Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

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Im vorliegenden Fall ist die BASt davon ausgegangen,
dass Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse des Trägers
vorliegen, weil in dem Vorgang Ausführungen zur Kontrolltätigkeit der BASt gegenüber dem Träger vorhanden
sind. Sie hat deswegen den Träger nach § 8 Abs. 1 IFG
beteiligt, der einer Akteneinsicht zunächst nicht zustimmte. Nach einer nochmaligen Beteiligung willigte er
schließlich darin ein, dass die BASt gegenüber dem Petenten angeben dürfe, Maßnahmen gegen den Träger ergriffen zu haben. Darüber wurde der Petent entsprechend
informiert.
Im Rahmen eines Beratungsbesuches habe ich die BASt
dennoch darauf hingewiesen, dass sie zunächst eigenständig entscheiden muss, ob überhaupt ein Betriebs- oder
Geschäftsgeheimnis vorliegen kann, da nur dann eine Beteiligung des Dritten nach § 8 Abs. 1 IFG überhaupt erforderlich ist. Wird daraufhin der Dritte beteiligt und willigt dieser in den Informationszugang nicht ein, hat die
öffentliche Stelle anhand der Begründung des Unternehmens zu prüfen, ob tatsächlich ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis anzunehmen ist. Eine ungeprüfte Übernahme der Wertung des Unternehmens entspricht weder
dem Sinn noch dem Wortlaut des Gesetzes. Das berechtigte Interesse an der Geheimhaltung ist dabei ein bestimmendes Merkmal für den Begriff des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses, das gemeinsam und gleichzeitig mit
den anderen vorliegen muss. Ein derartiges Geheimhaltungsinteresse liegt meines Erachtens nicht vor, sofern
sich ein Unternehmen rechts- oder ordnungswidrig verhalten hat.
4.12.8 Ja, wer hat es denn nun erfunden ?
Ein Petent war der Ansicht, dass eine seiner Erfindungen
fälschlicherweise als die Diensterfindung eines Mitarbeiters der Wasser- und Schifffahrtsdirektion betrachtet wird
und wollte daher Einblick in die technischen Unterlagen
bzw. Erlasse zu dieser Erfindung.
Ein Petent war der Ansicht, dass er als Erster eine bestimmte Bautechnik im Bereich des Wasserstraßenbaus
entwickelt habe und ihm deswegen materielle Ansprüche
gegen die Verwender dieser Technik zustehen. Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Mitte (WSD-Mitte) vertritt
dagegen die Ansicht, diese Technik sei von einem Ihrer
Mitarbeit entwickelt worden; deshalb handele es sich um
eine sogenannte „Diensterfindung“. Dem Petenten stünden daher keinerlei Ansprüche zu.
Um seine Ansprüche belegen zu können, stellte der Petent innerhalb einiger Monate mehrere Anträge auf Zugang zu Unterlagen und Ausschreibungsvorgängen bzgl.
der Verwendung dieser Technik bei bestimmten Bauvorhaben gegenüber dem zuständigen Bundesministerium
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sowie der WSDMitte.
Diese Anträge wurden von den verschiedenen Antragsgegnern mit den unterschiedlichsten Argumenten abgelehnt. Zunächst wurde vorgebracht, dass es sich bei den
begehrten Informationen um personenbezogene Daten
des Mitarbeiters handeln würde, der die „Diensterfindung“ gemacht habe, um dann zu betonen, die Informa-

tionen würden bei der angefragten Stelle gar nicht vorliegen. Dann wiederum wurde ins Feld geführt, dass die
Vorschriften der Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen (VOB/A) dem allgemeinen Informationsfreiheitsgesetz vorgehen würden, um im gleichen Schreiben
darauf hinzuweisen, dass die angeforderten Informationen bereits vernichtet seinen. Der Petent legte zuletzt Widerspruch gegen die ablehnenden Bescheide ein.
In der Zwischenzeit hatte er in der Sache Klage bei einer
Patentstreitkammer eines Landgerichtes eingelegt. Dies
nahm das BMVBS zum Anlass, den Widerspruch des Petenten nunmehr mit der zusätzlichen Begründung abzulehnen, ein Informationszugang nach § 3 Nr. 1g IFG
bestehe dann nicht, wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung
eines laufenden Gerichtsverfahrens haben könne. Genau
dies sei hier zu befürchten. Denn nach Ansicht der Antragsgegnerin würde sich ihre Przoßsituation verschlechtern, wenn dem Petenten die beantragten Informationen
zugänglich gemacht würden und er damit Argumente für
sine Klagebegründung bekäme.
Inzwischen hatte sich der Petent mit der Bitte um Unterstützung an mich gewandt.
In einem Schreiben an die WSD-Mitte habe ich dann u. a.
auf die korrekte Auslegung des § 3 Nr. 1 lit. g IFG hingewiesen. Die in § 3 Nr. 1 lit. g IFG benannte Einschränkung bezieht sich grundsätzlich nur auf die Durchführung
eines laufenden Gerichtsverfahrens. Die Auffassung, mit
der Vorschrift könnten Informationen zurückgehalten
werden, um die eigene Position in einem Zivilrechtsverfahren nicht zu schmälern, greift fehl und verkennt die Intention des Gesetzes, mehr Transparenz in der Verwaltung zu schaffen. Nicht die Schutzbelange der Behörde
gegenüber dem Bürger, sondern vielmehr der Schutz des
Gerichtsverfahrens an sich stehen dabei im Vordergrund
(vgl. Nr. 2.2.4).
Da die WSD-Mitte trotz meiner Ausführungen weiter auf
ihrem Standpunkt beharrte, habe ich das Verhalten mit
Schreiben vom 13. Dezember 2006 gegenüber dem zuständigen BMVBS beanstandet.
Leider hat sich das Ministerium mit seiner Stellungnahme
der unzutreffenden Ansicht der WSD-Mitte angeschlossen und dem Anliegen des Petenten nicht entsprochen.
4.12.9 Einsicht in Vergabeakten
Die Regelungen der Verdingungsordnung für Leistungen
(VOL) und der Verdingungsordnung für freiberufliche
Leistungen (VOF) verdrängen das IFG nicht völlig.
Ein Petent beantragte bei der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) Akteneinsicht zu Auftragsvergaben des
Referates Tierökologie, und zwar zu allen in einem Zeitraum von etwa drei Jahren erfolgten beschränkten
Ausschreibungen und freihändigen Vergaben ohne öffentlichen Teilnahmewettbewerb (§ 3 VOL/A) sowie Aufträgen im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Vergabebekanntmachung (§ 5 VOF). Der Petent begrenzte den
Antrag bei den beschränkten Ausschreibungen und bei
den Verhandlungsverfahren auf alle die Vergabeunterla1. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

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