Drucksache 19/26103
II.
– 50 –
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
Wesentlicher Inhalt des Entwurfs
Der Entwurf setzt die zuvor genannten Vorgaben aus dem Urteil und die darin zum Ausdruck kommenden Regelungsaufträge an den Gesetzgeber um.
Diesen soll insbesondere im neuen Abschnitt 4 des BND-Gesetzes (§§ 19 bis 62) nachgekommen werden, indem
beispielsweise die Erhebung personenbezogener Daten im Rahmen der strategischen Ausland-Fernmeldeaufklärung den in § 19 BNDG-E genannten qualifizierten Aufklärungszwecken auf der Grundlage eigens zuvor festgelegter Maßnahmen unterliegen muss. § 20 BNDG-E regelt bestimmte zusätzliche Hürden bei besonderen Formen
der Datenerhebung. Besondere Vorkehrungen zum Individualschutz treffen § 21 BNDG-E und § 22 BNDG-E,
welche Maßgaben zum Schutz bestimmter Vertraulichkeitsbeziehungen und zur Gewährleistung des Schutzes des
Kernbereichs privater Lebensgestaltung beinhalten.
Den weiteren Forderungen des Bundesverfassungsgerichts nach konkreten Maßgaben zur Aussonderung der Telekommunikationsdaten von Deutschen und Inländern, einer Begrenzung des Volumens der zu erhebenden Daten,
einer Erhebungsgrundlage für Verkehrsdaten ohne den vorherigen Einsatz von Suchbegriffen, sowie der besonderen Eingriffstiefe von Maßnahmen der Ausland-Fernmeldeaufklärung Rechnung tragenden Bestimmungen zur
Datenauswertung und Löschpflichten wird ebenfalls in diesem Abschnitt Rechnung getragen.
Darüber hinaus wurde die Übermittlung personenbezogener Daten aus der strategischen Ausland-Fernmeldeaufklärung neu ausgestaltet. Den Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts folgend, beinhalten die §§ 29 und 30
BNDG-E klare Vorgaben, die die Übermittlung solcher personenbezogenen Daten nur zum Schutz besonders
gewichtiger Rechtsgüter erlauben. Dazu bedarf es tatsächlicher Anhaltspunkte, dass dies erforderlich ist zur Abwehr einer Gefahr für besonders gewichtige Rechtsgüter oder zur Abwehr einer besonders schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechte Einzelner sowie der Einhaltung formaler Vorgaben. Von diesen strengen Vorgaben
jedoch abweichend gilt ein solcher Maßstab nicht für die Unterrichtung der Bundesregierung oder Landesregierungen, welche ausschließlich der politischen Information und Vorbereitung von Regierungsentscheidungen
dient.
Umgesetzt wurden des Weiteren die vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Maßstäbe im Rahmen der Kooperation mit ausländischen Nachrichtendiensten. Um den verfassungsrechtlich gebotenen Leitlinien zu entsprechen,
setzen die §§ 31 bis 33 BNDG-E die Forderung um, dass die Verantwortung des Bundesnachrichtendienstes für
die von ihm erhobenen und ausgewerteten Daten im Rahmen des gegenseitigen Austausches gewahrt bleibt. Dabei
trifft den Bundesnachrichtendienst eine strenge Kontroll- und Vergewisserungspflicht. Er hat darüber hinaus gehaltvolle Zusagen von seinem Kooperationspartner einzuholen.
Ein erhebliches Mehr an Rechtssicherheit schaffen auch die spezialgesetzlichen Regelungen besonderer Formen
der technischen Aufklärung in den §§ 34 bis 39 BNDG-E. Der nunmehr gesetzlich speziell geregelte Eingriff in
informationstechnische Systeme von Ausländern im Ausland hegt eine solche Maßnahme ein in ein rechtsstaatlich
strukturiertes System mit dem ebenfalls berücksichtigten Schutz von Vertraulichkeitsbeziehungen und des Kernbereichs privater Lebensgestaltung. Besondere Maßgaben für die Übermittlung von Daten, die aus einer solchen
Maßnahme gewonnen wurden, knüpfen dabei an die aktuelle Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts an.
Zuletzt wird die strategische Ausland-Fernmeldeaufklärung zukünftig durch eine starke und unabhängige objektivrechtliche Kontrolle flankiert werden. In Umsetzung der verfassungsgerichtlichen Vorgaben regeln die §§ 40
bis 58 BNDG-E die Einführung des Unabhängigen Kontrollrates, welcher zukünftig als oberste Bundesbehörde
seine Arbeit aufnehmen wird, sowie dessen Befugnisse. Er beinhaltet zwei Kontrollorgane: Ein gerichtsähnliches
Kontrollorgan für die gerichtsähnliche Rechtskontrolle mit abschließender Entscheidungsbefugnis, das die wesentlichen Verfahrensschritte ex-ante prüft, und ein administratives Kontrollorgan der administrativen Rechtskontrolle, das den gesamten Prozess der strategischen Ausland-Fernmeldeaufklärung eigeninitiativ und stichprobenartig einsehen und prüfen kann. Darüber hinaus unterliegen alle Eingriffe in informationstechnische Systeme
von Ausländern im Ausland vor deren Durchführung der umfassenden Rechtmäßigkeitsprüfung durch den Unabhängigen Kontrollrat. Dieses von der sogenannten Third-Party-Rule unabhängig agierende Kontrollorgan verfügt
über institutionelle Eigenständigkeit, was in seiner eigenen Personalhoheit und Verfahrensautonomie Ausdruck
findet.