Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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die Grundsätze der Privatautonomie entziehen. Die Offenbarung von Informationen lässt danach weder eine
Wettbewerbsverzerrung noch eine Benachteiligung der
Deutschen Rentenversicherung Bund befürchten (vgl.
hierzu auch Urteil des VG Berlin vom 27. Juni 2007,
– VG 2 A 136.06 –). Daraus kann abgeleitet werden, dass
hier auch kein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse seitens der DRV Bund vorlag.
§ 3 Nummer 6 IFG kam als Ablehnungsgrund mithin hier
nicht in Betracht. Diese Regelung dient der Herstellung
eines fairen Wettbewerbs, nicht aber der Verhinderung
von Transparenz bei privatrechtlichen Auftreten der öffentlichen Hand.
Weiter hat sich die DRV Bund in ihrer Ablehnung § 6
Satz 2 IFG berufen. Im Rahmen des Drittbeteiligungsverfahrens nach § 8 IFG hat die betreffende Klinik der Herausgabe der Angaben widersprochen und dabei Betriebsund Geschäftsgeheimnisse geltend gemacht.
Hier hat die DRV Bund allerdings verkannt, dass sie zunächst eigenständig entscheiden muss, ob überhaupt ein
Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis vorliegen kann. Nur
dann ist eine Beteiligung Dritter vor Einräumung des Informationszugangs überhaupt erforderlich. Wird daraufhin der Dritte beteiligt – wie von der DRV Bund – und
willigt dieser in den Informationszugang nicht ein, hat die
öffentliche Stelle anhand der Begründung des Unternehmens zu prüfen, ob nach den gemachten Angaben tatsächlich ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis anzunehmen ist. Eine ungeprüfte Übernahme der Wertung des
Unternehmens entspricht weder dem Sinn noch dem
Wortlaut des Gesetzes. Das berechtigte Interesse an der
Geheimhaltung ist dabei gemeinsam und gleichzeitig mit
den anderen ein bestimmendes Merkmal für das Vorliegen eines Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses.
Das Geheimnis muss danach objektiv geheimhaltungswürdig sein, was von der Behörde darzulegen ist (vgl. näher Nr. 2.1.3).
Die DRV Bund hat dazu ausgeführt, die Klinik habe ausdrücklich bestätigt, dass weitergehende Informationen zur
Höhe des Vergütungssatzes unter ihr Betriebs- und Geschäftsgeheimnis fielen und daher nicht zur Veröffentlichung freigegeben werden könnten. Im Ergebnis hat die
DRV Bund dem Antragsteller aber den Rahmen mitgeteilt, in dem sich der „tägliche Vergütungskorridor“ bewegt, und dies durch weitere allgemeine Angaben zur
Preisgestaltung ergänzt.
Der Antragsteller hat also letztendlich die begehrte Auskunft erhalten, auch wenn die Bearbeitungszeit aufgrund
der durchgeführten Drittbeteiligung, deren Erforderlichkeit zumindest fraglich war, insgesamt sehr lang war.
Dennoch bewerte ich die konstruktiven Gespräche mit
der DRV Bund in dieser Angelegenheit insgesamt als positiv und gehe davon aus, dass zukünftig das Ziel des IFG,
das Vertrauen zwischen Staat und Bürgerinnen und Bürgern zu stärken, indem öffentliches Verwaltungshandeln
transparenter und nachvollziehbar gemacht wird, bei der
Vorgangsbearbeitung noch stärker im Vordergrund steht.

4.11.4

Es ist alles im Internet eingestellt!

Ein Informationszugang kann abgelehnt werden, wenn
sich der Antragsteller die gewünschten Informationen aus
allgemein zugänglichen Quellen beschaffen kann. Hierzu
ist auch das Internet zu zählen.
Bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV
Bund) beantragte eine Antragstellerin Einsicht in die Sozialgesetzbücher Nr. 1, Nr. 6 und Nr. 10 sowie in die dazugehörigen Rechtshandbücher und Arbeitsanweisungen
der Behörde. Des Weiteren bat sie die Behörde, ihr eine
Kopie des Bundesbeamtengesetzes (BBG) zur Verfügung
zu stellen.
Den Antrag lehnte die Behörde gemäß § 9 Absatz 3 IFG
ab, da sich die Antragstellerin die Informationen in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen könne.
Die gewünschten Gesetzestexte seien über das Internet
abrufbar bzw. können dort oder auf dem Postweg als
CD-ROM bestellt werden. Die Informationen seien zudem in Bibliotheken einsehbar.
Die Petentin schrieb mir in Ihrer Eingabe, sie verfüge
über keinen Internetzugang und fühlte sich durch die Ablehnung in ihren Informationszugangsrechten verletzt.
K a s t e n zu Nr. 4.11.4
§ 9 Absatz 3 Alt. 2 IFG
Gemäß § 9 Absatz 3 Alt. 2 IFG kann ein Antrag auf Informationszugang abgelehnt werden, wenn der Antragsteller sich diese in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen kann. Jeder denkbare
Informationsträger, der technisch geeignet ist, einem unbestimmten Personenkreis die angefragten Informationen zu verschaffen, ist eine allgemein zugängliche
Quelle im Sinne dieser Vorschrift.
Ich teile die Auffassung der DRV Bund insoweit, als das
Internet, öffentliche Bibliotheken und behördliche Publikationen grundsätzlich zu allgemein zugänglichen Quellen zu zählen sind. Dabei ist unerheblich, ob die Information kostenlos oder zu Marktpreisen erhältlich ist. Die
gewünschten Informationen waren in diesem Fall tatsächlich über die genannten Medien abrufbar, also prinzipiell
allgemein zugänglich.
Im Falle einer Ablehnung aus diesem Grund halte ich es
für geboten, seitens der Behörde darauf zu verweisen, wo
der Antragsteller die Informationen erhalten kann. Ein
allgemeiner, ungenauer Hinweis (bspw. Internet) wäre an
dieser Stelle unzureichend.
Die Vorschrift räumt der Deutschen Rentenversicherung
aber ein Ermessen ein, sie kann auch bei Vorliegen der
Tatbestandsvoraussetzungen von einer Zurückweisung
des Antrages absehen und so die jeweiligen Umstände
des Einzelfalls berücksichtigen. Es galt für mich daher zu
prüfen, ob der Situation der Antragstellerin Rechnung ge-

2. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

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