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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2014
Erich Irlstorfer
(A) Schon jetzt gibt es sowohl in den städtischen Ballungsräumen als auch in dünner besiedelten Gebieten Engpässe in der Versorgung durch freiberufliche Hebammen.
Richtig, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist
aber auch: Ein Großteil der Freiberuflerinnen hat sich
längst auf die Vor- und Nachsorge spezialisiert. Die
Zahl der Hausgeburten ist eher gering. Die Zahl der
Kinder, die in Deutschland außerhalb von Kliniken geboren werden, liegt seit Jahren zwischen rund 10 000
und 12 500 Kindern; diese Zahlen sind für mich nicht
unerheblich, aber so sind die Zahlen. Die meisten
Frauen, die ein Kind erwarten – das darf man nicht verschweigen –, gehen aus Sicherheitsgründen zur Geburt
lieber in ein Krankenhaus.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Als Abgeordneter der CSU vertrete ich die Ansicht,
dass es auch in Zukunft die freie Entscheidung einer
werdenden Mutter bleiben muss, ob sie zu Hause, in einem Geburtshaus oder in einem Krankenhaus entbinden
möchte.
(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
(B)
In allen genannten Bereichen muss die Qualität der Versorgung gewährleistet bleiben. Eine moderne Gesundheitspolitik geht vom Lebensanfang bis zum Lebensende. Auch vor diesem Hintergrund muss sie sich an der
Qualitätsfrage orientieren.
(Beifall des Abg. Dr. Georg Nüßlein [CDU/
CSU])
Verschiedene medizinische Studien zeigen, dass
Hausgeburten gefährlicher ablaufen können – ich sage
bewusst: können – als Geburten in Kliniken. Viele
Hausgeburten enden im Krankenhaus. Hier ist eine umfassende Beratung der werdenden Eltern absolut notwendig. Auch muss über mögliche Konsequenzen in
Haftungsfragen diskutiert werden, wenn sich Eltern freiwillig und bewusst für diese Form der Geburt entscheiden.
Für uns als CDU/CSU-Fraktion ist klar: Die Versorgung in der Fläche im Bereich der Geburtshilfe muss gewährleistet bleiben. Zugleich stehen wir dazu, dass Hebammen angemessen vergütet werden müssen und die
Haftpflichtproblematik endlich gelöst wird.
Lassen Sie uns aber bitte den Bericht der Arbeitsgruppe abwarten. Nur so kann eine zielgerichtete Diskussion auf der Grundlage von Fakten geführt werden.
Sich vor Kenntnis sämtlicher Aspekte über eine bestimmte Fragestellung zu unterhalten, kann nicht Sinn
der Sache sein.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, zum Schluss:
Zum Teil sind die im Antrag der Grünen geforderten
Punkte, wie die Abbildung der Kostensteigerungen in
der Vergütung, bereits umgesetzt worden, andere werden
derzeit noch in den jeweiligen Institutionen diskutiert.
Aber ich sage auch: Alle Beteiligten und Betroffenen
brauchen dauerhaft tragfähige und finanzierbare Lösun- (C)
gen. Das ist notwendig. Deshalb glaube ich, dass es richtig ist, wenn dem vorliegenden Antrag heute nicht zugestimmt wird.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Vielen Dank, Herr Kollege. Das ganze Haus gratuliert
Ihnen von Herzen zu Ihrer ersten Rede zu einem sehr
schönen Thema.
(Beifall)
Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei Ihrer weiteren Arbeit im Deutschen Bundestag.
Nächste Rednerin ist Marina Kermer von der SPDFraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU)
Marina Kermer (SPD):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrten Damen
und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, das
Thema der heutigen Debatte beschäftigt uns nun schon
seit Jahren. Bisher wurde keine langfristig tragbare Lösung gefunden. Das ist auf Dauer weder für die Hebammen noch für die werdenden Mütter haltbar. Deshalb
werden wir das ändern. Das hat Minister Gröhe bereits
erklärt, und ich habe keinen Zweifel daran, dass uns das (D)
gelingt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU)
Über die nunmehr abzuwartenden Modellvorschläge
werden wir dann mit Sicherheit sachlich reden. Bis dahin kann man nur ein paar der Annahmen aus dem heute
vorliegenden Antrag diskutieren und die eine oder andere Behauptung geraderücken.
Wir wissen: Hebammen leisten unverzichtbare Arbeit
vor, bei und immer stärker auch nach der Geburt; verstärkt auch für Frauen, die stationär entbunden haben.
Durch die kürzere Verweildauer im Krankenhaus nach
einer Entbindung wird die fachliche Nachsorge zu Hause
immer wichtiger.
Dazu kommen gesellschaftliche Faktoren. Den klassischen Familienverband gibt es immer seltener und damit
auch weniger direkte Hilfe und Unterstützung durch Familienangehörige. Hebammen sind vor Ort, bei den Familien und können besonders nach der Geburt erste
Warnzeichen der Überforderung erkennen und die Familien direkt unterstützen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU und der Abg. Birgit Wöllert
[DIE LINKE])
Wenn wir uns klar dazu bekennen, dass wir die Arbeit
der Hebammen wollen, müssen wir die Rahmenbedingungen so gestalten, dass sie ihre Arbeit verantwor-