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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2014

Dr. Patrick Sensburg

(A) deutschen Sicht verändern wollen, kann das, glaube ich,
vorbildhaft für andere Länder sein.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Das wird uns aber nur dann gelingen, wenn die acht
Mitglieder des Untersuchungsausschusses gemeinsam
an einem Strang ziehen. Wenn wir uns in Klein-Klein
und in Detailkritik an der Bundesregierung oder an früheren Bundesregierungen verlieren, an denen fast alle
Fraktionen in diesem Hause außer der Linken beteiligt
waren, dann werden wir, glaube ich, dieser großen Aufgabe nicht gerecht.
(Beifall der Abg. Dr. Eva Högl [SPD])
Wenn wir unseren Blick, der vielleicht ideologisch
geprägt ist, nur auf unsere nationalen Dienste richten,
dann werden wir den Blick zu sehr fokussieren und werden der großen Aufgabe nicht gerecht. Ich glaube, dass
wir an einem Strang ziehen sollten und die Chance haben, mit diesem Untersuchungsausschuss weit über
Deutschland hinaus im Sinne von Datensicherheit, Datenschutz, Schutz von Bürgerinnen und Bürgern, aber
auch von Unternehmen und Institutionen Akzente zu setzen.
Diese große Aufgabe können wir leisten. Deswegen
ist es auch so wichtig, dass wir am heutigen Tage zeigen,
dass wir gemeinsam in diesem Haus den Untersuchungsausschuss wollen, dass wir uns nicht in der ersten Debatte zerhakeln und in Klein-Klein verheddern, sondern
dass wir zeigen: Wir sind entschlossen, den Untersuchungsausschuss zu einem Ergebnis zu bringen. Das ge(B) lingt uns zusammen, und darauf freue ich mich in den
nächsten Monaten gemeinsam mit Ihnen.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie
bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN)
Vizepräsidentin Ulla Schmidt:

Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist Martina Renner,
Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Martina Renner (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Sehen Sie es mir nach: Ich bin immer noch etwas aufgewühlt von der vorangegangenen
Debatte. Ich denke, wenn wir die Verteidigung von
Grundrechten und Demokratie wirklich ernst nehmen
– darum geht es auch in Dresden: diese Werte gegen die
Neonazis zu verteidigen –,
(Dagmar Ziegler [SPD]: Es geht um Unrecht!)
dann hätten wir die Debatte aushalten und uns noch weiter die Argumente anhören müssen. Ich fand das in diesem Sinne keinen guten demokratischen und parlamentarischen Stil.
(Dagmar Ziegler [SPD]: Aber Ungesetzlichkeit
kann man auch nicht hinnehmen!)

Ich finde, gerade wenn wir bei der Einsetzung des (C)
Untersuchungsausschusses in vielen Punkten Gemeinsamkeiten feststellen, sollten wir noch einmal reflektieren, ob die Art und Weise, wie die Debatte eben abgelaufen ist, dem Gegenstand, um den es geht, tatsächlich
angemessen war.
(Dagmar Ziegler [SPD]: Da hat sie vollkommen recht! – Max Straubinger [CDU/CSU]:
Was?)
Jetzt komme ich zu dem Thema, über das wir heute
reden wollen: dem gemeinsamen Einsetzungsantrag aller
Fraktionen. Es ist fast ein Jahr her, dass wir alle durch
die mutigen Enthüllungen von Edward Snowden erfahren haben, wie umfassend wir durch US-amerikanische
Geheimdienste und ihre Partner in Deutschland überwacht werden. Diese Überwachung betrifft tatsächlich
uns alle, jeden Bürger, jede Bürgerin, uns alle hier im
Saal, nicht nur die Kanzlerin und den Innenminister. Es
ist ein Thema, das alle angeht. Deswegen ist es gut, dass
endlich auch bestimmte Teile der Großen Koalition den
Umfang und den Skandal dieser Überwachung insoweit
festgestellt haben, als sie jetzt zu dem Ergebnis gekommen sind, dass wir mit einem gemeinsamen Untersuchungsauftrag diese Überwachung aufklären wollen. Es
ist eine einmalige Chance zur Aufarbeitung und ein gutes Zeichen, das wir fraktionsübergreifend Grundrechtsverletzungen als gemeinsame parlamentarische Aufklärungsaufgabe begreifen.
Wir wollen die Arbeit US-amerikanischer und britischer Dienste sowie die ihrer engsten Partner untersuchen; so haben wir es formuliert. Wir sollten uns nicht (D)
von den Beteuerungen beruhigen lassen, dass nur sogenannte Metadaten, also Verbindungsdaten, gespeichert
wurden und keine Gesprächsinhalte; denn wir wissen,
dass gerade anhand der Verbindungsdaten exakte Profile
der Nutzer erstellt werden können. Jeder kann sich einmal vorstellen, wie viel über ihn ausgesagt wird, wenn
klar ist, wen er früh morgens oder spät abends anruft,
welche Internetseiten er aufruft oder wem er eine E-Mail
schickt.
Wir fragen auch: Wie kooperieren dabei die ausländischen Geheimdienste mit den deutschen Partnerdiensten? Auch wenn die deutschen Spitzelzentralen nicht
über dieselben technischen Möglichkeiten verfügen,
müssen wir das Bundesamt für Verfassungsschutz, den
BND und den MAD unter die Lupe nehmen; denn sie
alle arbeiten aller Wahrscheinlichkeit nach nach derselben Religion der Totalüberwachung. Für einen Geheimdienst heißt es beim Sammeln von Informationen hüben
wie drüben des großen Teiches: Mehr ist immer besser.
– Diese Geheimdienstphilosophie muss nicht nur untersucht werden, sondern muss im Sinne des Grundrechtschutzes auch beendet werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir nehmen den BND und das BfV dabei in den Blick,
weil wir als Linke fest davon ausgehen, dass der große
Bruder einen kleinen Bruder hat und beide Hand in Hand
arbeiten, zum Beispiel durch den Ringtausch. Wir werden untersuchen, ob beispielsweise die NSA oder der

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