Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode

– 61 –

Drucksache 19/26103

diesem Zusammenhang die Ausbeutung illegal migrierter Arbeitskräfte in vielfältiger Form („Abarbeiten“ von
Vermittlungsgebühren oder vorgestreckter Reisekosten, Vorenthalten von Arbeitslohn etc.). Illegale Migrationsbewegungen können zudem die Grenzsicherheit und damit die Ausübung staatlicher Souveränitätsrechte entlang
der EU-Außengrenze gefährden. Durch die strategische Ausland-Fernmeldeaufklärung erlangt der Bundesnachrichtendienst insbesondere Erkenntnisse zu relevanten Personen und Personenzusammenschlüssen sowie die jeweiligen Modi Operandi. Nur auf der Basis aktueller Lagebilder können illegale Migrationsbewegungen antizipiert bzw. nachvollzogen werden.
Buchstabe f
Die illegale Weiterverbreitung von Kriegswaffen sowie von Waren und technischen Unterstützungsleistungen mit
ziviler und militärischer Verwendung in Fällen von erheblicher Bedeutung trägt zur Destabilisierung von Staaten
und ganzen Regionen bei und begünstigt die Entstehung neuer Krisen- und Konfliktlagen. Die Umsetzung des
Kriegswaffenkontrollgesetzes dient der Friedenssicherung und Kriegsverhütung. Die Aufklärung von Proliferation von Kriegswaffen in diesem Sinne soll friedensstörende Handlungen verhindern, das friedliche Zusammenleben der Völker schützen sowie die Gefahren für den Völkerfrieden und die internationale Sicherheit abwehren.
Artikel 26 Absatz 2 GG normiert zu diesem Zweck, dass Kriegswaffen nur mit Genehmigung der Bundesregierung hergestellt, befördert und in den Verkehr gebracht werden dürfen. Neben den Kriegswaffen stehen auch
Rüstungsgüter im Fokus der Aufklärung, um eine destabilisierende Anhäufung konventioneller Rüstungsgüter in
Krisenregionen oder einen Missbrauch zur internen Repression zu verhindern.
Der Bundesnachrichtendienst betrachtet neben der illegalen Verbreitung von Kriegswaffen auch legale Geschäfte
mit Kriegswaffen in Staaten, in denen der Erwerb zur Destabilisierung anderer Länder oder Regionen beitragen
kann oder wenn zu befürchten ist, dass Waffen im Empfängerstaat zwar legal erworben werden, jedoch aufgrund
der dortigen Strukturen die Gefahr der Weitergabe der Waffen an Akteure besteht, von denen internationales
Gefährdungspotential ausgeht. Eine solche Situation kann insbesondere in Staaten eintreten, die im Auftragsprofil
der Bundesregierung als durch den Bundesnachrichtendienst priorisiert aufzuklären deklariert wurden.
Umfasst von der Regelung nach Buchstabe f ist darüber hinaus aufgrund des besonderen Gefährdungspotentials
auch die Aufklärung von Programmen nuklearer, biologischer und chemischer Waffen und ihrer Trägersysteme
sowie deren Weiterverbreitung. Da in diesem Bereich regelmäßig unter Einsatz erheblicher Verschleierungsbemühungen agiert wird, werden auch Vor- und Umfeldaktivitäten wie Zulieferungen zu solchen Programmen aufgeklärt. Dies gilt auch dann, wenn noch keine konkrete Proliferationsabsicht nachweisbar ist.
Die Aufklärung solcher Programme für und Proliferation von Massenvernichtungswaffen ist für die Auftragserfüllung des Bundesnachrichtendienstes von herausragender Bedeutung. Ziel ist es, eine Bedrohung Deutschlands
oder seiner Bündnispartner durch Massenvernichtungswaffen zu verhindern. Zur Erreichung dieses außen- und
sicherheitspolitischen Ziels richtet sich die Aufklärung vorrangig gegen Länder, die sich um Massenvernichtungswaffen bemühen. Daneben können auch nichtstaatliche Akteure im Fokus stehen. Die Proliferation strategischer
Güter in solche ABC-Programme und Trägersysteme wird oft durch Tarnfirmen, Zwischenhändler und gezielt
komplizierte Handels(um)wege und entsprechend verschleierte Finanzströme ermöglicht.
Auch die Aufklärung des unerlaubten Außenwirtschaftsverkehrs mit Waren und technischen Unterstützungsleistungen ist wesentliche Aufgabe des Bundesnachrichtendienstes, dies umfasst auch den Verkehr mit sog. DualUse-Gütern. Erfasst sind nur Sachverhalte von erheblicher Bedeutung, die Aufklärung rein regionaler Sachverhalte mit beschränktem Risikopotential ist durch Maßnahmen der strategischen Ausland-Fernmeldeaufklärung
nicht möglich.
Buchstabe g
Kritische Infrastrukturen sind Organisationen oder Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden. Zu den Kritischen Infrastrukturen zählen also alle für die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft bedeutsamen Basisdienste. Es wird auf die
Nationale Strategie zum Schutz Kritischer Infrastrukturen (KRITIS-Strategie) Bezug genommen.

Select target paragraph3