Da sich die allgemeinen Aufklärungs- und Beratungspflichten der Pflegekassen nach § 7 SGB XI im Einzelfall
als nicht ausreichend erwiesen hatten, wurde durch das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz vom 28. Mai 2008
(BGBl. I S. 874) § 7a in das SGB XI eingefügt. Nach dieser Vorschrift hat ein Pflegebedürftiger einen einklagbaren Anspruch auf individuelle Beratung und Hilfestellung durch einen Pflegeberater oder eine Pflegeberaterin
bei der Auswahl und Inanspruchnahme von bundes- und landesrechtlich vorgesehenen Sozialleistungen sowie
sonstigen Hilfsangeboten, die auf die Unterstützung von Menschen mit Pflege-, Versorgungs- oder Betreuungsbedarf ausgerichtet sind. Die Aufgaben der Pflegeberatung sind in § 7a Absatz 1 Satz 2 SGB XI beispielhaft
aufgeführt. Nach Absatz 2 der Regelung erfolgt die Pflegeberatung auf Wunsch unter Einbeziehung von Dritten,
insbesondere Angehörigen und Lebenspartnern und in der häuslichen Umgebung oder in der Einrichtung, in der
der Anspruchsberechtigte lebt.
Wie ich bei der Kontrolle der Pflegekasse der KKH festgestellt habe, werden die gesetzlichen Vorgaben im We sentlichen eingehalten. Die Pflegeberatung wurde Personen angeboten, die entweder vom MDK dafür vorgeschlagen oder von Servicezentren oder Pflegesachbearbeitern benannt worden sind. Die so ausgewählten Versicherten wurden nach einem ersten telefonischen Kontakt und einer allgemeinen Information um eine Teilnahme- und Einwilligungserklärung gebeten. Erst wenn diese vorlag, wurde ein Versorgungsplan mit einer zielge richteten Therapieempfehlung entwickelt. Die Mitarbeiter der Pflegeberatung waren ausschließlich mit dieser
Tätigkeit und nicht mit anderen Aufgaben der Pflegekasse befasst.
Bei der Kontrolle habe ich festgestellt, dass die Einwilligungserklärung - wie bei Formularen in der Sozialversicherung üblich - auch auf die Mitwirkungspflichten nach § 60 SGB I verweist. Dies ist jedoch nicht zulässig.
Die in § 66 SGB I vorgesehene Sanktion wegen „fehlender Mitwirkung“ gilt im Rahmen der Pflegeberatung
nicht. Der entsprechende Hinweis wurde von der Pflegekasse umgehend aus dem Formular entfernt.
13.12 Die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau und der Einsatz von
Dritten
In der landwirtschaftlichen Sozialversicherung besteht keine hinreichende Rechtsgrundlage dafür, Dritte mit
Beratung zu beauftragen.
Die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) wurde zum 1. Januar 2013 als
Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet und ist der zuständige Leistungsträger nach dem Sozialgesetzbuch für die landwirtschaftliche Kranken- und Pflegekasse, die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft und
die landwirtschaftliche Alterskasse. Mit der regelmäßigen Wahrnehmung laufender Verwaltungsaufgaben in der
landwirtschaftlichen Sozialversicherung kann die SVLFG „Dritte beauftragen, soweit dies einer wirtschaftlichen
Aufgabenerfüllung und einer sachgerechten Betreuung der Versicherten dient und diese nicht durch eine Zusammenarbeit mit den Versicherungsämtern gewährleistet werden kann“ (§ 8 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Errichtung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau - SVLFGG). Die Wahrnehmung
von Verwaltungsaufgaben durch Dritte muss von der Aufsichtsbehörde genehmigt werden (§ 8 Abs. 1 Satz 3
SVLFGG).
Ein Landtagsabgeordneter machte mich darauf aufmerksam, die SVLFG beabsichtige, Verwaltungsstandorte zu
schließen und vermehrt Dritte insbesondere mit Aufgaben der Beratung nach § 14 SGB I zu beauftragen. Damit
ist die SVLFG der einzig bekannte Sozialleistungsträger, der eine Kernaufgabe, wie die Beratung, durch Dritte
wahrnehmen lassen will. Als Dritte sollen im Wesentlichen rechtlich selbstständige Untergliederungen des
Deutschen Bauernverbandes e. V. beauftragt werden. Ich habe dazu die SVLFG um Stellungnahme gebeten und
dabei im weiteren Verlauf auch das BMAS, das BMEL und das Bundesversicherungsamt (zuständige staatliche
Aufsichtsbehörde) einbezogen. Die mir gegebenen Erläuterungen können meine datenschutzrechtlichen Einwände nicht ausräumen:

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BfDI 25. Tätigkeitsbericht 2013-2014

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