Drucksache 19/26103
– 64 –
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
Zu Absatz 5
Die Erhebung von Inhaltsdaten ist im Rahmen der strategischen Ausland-Fernmeldeaufklärung unverändert nur
anhand von Suchbegriffen zulässig. Suchbegriffe können u. a. Anschlusskennungen, Signaturen von Übertragungen (das heißt bestimmte technische Parameter), geografische Bereiche, inhaltliche Suchbegriffe oder ein bestimmtes Telekommunikationsnetz einer geschlossenen Nutzergruppe sein. Suchbegriffe können auch Suchmuster sein, die auf Ergebnissen vorheriger Auswertungen beruhen. In der Praxis handelt es sich bei den vom Bundesnachrichtendienst genutzten Suchbegriffen zu einem weit überwiegenden Teil um formale Suchbegriffe, also
in der Regel um Telekommunikationsmerkmale. Inhaltliche Suchbegriffe, also Suchbegriffe, mittels derer nach
bestimmten Begriffen im Telekommunikationsinhalt gesucht wird (z. B. Namen von bestimmten, z. B. für die
Herstellung von Sprengstoffen genutzten chemischen Verbindungen) werden hingegen in geringerem Umfang
eingesetzt. Auf diese Weise soll bestmöglich sichergestellt werden, dass zielgerichtet nur die Kommunikation
erfasst wird, die auftragsrelevant für die Tätigkeit des Bundesnachrichtendienstes ist und nicht Kommunikation
von Personen, in der die inhaltlichen Suchbegriffe lediglich zufällig bzw. aufgrund eines nicht nachrichtendienstlich relevanten Sachverhaltes verwendet werden.
Der Einsatz von Suchbegriffen erfolgt jeweils zum frühestmöglichen Zeitpunkt bei der Datenerhebung. Bei bestimmten Arten von Suchbegriffen kann diese Selektion technisch bedingt erst in einem weiteren Verarbeitungsschritt unmittelbar nach der Datenerhebung erfolgen. Es dürfen nur solche Suchbegriffe verwendet werden, die
zur Erhebung von auftragsrelevanten Informationen führen, das heißt die für die Aufklärung der nach Absatz 1
bestimmten Vorgänge bestimmt, geeignet und erforderlich sind. Ihre Verwendung muss darüber hinaus im Einklang mit den außen- und sicherheitspolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland stehen.
Im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit ist sicherzustellen, dass – soweit Suchbegriffe von bestimmten Personen verwendet werden – die Verwendung von Suchbegriffen von Verursachern von Gefahren, Nachrichtenmittlern oder sonst näher qualifizierten Informanten gegenüber der Verwendung von Suchbegriffen völlig unbeteiligter Personen vorrangig erfolgt (vgl. BVerfG, a. a. O., Randnummer 187). Die Befugnisse aus § 24 bleiben
unberührt.
Im Verhältnis zur Überwachung individueller Telekommunikation weist die strategische Fernmeldeaufklärung
allerdings insoweit ein geringeres Eingriffsgewicht auf, als sie sich auf Datenströme bezieht, deren Ergiebigkeit
im Einzelnen nicht vorhersehbar ist. Auch soweit sie mittels formaler Suchbegriffe auf die Überwachung einzelner Personen gerichtet ist, ist sie typischerweise weniger zielgenau und nicht vollständig, da die für eine konkrete
Kommunikationsverbindung genutzten Netze und Übertragungsstrecken (sogenanntes Routing) je nach Verfügbarkeit weithin spontan bestimmt werden und nur ein geringer Bruchteil der deutschlandweit und weltweit vorhandenen Netze von Erfassungsmaßnahmen des Bundesnachrichtendienstes erfasst wird. Die strategische Fernmeldeaufklärung unterscheidet sich in ihrem Eingriffsgewicht damit grundsätzlich von einer Beschränkung im
Einzelfall, wie sie etwa durch § 3 des Artikel 10-Gesetzes ermöglicht wird (vgl. BVerfG, a. a. O., Randnummer
148).
Hinsichtlich des Schutzes von Vertraulichkeitsbeziehungen sind die Vorgaben nach § 21 zu beachten. Eine Erhebung von Daten zum Zweck der Erlangung von Erkenntnissen zum Kernbereich privater Lebensgestaltung ist
unzulässig (vgl. § 22 Absatz 1). Weitere Vorgaben zur Verwendung von Suchbegriffen von bestimmten Personengruppen enthält § 20.
Zu Absatz 6
Im Rahmen der strategischen Ausland-Fernmeldeaufklärung kann der Bundesnachrichtendienst auftragsrelevante
nachrichtendienstliche Informationen nicht ausschließlich durch eigene Erfassungsanlagen oder durch Verpflichtung eines Telekommunikationsunternehmens nach § 25 erheben. Auftragsrelevante Kommunikation wird zu einem erheblichen Anteil auch über ausländische Vermittlungsanlagen, Telekommunikationsinfrastruktur oder vergleichbare informationstechnische Systeme von Telekommunikationsdiensteanbietern geführt, auf denen der
Bundesnachrichtendienst keinen kooperativen Zugang einrichten kann, da das Telekommunikationsunternehmen
seinen Sitz im Ausland hat und daher nicht nach § 25 zur Ausleitung von Daten an den Bundesnachrichtendienst
verpflichtet werden kann.