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In verschiedenen Fällen aus dem Geschäftsbereich des
BMELV stellte sich die Frage, ob Bundesbehörden Daten
herausgeben dürfen, die ursprünglich von den Bundesländern erhoben wurden.
So beantragte beispielsweise ein Petent beim Bundesamt
für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL),
ihm bestimmte Ergebnisse aus der Überwachung von
Rückständen von Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln im Jahr 2005 für im Einzelnen aufgelistete Lebensmittel zu übersenden. Das BVL war der
Auffassung, dass ein Recht auf Informationszugang nicht
bestehe, weil es nach § 7 Abs. 1 Satz 1 IFG nicht zur Verfügung über die begehrten Angaben berechtigt sei. Es
handele sich nicht um Daten, die das BVL selbst erhoben
habe, sondern um Einzeldaten der amtlichen Lebensmittelüberwachung der Bundesländer. Eine Verfügungsberechtigung des BVL wäre nur gegeben, wenn es kraft Gesetzes oder auf Grundlage einer Vereinbarung eine
Verfügungsberechtigung an diesen Daten besitzen würde.
Das sei aber nicht der Fall. Das BVL habe nach § 2
Abs. 1 Nr. 4 BVL-Gesetz die Aufgabe der Aufbereitung,
Zusammenfassung, Dokumentation und Berichterstattung
im Hinblick auf die bei der Durchführung der Lebensmittelüberwachung und des Lebensmittel-Monitorings nach § 51
Abs. 5 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches
übermittelten Einzelergebnisse. Das BVL veröffentliche
jährlich Berichte über die amtliche Lebensmittelüberwachung. Eine darüber hinaus gehende Verfügungsbefugnis
über die einzelnen Daten bestehe jedoch nicht. Diese
könne sich nur auf im Sinne der gesetzlichen Aufgabenzuweisung aufbereitete oder zusammengefasste Daten beziehen. Nur zu diesem Zwecke würden die Daten von den
verfügungsberechtigten Ländern an das BVL übermittelt.
Diese Auffassung teile ich nicht. Schon aus der Gesetzesbegründung zu § 7 Abs. 1 IFG ergibt sich, dass eine Behörde nicht ausschließlich über ihre eigenen, von ihr
selbst erhobenen Informationen verfügungsberechtigt ist:
Bei Informationen, die die Behörde von Dritten oder von
anderen Behörden und Einrichtungen erhalten hat, soll
maßgebend sein, ob die Behörde über diese Informationen kraft Gesetzes oder – gegebenenfalls stillschweigender – Vereinbarung ein eigenes Verfügungsrecht erhalten
hat (Bundestagsdrucksache 15/4493, S. 14). Nach meiner Ansicht ist grundsätzlich davon auszugehen, dass eine
Information, die eine Bundesbehörde zu ihren Vorgängen
genommen hat, auch der rechtlichen Verfügungsbefugnis
des Bundes unterliegt. Verfügungsberechtigt ist also regelmäßig die Behörde, bei der die Information Bestandteil der Vorgänge ist. Dies können hinsichtlich derselben
Information unter Umständen auch mehrere Behörden
sein. Das Zuständigkeitsmerkmal der Verfügungsberechtigung in § 7 Abs. 1 Satz 1 IFG entspricht insofern den
materiellen Anspruchsvoraussetzungen, wonach es sich
bei den begehrten Informationen um solche handeln
muss, die bei der Behörde vorhanden und Bestandteil der
eigenen Vorgänge geworden sind (vgl. § 2 Nr. 1 und § 3
Nr. 5 IFG). Seine eigenständige Bedeutung liegt nicht darin, den Kreis der zuständigen Behörden darüber hinaus
einzuschränken, sondern vielmehr umgekehrt in der Klarstellung, dass die aktenführende Behörde auch dann zuständig bleibt, wenn die Akten vorübergehend an eine an1. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit
dere Behörde weitergegeben wurden. Demnach ist
meines Erachtens auch das BVL berechtigt, über die begehrten Einzeldaten der amtlichen Lebensmittelüberwachung der Bundesländer zu verfügen, sofern diese Daten
(auch) bei ihm vorhanden und Bestandteil der eigenen
Akten sind. Dass es die Daten nicht selbst erhoben hat, ist
aus meiner Sicht unerheblich (vgl. auch Nr. 2.2.2.2).
Eine Einigung mit dem BVL konnte ich nicht erzielen.
Der Petent hat Klage beim Verwaltungsgericht erhoben.
Den Ausgang des Rechtsstreits werde ich mit Interesse
verfolgen.
4.8.4
Informationen im Hochsicherheitsbereich
eines Forschungslabors
Der Begriff „amtliche Information“ ist weit zu verstehen.
Sicherheitsrisiken bei einer Akteneinsicht vor Ort können
es aber rechtfertigen, von der gewünschten Art und Weise
des Informationszugangs abzuweichen.
Ein Petent beantragte beim Friedrich-Loeffler-Institut
(FLI) – Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit –
Zugang zu Daten, die dort im Zusammenhang mit bestimmten Blut- und Liquor-Untersuchungen angefallen
waren. Im Hinblick auf die Art und Weise des Informationszugangs bat der Petent ausdrücklich um Einsicht in
die Daten unter Gewährung der Möglichkeit, Ablichtungen und Fotos zu fertigen. Da das FLI den Antrag ablehnte, wandte sich der Petent an mich.
Das FLI war ursprünglich der Auffassung, dass es sich
bei den beantragten Daten nicht um amtliche Informationen im Sinne von § 2 Nr. 1 IFG, sondern lediglich um
„allgemeine (interne) Informationen“ in Form von Zwischenergebnissen, vergleichbar mit Notizen, handele. Außerdem bestehe ein Anspruch auf Informationszugang
nach dem IFG nur im Rahmen von behördlichen Verfahren, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des IFG am
1. Januar 2006 noch nicht abgeschlossen gewesen seien;
die Untersuchungen zu den hier begehrten Daten waren
bereits 1998 beendet worden. Das Anliegen auf Einsichtnahme sei zurückzuweisen, da sich die fraglichen Laborbücher im Hochsicherheitsbereich befänden, das Einschleusen des Petenten aus sicherheitsrelevanten und
haftungsrechtlichen Gründen nicht möglich sei und ein
Ausschleusen und die damit verbundene Desinfektion der
Laborbücher die Gefahr ihrer Vernichtung berge.
K a s t e n a zu Nr. 4.8.4
§ 2 Nr. 1 IFG
Im Sinne dieses Gesetzes ist amtliche Information: jede
amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Entwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollen,
gehören nicht dazu.
Die Ansicht, dass ein Informationsanspruch schon dem
Grunde nach nicht besteht, war aus meiner Sicht nicht zutreffend. Zum einen gilt das IFG auch für Vorgänge, die
zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens bereits abgeschlossen
waren, zum anderen handelt es sich bei den begehrten