Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
4.6.9
– 47 –
Auskünfte zu Ermittlungen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit
Bei Informationen zu zollbehördlichen Ermittlungsverfahren ist zwischen Ermittlungen gegen natürliche Personen und Ermittlungen gegen Unternehmen sowie
zwischen laufenden und abgeschlossenen Ermittlungsverfahren zu unterscheiden.
Ein Petent wollte von einem Hauptzollamt wissen, ob die
dortige Finanzkontrolle Schwarzarbeit Ermittlungen gegen eine bestimmte Firma bzw. gegen deren namentlich
benannte Gesellschafter, sofern diese als Geschäftsführer
dieser oder auch einer anderen Firma agierten, führt. Zudem bat er um nähere Informationen zu den möglichen
Ermittlungen, etwa zum Zeitraum der vermuteten
Schwarzarbeit und zu den Auftraggebern. Da das Hauptzollamt entsprechende Auskünfte verweigerte, wandte
sich der Petent an mich.
Das Hauptzollamt war der Auffassung, dass die erbetenen
Informationen dem Sozialgeheimnis des § 35 SGB I unterlägen. Außerdem würde eine bloße Mitteilung an einen
Dritten, dass gegen eine Firma ein Ermittlungsverfahren
der Zollbehörden geführt werde, den Ruf dieser Firma in
der Öffentlichkeit negativ beeinflussen, was in jedem Fall
die Verpflichtung zur Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen verletze. Ich habe die Ansicht des
Hauptzollamts nur insoweit geteilt, als es sich um (laufende oder abgeschlossene) Verfahren gegen natürliche
Personen oder um laufende Verfahren gegen Unternehmen handelt. Informationen zu abgeschlossenen Verfahren gegen Unternehmen sind dagegen aus meiner Sicht
nach dem IFG zugänglich zu machen. Im Einzelnen habe
ich dem Hauptzollamt hierzu Folgendes mitgeteilt:
Nach § 3 Nr. 4 IFG besteht ein Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn die Information einer durch
Rechtsvorschrift geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht unterliegt. Das Sozialgeheimnis nach
§ 35 SGB I stellt eine solche gesetzliche Geheimhaltungsregelung dar. Dem Sozialgeheimnis unterliegen Sozialdaten und gleichgestellte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (§ 35 Abs. 1 und 4 SGB I).
Sozialdaten sind Einzelangaben über persönliche oder
sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person, die von einer in § 35 SGB I genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach dem
SGB erhoben, verarbeitet oder genutzt werden (§ 67
Abs. 1 SGB X). Zollbehörden sind in § 35 Abs. 1 Satz 4
SGB I genannt, soweit sie Aufgaben u. a. nach § 2 des
Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes wahrnehmen. Damit
handelt es sich bei Angaben zu Ermittlungsverfahren des
Hauptzollamts (Sachgebiet Finanzkontrolle Schwarzarbeit), die gegen natürliche Personen geführt werden, um
Sozialdaten. Da eine gesetzliche Übermittlungsbefugnis
insbesondere nach §§ 68 bis 77 SGB X vorliegend nicht
besteht, unterliegen die begehrten Informationen zu Ermittlungen gegen Geschäftsführer dem Sozialgeheimnis. Dies
gilt unabhängig davon, ob das jeweilige Ermittlungsverfahren noch andauert oder bereits abgeschlossen ist.
Informationen zu Ermittlungen gegen Unternehmen sind
dagegen keine Sozialdaten, da es sich nicht um personen-
bezogene Daten handelt. Gemäß § 35 Abs. 4 SGB I stehen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse jedoch Sozialdaten gleich. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind alle
betriebs- und geschäftsbezogenen Daten, die Geheimnischarakter haben (§ 67 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Die Information, dass gegen eine Firma zollbehördlich ermittelt
wird, ist geeignet, den Ruf der Firma zu beeinträchtigen,
und birgt somit die Gefahr wirtschaftlicher Nachteile. Ein
berechtigtes Interesse der betroffenen Firma, dass solche
Informationen geheim gehalten werden, kann meines Erachtens allerdings nur anerkannt werden, solange es sich
um ein noch laufendes Ermittlungsverfahren handelt und
somit noch offen ist, ob sich der Verdacht gegen die
Firma bestätigt oder nicht. Nach Abschluss des Verfahrens vermag ich hingegen kein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse mehr zu erkennen. Sofern ein rechtswidriges Verhalten der Firma festgestellt wurde, sind die
entsprechenden Informationen nicht schutzwürdig (vgl.
Nr. 2.2.6). Sofern ein rechtswidriges Verhalten nicht festgestellt wurde, besteht keine relevante Gefahr einer Rufschädigung mehr.
Leider konnte ich das Hauptzollamt nicht von meiner
Auffassung überzeugen. Es hat weiterhin auch Auskünfte
zu abgeschlossenen Ermittlungsverfahren gegen Unternehmen verweigert.
4.7
Bundesministerium für Arbeit und
Soziales
4.7.1
Informationszugang bei der Bundesagentur für Arbeit
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) setzte Maßstäbe bei
Internetveröffentlichungen nach § 11 Abs. 3 IFG.
Kurz nach Inkrafttreten des IFG erhielt ich Kenntnis von
mehreren IFG-Anträgen bei der BA, mit denen die Herausgabe aller „Durchführungshinweise“ sowie „Handlungsempfehlungen/Geschäftsanweisungen (HEGA)“ zum
SGB II und zum SGB III sowie Zugang zur „Wissensdatenbank SGB II“ begehrt wurde. Parallel dazu wandte
sich die BA an mich und informierte mich über ihre Absichten, die betreffenden Informationen gemäß § 11
Abs. 3 IFG für die Öffentlichkeit elektronisch zugänglich
zu machen. Diese Überlegungen habe ich ausdrücklich
begrüßt. Eine solche aktive Veröffentlichung von Informationen im Internet erleichtert nicht nur den Informationszugang für die Bürgerinnen und Bürger, sondern
reduziert auch den Verwaltungsaufwand für die Bearbeitung individueller Informationsanträge erheblich. Inzwischen enthält der Internetauftritt der BA ein umfangreiches Informationsangebot zu den aktuellen internen
Richtlinien sowie u. a. einen Link zur „Wissensdatenbank
SGB II“ mit thematisch sortierten Fachinformationen.
Dies hat nicht zuletzt dazu geführt, dass ab dem 2. Halbjahr 2006 zu diesem Bereich keine Eingaben mehr bei mir
eingegangen sind.
Auch die Zusammenarbeit mit der BA gestaltete sich erfreulich. So hat mich die BA etwa bei der Erstellung ihrer
eigenen Durchführungsanweisung zum IFG beteiligt und
die dort enthaltenen Verfahrensregelungen zu Stellung1. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit