Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2014
1843
Florian Hahn
(A)
Im Vorfeld der heutigen Debatte zur Beteiligung bewaffneter deutscher Soldaten an der EU-geführten Ausbildungsmission EUTM Somalia konnte man dazu schon
einiges von Ihnen lesen. Der Kollege Liebich beispielsweise gab via Berliner Zeitung zum Besten: Deutschland
soll sich stärker in der zivilen Konfliktprävention engagieren,
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Das ist doch
nicht schlecht!)
statt sich in neue militärische Abenteuer in Somalia und
anderen Ländern zu stürzen.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Der Kollege Liebich hat hier offensichtlich ein paar
Dinge durcheinandergebracht: In Somalia geht es weder
um eine neue Mission noch um ein Abenteuer. Diese
Mission besteht seit 2010. Bis Ende 2013 wurden
3 600 somalische Sicherheitskräfte ausgebildet, die jetzt
den Kern der somalischen Armee bilden. Das ist im Übrigen ein sichtbares Zeichen des Erfolgs der Mission.
Von einer neuen Mission oder einem Abenteuer kann
also nicht gesprochen werden. Vielmehr geht es um
Nachhaltigkeit. Deshalb ist es gut, wenn die Sicherheitslage es zulässt, dass wir uns dort weiter engagieren können.
Somalia ist leider ein Beispiel für ein Land, das dringend Sicherheitsstrukturen braucht, damit zivile Hilfe
überhaupt möglich ist. Die Ärzte ohne Grenzen beispielsweise haben im August 2013 ihr Engagement in
(B) Somalia eingestellt, weil es in diesem Land einfach zu
gefährlich ist. Für Konfliktprävention à la Linke ist es
hier zu spät. Oder glauben Sie wirklich ernsthaft, dass
sich Mitglieder der Al-Schabab-Miliz mit Mitarbeitern
der Rosa-Luxemburg-Stiftung zu einem Antiaggressionstraining zusammensetzen würden?
(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Eher mit
der Adenauer-Stiftung! – Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN)
Der Kollege Liebich von der Linken vermutet laut
Berliner Zeitung außerdem, dass die Bundesregierung
seit Wochen an der Umsetzung einer politischen Doktrin
für mehr Bundeswehr in Afrika arbeitet, ohne dass der
Deutsche Bundestag darüber informiert wird. Ich darf
dem Kollegen versichern: Die Tatsache, dass er davon
nichts weiß, ist einfach dem Umstand geschuldet, dass es
diese verschwörerische Doktrin gar nicht gibt.
Vizepräsident Johannes Singhammer:
Herr Kollege Hahn, gestatten Sie eine Zwischenfrage
des Kollegen van Aken?
Florian Hahn (CDU/CSU):
Herr von Aken kann noch kurz zuhören und dann
gerne eine Intervention machen.
Die Bundesregierung sagt sehr offen und transparent,
was sie vorhat: Sie will sich für Afrika noch stärker einsetzen als bisher.
(Niema Movassat [DIE LINKE]:
Mit Soldaten!)
(C)
Deshalb wurden die Entwicklungshilfemittel für diesen
Kontinent unter dem neuen Minister Gerd Müller bereits
um 100 Millionen Euro aufgestockt. An dieser Stelle
möchte ich dem Minister übrigens danken, dass er sich
bereits mehrfach in seiner kurzen Amtszeit vor Ort ein
Bild gemacht hat – wie kürzlich bei seinem Besuch in
Mali oder in der Zentralafrikanischen Republik.
Wir geben mehr als 50 Prozent unserer Entwicklungshilfe für Afrika aus. Um aber wirklich etwas erreichen
zu können, braucht es den vernetzten Ansatz von militärischer, diplomatischer, wirtschaftlicher und ziviler Unterstützung. Das haben nicht nur unsere Verteidigungsministerin, Frau von der Leyen, und Staatsminister Roth
in dieser Debatte richtigerweise zum Ausdruck gebracht,
sondern auch die Bundeskanzlerin bei ihrer Regierungserklärung heute morgen. Wir wollen die afrikanischen
Länder ertüchtigen, sich selbst zu helfen. Dabei unterstützen wir sie, wir beraten sie, und wir bilden aus. Für
mich ist wichtig: Dieser Einsatz macht Sinn, weil er genau dieser Ertüchtigungsstrategie Rechnung trägt. Mogadischu ist gefährlich; das wissen wir. Unsere Soldaten
werden ihre Arbeit aber in einem stark geschützten Bereich leisten können. Dennoch wird es nicht ungefährlich sein. Wir sollten trotzdem oder gerade deshalb den
Einsatz fortführen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vizepräsident Johannes Singhammer:
Vielen Dank, Herr Kollege Hahn. – Als Nächster hat
das Wort der Kollege Thorsten Frei, CDU/CSU.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Thorsten Frei (CDU/CSU):
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren
heute über die Verlängerung des Einsatzmandats für eine
Trainingsmission in Somalia, am Horn von Afrika. Somalia ist ein gescheiterter Staat mit einer geschundenen
Bevölkerung. Seit 1991, seit dem Sturz des autoritären
Regimes von Siyad Barre, gibt es dort keine funktionierende Regierung mehr, geschweige denn eine legitimierte. Flut- und Hungerkatastrophen, Dürre und Bürgerkrieg haben dafür gesorgt, dass eine ausreichende
Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln, Trinkwasser und Medikamenten nicht möglich ist. All das
sind die Rahmenbedingungen, angesichts derer wir über
eine Verlängerung des Mandats diskutieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir legen
unser Augenmerk in diesen Tagen verstärkt auf die
Krim, die Ukraine und Russland. Das verstellt dennoch
nicht den Blick dafür, dass die größten sicherheitspolitischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts nicht von
den starken und großen Ländern dieser Erde ausgehen
werden, sondern von den schwachen und fragilen.
(D)