Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
– 61 –
die Möglichkeit eines ggf. nur teilweisen Informationszugangs nach § 7 Abs. 2 IFG hin. Da mir das BMVBS daraufhin mitteilte, die Gründe für die Einstufung der Angaben bestünden insgesamt fort, und es mir nicht obliegt,
die Einstufungsentscheidung als solche zu überprüfen,
waren meine Handlungsmöglichkeiten in dieser Angelegenheit erschöpft. Inzwischen hat auch das zuständige
Verwaltungsgericht einen Anspruch des Petenten auf Erteilung der begehrten Auskünfte verneint (nicht rechtskräftig).
4.12.5 Einsicht in Protokolle des Bund-LänderFachausschusses zum Fahrlehrerrecht
– so das BMVBS – auch nicht daraus, dass der Bund
100%iger Eigentümer der DB AG sei, da der Bund als
Alleinaktionär lediglich die ihm nach Aktienrecht zustehenden Rechte besitze und der Vorstand der Aktiengesellschaft diese nach § 76 Abs. 1 Aktiengesetz in eigener
Verantwortung leite. Diese strikte Trennung der politischen von den unternehmerischen Aufgaben sei auch ein
wesentliches Merkmal der im breiten politischen Konsens
beschlossenen Bahnreform gewesen. Da es eine gesetzliche Verpflichtung, Zugverspätungen in der begehrten
Aufschlüsselung zu dokumentieren, nicht gebe, sei es
dem Unternehmen selbst überlassen, ob es dies für seine
eigenen unternehmerischen Zwecke tue.
Behörden bieten mitunter auch selbst Kompromisse an.
Eine Petentin wandte sich an mich, nachdem sie beim
BMVBS erfolglos Informationen über Inhalt und Ergebnis der Bund-Länder-Fachausschuss-Sitzungen betreffend
Fahrlehrer- und Fahrerlaubnisrecht beantragt hatte. Nach
Ansicht des BMVBS stand einer Einsicht in die entsprechenden Sitzungsprotokolle die Regelung des § 3 Nr. 3
lit. b IFG entgegen, nach der ein Anspruch auf Informationszugang nicht besteht, wenn und solange die Beratungen von Behörden beeinträchtigt werden. Da dabei auch
der Prozess der Entscheidungsfindung im innerstaatlichen
Bereich geschützt werde, seien – so das BMVBS – auch
Protokolle über entsprechende Diskussionen, die in den
Bund-Länder-Fachausschüssen regelmäßig geführt würden, in den Schutz einbezogen. Ob der Ausnahmetatbestand des § 3 Nr. 3 lit. b IFG diese Fallgestaltung tatsächlich erfasst, brauchte ich vorliegend nicht abschließend zu
bewerten, da das BMVBS der Petentin als Kompromiss
eine begrenzte Einsicht, nämlich in die aus den Protokollen ersichtlichen Sitzungsergebnisse der letzten Jahre
zum Fahrlehrerrecht anbot, woraufhin die Petentin ihren
formellen Antrag zurückzog.
4.12.6 Gilt das IFG auch für die Deutsche
Bahn AG?
Informationen bei einer natürlichen oder juristischen
Person des Privatrechts sind nach dem IFG nur zugänglich, soweit eine Behörde sich dieser Person zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient (§ 1
Abs. 1 Satz 3 IFG). Dies kann für die Deutsche Bahn AG
(DB AG) nicht generell ausgeschlossen werden.
Ein Petent beantragte beim BMVBS nach bestimmten
Kriterien aufgeschlüsselte Informationen über Zugverspätungen in den Kalenderjahren 2003 bis 2005 und hierfür gegenüber den Fahrgästen erbrachte Erstattungsleistungen.
Das BMVBS lehnte den Antrag ab, da die gewünschten
Informationen weder bei ihm, noch im Eisenbahn-Bundesamt als Aufsichtsbehörde für die Eisenbahnen des
Bundes, noch in der Bundesnetzagentur vorhanden waren. Zu ggf. bei der DB AG vorliegenden Dokumentationen bestand nach Auffassung des BMVBS kein Zugangsanspruch, da sich der Bund der DB AG nicht gemäß
§ 1 Abs. 1 Satz 3 IFG zur Erfüllung einer öffentlichrechtlichen Aufgabe bediene. Etwas anderes ergebe sich
K a s t e n zu Nr. 4.12.6
§ 1 Abs. 1 IFG
Jeder hat nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den
Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu
amtlichen Informationen. Für sonstige Bundesorgane
und -einrichtungen gilt dieses Gesetz, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Einer Behörde im Sinne dieser Vorschrift steht eine natürliche Person oder juristische Person des Privatrechts
gleich, soweit eine Behörde sich dieser Person zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient.
Im Ergebnis teile ich die Bewertung des konkreten Falls
durch das BMVBS. Aus meiner Sicht handelt es sich bei
der Gewährleistung eines pünktlichen Zugverkehrs oder
bei der Erbringung von Erstattungsleistung für Zugverspätungen nicht um eine öffentlich-rechtliche Aufgabe.
Der Begriff der „öffentlich-rechtlichen“ Aufgabe im
Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 3 IFG, der die Zuordnung der
Tätigkeit zum Bereich des öffentlichen Rechts im Unterschied zum Privatrecht kennzeichnet, ist grundsätzlich
weit zu verstehen. Aus ihm folgt meines Erachtens keine
Eingrenzung auf die staatlichen Aufgaben, die sich eindeutig aus einer öffentlich-rechtlichen Norm ableiten lassen. Vielmehr ist – entsprechend der herrschenden Meinung zur Auslegung des Begriffs in § 2 Nr. 2 UIG a. F. –
„öffentlich-rechtlich“ hier nicht enger zu verstehen als
„öffentlich“. Eine öffentlich-rechtliche Aufgabe liegt daher sowohl dann vor, wenn eine entsprechende konkrete
spezialgesetzliche Verpflichtung im Sinne einer Zuständigkeitszuweisung an den Staat besteht, als auch dann,
wenn es sich um die Wahrnehmung einer gemeinwohlerheblichen Aufgabe handelt, die der Staat durch eigene
Initiative zur öffentlichen Aufgabe gemacht hat.
Aber selbst auf Grundlage dieses weiten Begriffsverständnisses kann die Gewährleistung eines pünktlichen
Zugverkehrs oder die Erbringung von Erstattungsleistungen für Zugverspätungen nicht als öffentlich-rechtliche
Aufgabe angesehen werden. Gemäß Artikel 87e Abs. 3
Satz 1 GG werden die Eisenbahnen des Bundes als Wirtschaftsunternehmen in privatrechtlicher Form geführt.
Damit unterliegt die Unternehmensführung nicht mehr
1. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit