1868
(A)
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2014
Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Das geltende Bundesberggesetz von 1980 ist im Kern
noch das Bergrecht aus der Nazizeit, insbesondere die
sogenannte Rohstoffsicherungsklausel, die es praktisch
unmöglich macht, zwischen den Interessen von Bürgerinnen und Bürgern und denen, die Rohstoffe aufsuchen
möchten, abzuwägen. In der vergangenen Legislatur haben Linke und Grüne in jeweils eigenen Anträgen den
ersten Anlauf seit Jahrzehnten unternommen, das Bergrecht grundsätzlich zu reformieren. Leider sind wir damals an der Mehrheit gescheitert. Grundfrage aber ist
und bleibt: Soll das Bergrecht die Rechte der Menschen,
die vor Ort leben, und die der Natur auf ewige Zeiten
brechen können? Oder leben wir inzwischen in einer
Zeit, in der Ressourcen als endlich angesehen werden
und insbesondere im Energiebereich Alternativen vorhanden sind? Hat die Bundesrepublik ein neues Verständnis darüber erlangt, wie mit Bürgerinnen und Bürgern umzugehen ist?
Wir unterstützen den Grünenantrag, fordern aber darüber hinaus einen Nachweis, ob Bergbauvorhaben erforderlich sind, sowie eine Prüfung von Alternativen.
Der Vorhabenträger müsste dann nachweisen, dass ein
unabweisbarer volkswirtschaftlicher Bedarf für den
Rohstoff besteht und der Abbau wirklich notwendig ist.
Dieser Nachweis dürfte bei vielen Braunkohlevorhaben,
die gegenwärtig diskutiert werden, kaum zu erbringen
sein; denn glücklicherweise wächst die Stromerzeugung
aus erneuerbaren Energien rasant. Darum braucht diese
klimaschädliche Kohle spätestens ab 2040 – wahrschein(B) lich schon weit früher – niemand mehr. So hält unsere
Bundestagsfraktion beispielsweise Welzow II in Brandenburg für nicht erforderlich; das sagt auch das DIW.
Garzweiler II halten wir im Übrigen für genauso überflüssig.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Kohle wird nicht gebraucht. Die erneuerbaren Energien und Gaskraftwerke sind die einzig richtige und
machbare Alternative.
keiten für Bürgerinnen und Bürger sowie für Verbände (C)
und Kommunen. Wir wollen auch, dass in Haftungs- und
Entschädigungsfragen künftig die Position der Anwohnerinnen und Anwohner deutlich gestärkt wird. Würden
die Forderungen von Linken und Grünen in die Tat umgesetzt, hätten die Bürgerinnen und Bürger zudem erstmals
eine realistische Chance, Abbauvorhaben gerichtlich
überprüfen zu lassen. Gemeinden, betroffenen Anwohnern und Umweltverbänden stünde auch dann der Klageweg offen, wenn es um Fragen der Bedarfsfeststellung
oder der Umweltauswirkungen insgesamt ginge. Anerkannte Umweltorganisationen beispielsweise sollten
also im Verfahren nicht nur um den reinen Naturschutz
streiten können, sondern auch um den Wasserhaushalt
oder den Klimaschutz.
Noch ein Satz zum Antrag der Grünen, der auch das
Thema Fracking aufgreift, was mich sehr freut. Die im
Antrag enthaltene Position verstehe ich als Verschärfung
Ihrer bisherigen Position in Bezug auf das Thema Fracking.
(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist unser Wahlprogramm!)
Als die Linke vor zwei Jahren einen Antrag auf Verbot
von Fracking in Deutschland einbrachte, haben die Grünen dem nicht zugestimmt.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da wollten Sie Fracking verbieten und
dann erklären, wie es geht! Da konnten wir
nicht zustimmen!)
Sie wollten nur ein Moratorium von Fracking prüfen. Ich (D)
würde es begrüßen, wenn sich das Meinungsbild der
Grünen hier dem unseren angenähert hätte.
Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN – Manfred Grund
[CDU/CSU]: Davon wird es aber auch nicht
besser!)
Vizepräsidentin Petra Pau:
Die damals von Linken und Grünen eingebrachten
Anträge unterschieden sich voneinander; sie hatten jeweils eine etwas andere Philosophie. Das gilt auch für
den heute vorliegenden Grünenantrag. Gemeinsam ist
Grünen und Linken jedoch die Kernforderung, den automatischen Vorrang des Abbaus von Rohstoffen vor allen
anderen Interessen zu beenden.
Das Wort hat der Kollege Bernd Westphal für die
SPD-Fraktion.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! In Deutschland werden jährlich 770 Millionen
Tonnen Rohstoffe gewonnen. Damit stellt der Rohstoff
im Bergbausektor noch immer einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor dar.
Dafür soll künftig unter anderem ein Planfeststellungsverfahren mit UVP, also einer Umweltverträglichkeitsprüfung, an die Stelle der bisherigen Verfahren treten.
Zudem sollen Abbaurechte erst dann an Unternehmen
verliehen werden, wenn ein Abbau in einem demokratischen Verfahren beschlossen wurde, und zwar unter Abwägung aller Interessen und nach einer sorgfältigen Umweltverträglichkeitsprüfung, und keinen Tag vorher.
Zu einem demokratischen Ablauf gehören mehr
Transparenz und mehr Beteiligungs- und Klagemöglich-
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU)
Bernd Westphal (SPD):
Wenn wir an die Wirtschaftswunderjahre nach dem
Zweiten Weltkrieg denken, dann erinnern wir uns, für
welche wirtschaftliche Dynamik der Bergbau steht. Die
enorme Beschäftigungsentwicklung und der schnelle
wirtschaftliche Aufschwung in Deutschland sind stark
mit dem Bergbau verbunden. Durch den Bergbau konnte
ein Fundament für Wohlstand in Deutschland geschaffen
werden. Zudem liegt im Bergbau mit seiner jahrhunder-