Drucksache 19/26103

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Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode

angelegte anlasslose Erfassung von Datenströmen und deren Auswertung könnten entsprechende Informationen
nicht gewonnen werden. Ein weniger eingriffsintensives Mittel, das generell vergleichbare Informationen sicherstellte, sei nicht ersichtlich. Auch im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne könne eine strategische Ausland-Fernmeldeaufklärung der Kommunikation von Ausländern im Ausland vor Artikel 10 Absatz 1 GG
gerechtfertigt werden (BVerfG, a. a. O., Randnummer 145). Zwar handelt es sich bei ihr nach der Auffassung des
Gerichts um ein Instrument von besonders schwerem Eingriffsgewicht. Gegenüber Ausländern im Ausland ist
das Eingriffsgewicht jedoch dahingehend gemindert, dass eine Überwachung nicht stets in gleicher Weise auf
unmittelbar operative Konsequenzen gerichtet ist wie in der Regel Überwachungsmaßnahmen gegenüber Deutschen oder im Inland befindlichen Personen, da der deutsche Staat dort nicht über Hoheitsbefugnisse verfügt und
der Bundesnachrichtendienst auch grundsätzlich keine eigenen operativen Befugnisse hat (BVerfG, a. a. O.,
Randnummer 149). Überdies bestätigt das Gericht das überragende öffentliche Interesse an einer wirksamen Auslandsaufklärung (BVerfG, a. a. O., Randnummer 161).
Zu Absatz 1
Absatz 1 bildet die zentrale Norm der strategischen Ausland-Fernmeldeaufklärung. Hiernach darf der Bundesnachrichtendienst zur Erfüllung seiner Aufgaben mit technischen Mitteln personenbezogene Daten von Ausländern im Ausland auf der Grundlage zuvor angeordneter strategischer Aufklärungsmaßnahmen verarbeiten. Diese
Legaldefinition der strategischen Ausland-Fernmeldeaufklärung konkretisiert einerseits den gesetzlichen Aufklärungsauftrag des § 1 Absatz 2. Andererseits grenzt sie durch den Bezug zu technischen Mitteln die strategische
Ausland-Fernmeldeaufklärung von anderen nachrichtendienstlichen Informationsquellen ab, insbesondere von
der Aufklärung mittels menschlicher Quellen. Die Norm regelt die Erhebung von personenbezogenen Daten in
Abgrenzung zu reinen Sachdaten, die mangels Grundrechtsrelevanz keiner Regelung bedürfen und stellt klar, dass
es sich um personenbezogene Daten von Ausländern im Ausland handeln muss. Deutsche und Inländer sind folglich nicht erfasst vom Regelungsgehalt der Norm. Damit wird eine klare Trennung von der Fernmeldeaufklärung
nach dem Artikel 10-Gesetz sichergestellt.
Von § 19 erfasst ist nur die Erhebung personenbezogener Inhaltsdaten. Unter Inhaltsdaten sind Inhalte einer Individual-Kommunikation zu verstehen. Von der Norm nicht erfasst ist die Erfassung personenbezogener Metadaten im Rahmen einer strategischen Aufklärungsmaßnahme. Metadaten sind alle über die Inhaltsdaten hinausgehenden Daten. Dies sind zum Beispiel technische und fernmeldebetriebliche Informationen, die die Umstände
einer Telekommunikation, den technischen Übertragungsweg oder auch die Bereitstellung der technischen Mittel
einer Übertragung ohne willentliches Zutun des Nutzers beschreiben. Als Metadaten werden beispielsweise Daten
bezeichnet, die den Aufbau und die Benutzung anderer Daten beschreiben, oder Daten über Daten, wie Datentyp,
Bedeutung, Beziehungen zwischen Entitätstypen, Integritätsbedingungen, Verdichtungsregeln. Verkehrsdaten
sind solche Metadaten, die bei der Erbringung eines Telekommunikationsdienstes erhoben, verarbeitet oder genutzt werden (vgl. § 3 Nummer 30 TKG). Die Verarbeitung von personenbezogenen Verkehrs- und sonstigen
Metadaten richtet sich nach den speziellen Vorgaben des § 26. Auf die dortigen Ausführungen wird verwiesen.
Die Datenerhebung gemäß § 19 darf nur auf Grundlage zuvor von der Leitung des Bundesnachrichtendienstes
angeordneter strategischer Aufklärungsmaßnahmen erfolgen. Die Rechtmäßigkeit der Anordnung wird vor deren
Vollzug durch den Unabhängigen Kontrollrat geprüft (vgl. § 23 Absatz 1).
Im Weiteren differenziert Absatz 1 zwischen zwei zentralen Erhebungszwecken. Die Erhebung ist möglich zum
Zweck der politischen Unterrichtung der Bundesregierung (Nummer 1) oder zum Zweck der Früherkennung von
aus dem Ausland drohenden Gefahren von internationaler Bedeutung (Nummer 2). Dass eine an diesen Zwecken
ausgerichtete strategische Fernmeldeaufklärung mit dem Grundgesetz vereinbar ist, hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich festgestellt (BVerfG, a. a. O., Randnummer 157).
Zu Absatz 2
Absatz 2 definiert den Begriff der strategischen Aufklärungsmaßnahme und deren Inhalt.
Zu Absatz 3
Nach Absatz 3 sind strategische Aufklärungsmaßnahmen nach Absatz 1 Nummer 1 nur zulässig, wenn sie der
Gewinnung von Informationen dienen, mit deren Aufklärung das Bundeskanzleramt den Bundesnachrichtendienst beauftragt hat. Mit dieser Norm wird sichergestellt, dass Aufklärungsmaßnahmen nach Absatz 1 Nummer 1

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