
sog. Dritten Säule erhebliche Defizite bestehen. Es liegt
ebenfalls im Interesse einer verbesserten europäischen
justiziellen Zusammenarbeit, dass auch auf diesem Gebiet gemeinsame hohe datenschutzrechtliche Standards
gewährleistet werden (vgl. auch Nr. 3.2.6).

BfD

20. Tätigkeitsbericht

2003–2004

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