Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

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IFG-Antrag nicht entgegenstehen, und solchen, die ein
besonderes Amtsgeheimnis zum Gegenstand haben, als
schwierig erwiesen. Alle gesetzlichen Regelungen, die
Verschwiegenheitspflichten zum Gegenstand haben, sind
vor dem IFG ergangen und brauchten sich mit möglichen
gesetzlichen Informationsansprüchen nicht zu beschäftigen. Es ist deswegen häufig eine Frage der Auslegung, ob
sie ein besonderes Amtsgeheimnis begründen oder nicht.
Hinzu kommt die Sorge von Behörden, hohen Regressforderungen ausgesetzt zu sein, wenn sie im Einzelfall
unberechtigter Weise Informationen über Dritte preisgeben, so dass sie tendenziell jede Regelung zur Verschwiegenheit als besonderes Amts- oder Berufsgeheimnis einstufen und den Informationszugang unter Hinweis auf § 3
Nr. 4 IFG ablehnen. Inzwischen ist diese Frage Gegenstand mehrerer Verwaltungsrechtsstreitigkeiten und ich
hoffe, dass die anstehenden Gerichtsentscheidungen
Klarheit schaffen und auch den Verwaltungen Rechtssicherheit geben, in welchen Fällen sie weiterhin der
Verschwiegenheit unterliegen und wann einem Informationsantrag stattzugeben ist (vgl. Nr. 4.6.4).

K a s t e n b zu Nr. 2.2.5
Auszug aus der Begründung zu § 3 Nr. 7 IFG,
Bundestagsdrucksache 15/4493, S. 11
„Behörden sind in hohem Maße auf eine – insbesondere
freiwillige – Informationszusammenarbeit mit Bürgern
angewiesen. Dies gilt auf Bundesebene vor allem für
das Bundeskartellamt, die Bundesregulierungsbehörde
für Elektrizität, Gas, Telekommunikation und Post, das
Bundesamt für Verfassungsschutz, den Bundesnachrichtendienst und den Militärischen Abschirmdienst. Da die
Bereitschaft der Bürger zu einer solchen Kooperation
von dem Vertrauen in die Verschwiegenheit der Verwaltung abhängt, muss vertrauliche Information geschützt
werden. Vertraulich ist eine vertraulich (von der Behörde) erhobene oder (an die Behörde) übermittelte
Information. …
Vertrauliche Übermittlungen zwischen Behörden erfasst
Nummer 7 nach seinem Schutzzweck nicht.
Kommt in Betracht, dass das Interesse an einer vertraulichen Behandlung nachträglich entfallen ist, geht die
Behörde dem im Rahmen ihres Verfahrensermessens
nach, insbesondere durch eine Nachfrage bei dem Informationsgeber.“

Ähnliche Probleme ergeben sich auch im Zusammenhang
mit § 3 Nr. 7 IFG. Dem Wortlaut und insbesondere auch
der Gesetzesbegründung (vgl. Kasten b) nach geht es hier
um Informantenschutz. Da viele Behörden für die Erfüllung ihrer Aufgaben darauf angewiesen sind, von Bürgerinnen und Bürgern Hinweise und Informationen zu bekommen, und die Bereitschaft der Bürger zu einer
solchen Kooperation von dem Vertrauen in die Verschwiegenheit der Verwaltung abhängt, soll diese Bestimmung die in diesem Sinne vertrauliche Information schützen. Dabei gilt die Information als vertraulich, die von
einer Behörde vertraulich erhoben oder an die Behörde
vom Dritten vertraulich übermittelt wird (vgl. Bundestagsdrucksache 15/4493, S. 11). Im Zusammenhang mit
einem solchen Informantenschutz hat diese Ausnahmeregelung in den mir bekannt gewordenen Fällen bislang
aber keine Rolle gespielt. Sie wurde aber häufig im Zusammenhang von sog. Vertraulichkeitsabreden zwischen
Dritten, im Regelfall Unternehmen der Wirtschaft, und
Verwaltungen herangezogen, die entweder in vertraglichen Vereinbarungen beide Seiten zum Stillschweigen
über Gegenstand und Konditionen des Vertrags verpflichten oder in sonstiger Weise, u. U. auch mündlich, vereinbart worden sein sollen. In mehreren Fällen wurde eine
Ablehnung des Informationsersuchens auf § 3 Nr. 7 IFG
gestützt, wenn die Berufung auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht zum Ziel führte.

Aber auch Vertraulichkeitsabsprachen, die vor Inkrafttreten des IFG getroffen worden sind, können nicht immer
gegenüber dem neuen gesetzlichen Informationsanspruch
als vorrangig angesehen werden. Greift keiner der übrigen Ausnahmetatbestände, die alle denkbaren öffentlichen und privaten schutzwürdigen Belange abdecken,
kann nur in Ausnahmefällen das Vertrauen des Dritten auf
die vereinbarte Vertraulichkeit so schutzwürdig sein, dass
ein Informationsersuchen abzulehnen ist. Dies muss im
Einzelfall geprüft und begründet werden. Der bloße Hinweis auf die vereinbarte Vertraulichkeit schließt nach
meiner Auffassung den Informationszugang nach dem
IFG nicht aus (vgl. Nr. 4.5.1; 4.12.1).

Nach meiner Auffassung können solche Absprachen, jedenfalls sofern sie nach dem Inkrafttreten des IFG getroffen worden sind, über den eigentlich in § 3 Nr. 7 IFG
geregelten Fall hinaus einem Antrag auf Informationszugang nicht entgegengehalten werden. Andernfalls könnte
ein gesetzlicher Anspruch der Bürgerinnen und Bürger
durch einfache Vereinbarung der Verwaltung mit einem
Dritten unterlaufen werden. Berechtigte Belange der Dritten werden durch die §§ 5 und 6 IFG hinreichend geschützt. Die vom IFG angestrebte Transparenz würde ad
absurdum geführt, wenn seine Vorschriften gerade im Bereich des Zusammenwirkens von Wirtschaft und Verwaltung so einfach umgangen werden könnten.

Der Umgang mit Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen
gehörte zu den Fragen, die im Gesetzgebungsverfahren
am intensivsten diskutiert wurden. Unternehmen sind
vielfach verpflichtet, im Rahmen von Genehmigungsverfahren, Aufsichtsmaßnahmen oder wirtschaftlichen Kontakten Informationen an öffentliche Stellen zu geben, die
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse darstellen und deren
Bekanntwerden ihnen wirtschaftlichen Schaden gegenüber ihren Konkurrenten oder Kunden zufügen würde.
§ 6 Satz 2 IFG sieht deswegen vor, dass Zugang zu Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen nur gewährt werden
darf, soweit der Betroffene eingewilligt hat. Diese Aus-

2.2.6

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse –
ein Zauberwort?

Die Behörden gehen zu schnell davon aus, bei den begehrten Informationen handele es sich um Betriebs- und
Geschäftsgeheimnisse.

1. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

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