5.24 Auswertung von Datenträgern bei Rückführungen?
Die Bundesregierung plant, bei ausreisepflichtigen Ausländern, deren Identität ungeklärt ist, mitgeführte Datenträger für die Rückführung auszuwerten. Dies stößt auf Bedenken.
Seit Mai 2014 wird der Entwurf eines Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeen digung diskutiert. Im Zentrum des Entwurfs stehen zum einen das Bleiberecht, zum anderen die Neuausrichtung
des Ausweisungsrechts sowie der Abbau rechtlicher Vollzugshindernisse in der Aufenthaltsbeendigung.
Von besonderem datenschutzrechtlichem Interesse ist hierbei die Neuregelung des § 48 Absatz 3 Aufenthaltsgesetz (AufenthG), der die Vorlage- und Überlassungspflicht auf „Datenträger“ - also vor allem Mobiltelefone und
(Klein-)Computer - erweitern will. Danach haben Ausländer die mitgeführten Datenträger sowie die notwendigen Zugangsdaten für eine zulässige Auswertung zur Verfügung zu stellen. Da oftmals die ungeklärte Identität
der Rückführung ausreisepflichtiger Ausländer entgegen steht, sollen so Anknüpfungspunkte für die Bestimmung der Staatsangehörigkeit oder des Heimatlandes gesucht werden. Hinweise für weitere Ermittlungen bei
den Behörden des möglichen Heimatstaates lassen sich nicht nur schriftlichen Unterlagen, sondern in zuneh mendem Maße mitgeführten Datenträgern entnehmen; so könnten etwa die Adressdaten in einem Mobiltelefon
oder die gespeicherten Verbindungsdaten aufgrund der Auslandsvorwahl wesentliche Anhaltspunkte für die
Staatsangehörigkeit geben. Gleiches gilt für in (Klein-)Computern gespeicherte Reiseunterlagen.
Mit der vorgesehenen Neuregelung wird datenschutzrechtliches Neuland betreten. Bisher ist eine „Durchsu chung von Datenträgern“ nur in zwei Fällen gesetzlich geregelt: Bei dem Verdacht auf bestimmte Straftatennach der Strafprozessordnung und auf extremistische Bestrebungen nach dem Bundesverfassungsschutzgesetz.
Nun soll zusätzlich die Fallgruppe des „nicht kooperierenden Ausländers im Rückführungsverfahren“ geschaffen werden. In der Ressortabstimmung habe ich meine Bedenken gegen eine solche Regelung geäußert, denn
jede Auswertung von Datenträgern ist mit dem Risiko verbunden, dass auch Daten aus dem Kernbereich der privaten Lebensführung an Dritte gelangen, was verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt. Eine solche Auswertung von Datenträgern ist daher nur in begrenzten Ausnahmefällen zuzulassen. Ich werde das Gesetzgebungs vorhaben weiterhin kritisch begleiten.
5.25 Forschungsprojekt des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zu einer Repräsentativbefragung ausgewählter Migrantengruppen in Deutschland (RAM 2015)
Die Übermittlung von Meldedaten an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im Rahmen des
Forschungsprojektes begegnet keinen Bedenken.
Das BAMF hat sich an mich gewandt, um datenschutzrechtliche Fragen im Zusammenhang mit einem geplan ten Forschungsprojekt zu erörtern. Das BAMF hat als nachgeordnete Behörde des BMI gem. § 75 Nummer 4
Aufenthaltsgesetz den gesetzlichen Auftrag, wissenschaftliche Forschung zu Fragen der Migration und Integration zu betreiben. Vorrangiges Ziel ist die Gewinnung analytischer Aussagen zur Steuerung der Zuwanderung.
Für das Jahr 2014 war u. a. die Durchführung eines Forschungsprojektes mit dem Namen „Repräsentativbefragung ausgewählter Migrantengruppen in Deutschland (RAM 2015)“ vorgesehen, bei dem türkische, polnische
und rumänische Staatsangehörige in Deutschland befragt werden sollten. Außerdem sollten Deutsche mit türkischem Migrationshintergrund berücksichtigt werden. Insgesamt waren 2.400 Interviews geplant, jeweils 600 für
jede der vier Befragungsgruppen. Als Datengrundlage schied das Ausländerzentralregister (AZR) aus, da hierdurch lediglich die Gruppe der türkischen Staatsangehörigen hätte bestimmt werden können. Rumänische und
polnische Staatsangehörige dürfen als EU-Ausländer aus rechtlichen Gründen nicht zu diesem Zweck aus dem
AZR gezogen werden, Deutsche mit türkischem Migrationshintergrund sind im AZR nicht gespeichert. Um unterschiedliche Datengrundlagen bei der Stichprobenziehung zu vermeiden, war daher die Ziehung aller vier
Gruppen aus den Einwohnermelderegistern vorgesehen.
BfDI 25. Tätigkeitsbericht 2013-2014
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