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4.12.11 Detaillierte Informationen über das
Zustandekommen von Verordnungen
Im Bereich des Luftverkehrswesens wurde Einsichtnahme
in Unterlagen beantragt, die Aufschlüsse darüber geben,
wie bestimmte internationale Bestimmungen in deutsches
Recht umgesetzt wurden.
Ein Petent wandte sich an das zuständige Luftfahrt-Bundesamt mit der Bitte um Einblick, welche Personen in
welcher Funktion an der konkreten inhaltlichen Übertragung von JAR-FCL Bestimmungen in nationales Recht
mitgewirkt haben. Nach Ansicht des Petenten sei dort in
die deutsche Fassung der Begriff der „Stereopsis“ (räumliches Sehen) aufgenommen worden, der so nicht im englischen Wortlaut zu finden sei. JAR-FCL steht für „Joint
Aviation Requirements – Flight Crew Licensing“, ein internationales Werk zur Regelung der Luftfahrt, das von
der Joint Aviation Authorities (JAA) – einem Zusammenschluss von 34 zivilen europäischen Luftfahrtbehörden –
erstellt wurde. Diese internationalen Regelungen werden
in nationales Recht umgesetzt.
Das Luftfahrt-Bundesamt konnte diese Frage nicht beantworten, da detaillierte Aufzeichnungen über die Entwicklung des Textes der Behörde nicht vorlagen. Auf mein
Anraten hin konnten dem Petenten jedoch zumindest die
Namen der damals amtierenden Referatsleiter des koordinierenden Referates im BMVBS genannt werden.
Des Weiteren begehrte der Petent Auskunft über die Praxis der Lizenzerteilung hinsichtlich der medizinischen
Tauglichkeit von Piloten nach Inkrafttreten der JAR-FCL
Bestimmungen (deutsch) ab 1. Mai 2003. Konkret sollte
die Behörde Auskunft darüber geben, ob sich ein, zu seinem vergleichbarer Fall nochmals ereignet hat.
Diese Auskunft konnte das Luftfahrt-Bundesamt nicht
geben, da die Behörde keine Listen führt, aus denen die
gewünschte Zuordnung möglich gewesen wäre. Es hätten
über 20 000 Akten überprüft werden müssen. Als Kompromiss habe ich vorgeschlagen, dass alternativ eine
stichprobenartige Prüfung einiger Akten vorgenommen
wird. Dieser Empfehlung ist das Luftfahrt-Bundesamt jedoch nicht gefolgt.
Da der Petent keine Antwort auf seinen Widerspruch erhielt, reichte er beim zuständigen Verwaltungsgericht
eine Untätigkeitsklage ein, die nach Erlass eines Widerspruchsbescheids auf eine Verpflichtungsklage umgestellt
wurde, mit der die Herausgabe der Informationen begehrt
wurde.
Hinsichtlich der Frage, welche Personen an der Übertragung der JAR-FCL Bestimmungen in deutsches Recht
mitgewirkt haben und dafür verantwortlich waren, wurde
das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt. Das
Verwaltungsgericht stützte seine Entscheidung auf den
§ 5 Abs. 3 und 4 IFG und wog das Informationsinteresse
des Klägers mit dem schutzwürdigen Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs ab.
Es sah, auch unter der Berücksichtigung des Umstandes,
dass lediglich Namen und Funktion der an der Umsetzung
maßgeblich Beteiligten erfragt wurden, das klägerische
1. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

Interesse an einer wissenschaftlichen Diskussion nicht als
schutzwürdiges Informationsinteresse i. S. v. § 5 Abs. 1
und 3 IFG an und befand die Herausgabe der Namen der
damals verantwortlichen Referatsleiter im BMVBS für
ausreichend. Ferner sei die wissenschaftliche Meinung
überholt, da der Begriff „Stereopsis“ nicht mehr in den
deutschen JAR-FCL Bestimmungen vom 27. März 2007
aufgeführt sei.
Was die Herausgabe von Unterlagen über die Praxis der
Lizenzerteilung ab Mai 2003 anbelangte, wies das Gericht die Klage ab. Meinen Vorschlag, den ich seinerzeit
dem Luftfahrt-Bundesamt gemacht hatte, stichprobenartig einzelne Akten zu überprüfen, folgte das Gericht
nicht. Bei einer stichprobenartigen Überprüfung hätten
die Akten zunächst ermittelt und für den Kläger aufbereitet werden müssen. Dies hätte, nach Ansicht des Gerichts,
durch die Trennung von medizinischen Akten und Luftfahrzeugführerakten letztlich zu einem neuem Vorgang
geführt. Ein Informationsanspruch wurde wegen der zahlreichen Zwischenschritte und des unverhältnismäßig hohen Rechercheaufwandes verneint.
Das vorgebrachte Argument des Klägers, durch Befragung der mit der Thematik betrauten Mitarbeiter würde
sich der Aufwand minimieren, wurde durch das Gericht
ebenfalls zurückgewiesen. Ein Anspruch auf Informationen bestehe nach dem IFG nicht. Das menschliche Gedächtnis sei kein Speichermedium im Sinne des § 2 IFG.
4.13

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

4.13.1

Informationsfreiheit auch für Umweltakten?

Der Zugang zu Informationen über die gesundheitliche
Bewertung von Holzprodukten richtet sich nach dem Umweltinformationsgesetz.
Ein Petent hatte Interesse an umfangreichen Informationen zu dem Thema der gesundheitlichen Bewertung von
Baustoffen, insbesondere bzgl. des aktuellen Sachstandes
bei Holzprodukten. Ihn interessierten dabei besonders
Protokolle und Mitarbeitervermerke über Gespräche mit
Vertretern anderer Behörden und der Holzwirtschaft. Zusätzlich wollte er auch Berichte bzw. Zwischenberichte
einsehen, die den aktuellen Stand der Wissenschaft darstellten. Mit seinem Antrag wandte er sich an das Bundesumweltamt (BMU).
Das BMU lehnte diesen Antrag zu Recht mit der Begründung ab, dass in diesem Fall die spezialgesetzlichen Regelungen des Umweltinformationsgesetzes (UIG) die Regelungen des IFG verdrängten.
In der Tat konnte ich dem Petenten in diesem Fall nicht
helfen. Bei den angefordert Informationen handelt es sich
unzweifelhaft um Umweltinformationen. Nach § 1 Abs. 3
IFG gehen andere Rechtsvorschriften über den Zugang zu
amtlichen Informationen den Regelungen des IFG vor.
Ein Antrag nach dem UIG wurde im übrigen mit der Begründung abgelehnt, dass keine abschließenden Berichte

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