Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2014

1817

Dr. Patrick Sensburg

(A)

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN)
Auf den Einwurf der Kollegin Wawzyniak vom
13. Februar möchte ich kurz eingehen. Ihr Einwurf war,
ob das auch gilt, wenn staatliche Institutionen in
Deutschland das so handhaben würden. Das sehe ich genauso. Gerade vor dem Hintergrund dessen, was wir in
den letzten Tagen hören mussten, muss ich sagen: Das
gilt auch für deutsche Behörden. Ich glaube, das wird sicherlich einer der Prüfungspunkte des Untersuchungsausschusses werden.
Nach den Beratungen im Geschäftsordnungsausschuss, in denen wir aus zwei Anträgen einen entwickelt
haben, bin ich sehr zuversichtlich, dass wir auch in Zukunft gemeinschaftlich unseren Prüfauftrag, unseren Untersuchungsauftrag wahrnehmen werden.
Bei der personellen Ausgestaltung des Untersuchungsausschusses mit acht Mitgliedern kommen zwei
Kernpunkte zum Vorschein. Der erste Punkt ist: Da wir
in den nächsten Wochen und Monaten intensiv mit Daten und Informationen zu tun haben werden, die den
Diensten zuzuordnen und als Geheim einzustufen sind,
ist es richtig, dieses Gremium nicht zu groß werden zu
lassen. Es mit acht Mitgliedern des Deutschen Bundestages zu besetzen, war, glaube ich, eine kluge Entscheidung.

Der zweite Punkt. In der Besetzung mit acht Mitgliedern spiegelt sich eine weitere kluge Entscheidung wider. Es gibt den Fraktionen der Opposition die Möglich(B)
keit, alle Rechte der Opposition wahrzunehmen; denn
mit den zwei Mitgliedern, die sie stellt, wird das Quorum von 25 Prozent der Mitglieder erfüllt. Damit kann
sie alle im Grundgesetz verbürgten Rechte wahrnehmen.
Das ist ein guter Kompromiss, den wir in der Vorbereitung im Geschäftsordnungsausschuss getroffen haben.
Das zeigt nach meiner Meinung die Gemeinschaftlichkeit in diesem Untersuchungsausschuss: Wir wollen
dieses Thema gemeinsam bearbeiten und nicht gegeneinander.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie
des Abg. Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir haben das im Untersuchungsausschuss zum NSU
sehr gut gemacht. Ich hoffe, dass wir im Geist guter Zusammenarbeit auch in diesem Untersuchungsausschuss
arbeiten können.
Natürlich stellen Untersuchungsausschüsse grundsätzlich das klassische Recht der Opposition dar, die Regierung zu kritisieren und Fehler und Versäumnisse der
Regierung aufzuzeigen. Mir scheint, dass dies bei diesem Untersuchungsausschuss nicht vordringlich ist und
nicht im Vordergrund stehen sollte. Ich glaube, die Aufgabe ist deutlich größer, wenn man rekapituliert und in
der Rückschau betrachtet, was wir in den letzten Wochen
und Monaten erlebt und gehört haben.
Von daher haben sich die Prüfaufträge, die sich in
dem Einsetzungsbeschluss widerspiegeln, daran zu mes-

sen. Wir haben in einem ersten Prüfblock formuliert: Es (C)
muss klar werden, was die Staaten der „Five Eyes“ im
Rahmen von Programmen entwickelt haben, sei es
Prism, sei es Tempora, sei es XKeyscore und alle anderen Programme, bis hin zu Mystic, von dem wir in den
letzten Tagen gehört haben. Wir müssen genau hinschauen: „Was gibt es? Was wird dort gemacht?“, damit
wir uns erst einmal einen deutlichen Überblick verschaffen können.
Wenn ich mir vor Augen führe, was in den letzten
zwei oder drei Tagen bekannt geworden ist, wenn ich zudem aus verschiedenen Quellen erfahre, dass nicht nur
die USA Mitschnitte von Telefonaten speichern, sondern
vielleicht auch andere Länder, dann meine ich, dass wir
überlegen sollten: Wenn sich im Laufe des Untersuchungsausschusses Erkenntnisse ergeben, die es nahe legen, den Prüfungsauftrag, den Untersuchungsauftrag zu
erweitern, sollten wir das tun, nicht im Alleingang, sondern im Konsens aller Fraktionen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Wir haben schon in der Debatte am 13. Februar ganz
klar darauf hingewiesen, dass wir eine massenhafte und
verdachtsunabhängige Erfassung und Speicherung personenbezogener Daten ablehnen, und haben dies auch
unter Punkt I.1 in den Prüfauftrag unseres Antrags aufgenommen. Ich glaube, die Reichweite des Antrags ist in
den einzelnen Prüfpunkten gut definiert. Ich gehe jetzt
nicht auf die einzelnen Prüfpunkte ein, aber ich glaube,
dass sie die wesentlichen Punkte aus beiden ursprünglich
eingebrachten Anträgen widerspiegeln.
(D)
Ich glaube, dass wir in einem zweiten Prüfungskomplex untersuchen müssen, welche Stellen der Bundesregierung, Bedienstete des Bundes oder Mitglieder des
Deutschen Bundestages und des Bundesrates in den Fokus von Ausspähung gekommen sind. Im Gegenzug
werden wir auch fragen, ob es möglicherweise eine Beteiligung von deutschen Institutionen und deutschen Behörden gab.
Wir werden in einem dritten Prüfungskomplex darauf
eingehen, welche Schlussfolgerungen sich aus den Erkenntnissen ziehen lassen. Darauf liegt meiner Meinung
nach das Hauptaugenmerk dieses Untersuchungsausschusses. Es kann nicht unsere einzige Aufgabe sein, zu untersuchen, was passiert ist. Das wird sicherlich einen breiten Teil in Anspruch nehmen. Aber dann müssen wir
auch aus den Erkenntnissen Schlüsse ziehen. Ich glaube,
hierbei sollte unser Hauptaugenmerk darauf liegen: Wie
kann das Recht auf informationelle Selbstbestimmung,
auf Integrität der Kommunikation, auf vertrauliche Kommunikation, gewährleistet werden? Welche Schlussfolgerungen und Lösungsvorschläge können wir als Deutscher
Bundestag aus den dann vorhandenen Erkenntnissen ziehen?
Wenn wir diesen dritten Schritt auslassen, dann wird
der Untersuchungsausschuss ein zahnloser Tiger. Wenn
wir aber Ergebnisse präsentieren und in einem dritten
Schritt Schlussfolgerungen aus unseren Erkenntnissen
ziehen und aufzeigen, was wir aus unserer nationalen,

Select target paragraph3