Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2014
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Staatsminister Michael Roth
(A) besonders wichtige Voraussetzungen. Ein funktionierender Rechtsstaat trägt maßgeblich dazu bei, die Menschen- und Bürgerrechte zu schützen und gute wirtschaftliche und unternehmerische Rahmenbedingungen
zu schaffen. Afrikanische Staaten stehen dabei vor ganz
unterschiedlichen Problemen und Schwierigkeiten, bei
deren Bewältigung wir ihnen mit Rat und Tat zur Seite
stehen. Ein gutes Beispiel dafür ist der deutsch-tansanische Erfahrungsaustausch bei der Ausbildung von
Rechtsstaatsvertretern in Daressalam. Diese kleinen Erfolgsgeschichten machen uns Mut. Lassen Sie uns darauf in der Zukunft aufbauen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der von mir skizzierte umfassende afrikapolitische Ansatz ist Grundlage
unserer heutigen Entscheidung. Mit dem Votum des
Bundestages für eine weitere Beteiligung deutscher
Streitkräfte an der EU-geführten Ausbildungsmission
EUTM Somalia können wir heute ein wichtiges Signal
für das deutsche und europäische Engagement am Horn
von Afrika senden. Dieses Signal kommt in mehrfacher
Hinsicht zur rechten Zeit. Seit dem 3. März 2014 gehen
die Truppen der Mission AMISOM der Afrikanischen
Union gemeinsam mit Einheiten der somalischen Streitkräfte gegen die radikalislamistische al-Schabab vor.
Den Kern der somalischen Streitkräfte bilden dabei die
rund 3 600 somalischen Soldaten, die bis Ende 2013 im
Rahmen der EU-Mission ausgebildet wurden.
Neben dieser militärischen Offensive müssen aber
auch weitere nichtmilitärische Schritte folgen. Nur so
kann es gelingen, die befreiten Gebiete dauerhaft zu hal(B) ten und die Lebensbedingungen der dortigen Bevölkerung nachhaltig zu verbessern. Auch hier gibt es deutsche Unterstützung, beispielsweise durch KfW-Kredite
zur Finanzierung sogenannter Quick-Impact-Projekte.
Mit diesen Projekten unterstützen wir die Menschen in
der Region schnell und gezielt.
Unverzichtbar ist aber auch, dass wir der somalischen
Zentralregierung aktiv beim Wiederaufbau von handlungsfähigen Verwaltungs- und föderalen Strukturen helfen. Nur dann kann sie den Stabilisierungsprozess des
Landes so gestalten und steuern, wie es ihr in der Übergangsverfassung von 2012 zugewiesen wird; auch da
hilft es nichts, die Lage schöner zu reden, als sie tatsächlich ist. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, braucht
die Zentralregierung aber zwingend einen funktionierenden Sicherheitsapparat, dessen Strukturen und Fähigkeiten derzeit nur sehr schwach ausgeprägt sind. An genau
diesem Punkt setzt die Mission EUTM Somalia an. Wir
wissen aber sehr genau: Schnelle Erfolge dürfen wir
nicht erwarten. Vor uns und unseren Partnern in Somalia
liegt eher ein langer Marathonlauf als ein kurzer Sprint.
Ein erster wichtiger Schritt auf diesem Weg war es,
den Ausbildungsauftrag um Beratungsleistungen für das
somalische Verteidigungsministerium und die militärischen Führungsstrukturen zu erweitern. Ebenso richtig
ist es, die Mission nun schrittweise von Uganda, wo die
Ausbildung bislang stattfand, nach Somalia zu verlagern. Auf diesem Fundament baut die Mission nun vor
Ort weiter auf. Unsere somalischen Partner zeigen viel
Wertschätzung für diese Unterstützung, auch weil diese (C)
nun endlich im eigenen Land stattfindet.
Klar ist: Für die Mission in Mogadischu ist die Bedrohungslage ohne Zweifel höher als bislang in Uganda.
Daher hat die Bundesregierung die Sicherheitslage – das
will ich hier ganz deutlich sagen – sehr sorgfältig geprüft. Auch wenn die Situation in Somalia auf absehbare
Zeit weiterhin sehr fragil bleibt, ist angesichts der bereits
ergriffenen Schutzmaßnahmen eine erneute Beteiligung
deutscher Soldatinnen und Soldaten nicht nur sicherheitspolitisch richtig, sondern auch vertretbar. Ein Restrisiko von Rückschlägen muss angesichts der instabilen
Lage in Somalia allerdings immer einkalkuliert werden.
Dessen sind sich die Bundesregierung ebenso wie die
Europäische Union bewusst.
(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]:
Kollateralschäden!)
Wir prüfen die Bedrohungslage fortwährend und passen
die Schutzmaßnahmen gegebenenfalls an.
Mit zunächst einem permanent vor Ort stationierten
Berater – einem Berater – und der abschnittsweisen Entsendung von drei Ausbildern bleibt der Umfang der
deutschen Beteiligung an EUTM Somalia zunächst verhältnismäßig bescheiden. Dennoch haben die somalische
Regierung und unsere europäischen Partner dieses wichtige Signal unserer Unterstützung für Somalia mit Nachdruck begrüßt. Um auch künftig flexibel auf Personalbedarfsmeldungen der Mission reagieren zu können, sieht
das Mandat eine Obergrenze von maximal 20 Soldatinnen und Soldaten vor.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Engagement
Deutschlands und der EU zur Unterstützung der Sicherheitsinstitutionen in Somalia ist eingebettet in einen umfassenden Ansatz zur Stärkung der Zivilgesellschaft, der
staatlichen Strukturen und der wirtschaftlichen Entwicklung Somalias. Deutschland setzt mit der erneuten Beteiligung an der EUTM-Mission in Somalia ein Zeichen –
Vizepräsident Johannes Singhammer:
Herr Staatsminister, darf ich Sie an Ihre Redezeit erinnern?
Michael Roth, Staatsminister im Auswärtigen Amt:
– der Solidarität und der konkreten Hilfe. Unser militärisches Engagement ist ein bescheidenes, aber notwendiges Signal. Deshalb bitte ich Sie alle, liebe Kolleginnen und Kollegen, um Unterstützung.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vizepräsident Johannes Singhammer:
Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Ich erteile jetzt
dem Kollegen Omid Nouripour, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.
Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beraten heute in erster Lesung die Entsendung von 20 deut-
(D)