SGB II) hat zu diesem Zweck ein Berechtigungskonzept für „VerBIS“ erstellt und mit meiner Behörde abge stimmt. Darin werden die Befugnisse der zuständigen Mitarbeiter im Einzelnen geregelt. Das Berechtigungskonzept gilt verbindlich für alle Jobcenter, die nach § 44b SGB II als gemeinsame Einrichtungen geführt werden, da diese die von der BA zentral verwalteten IT-Verfahren zur Erfüllung ihrer Aufgaben zu nutzen haben
(§ 50 Abs. 3 Satz 1 SGB II). Bei der geplanten „Überkreuzprüfung“ der Jobcenter im Bezirk der betroffenen
AA wäre den Grundsätzen dieses Berechtigungskonzeptes nicht Rechnung getragen worden.
Auf meine Intervention hin hat der Vorsitzende der Geschäftsführung der AA auf die Einführung der Überkreuzprüfungen verzichtet und bedauert, die behördlichen Datenschutzbeauftragten der Jobcenter nicht frühzeitig eingebunden zu haben.
9.1.4 Beanstandung mehrerer Verstöße bei der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von
Sozialdaten
Jobcenter müssen auch bei der Sachverhaltsermittlung das Sozialgeheimnis wahren.
Ein Petent wandte sich an mich, nachdem die regelmäßige Zahlung seiner Miete vom Jobcenter eigenständig
auf ein anderes Konto der Vermieterin umgestellt worden war. Wohnungseigentümerin war im vorliegenden
Fall die Mutter des Petenten. Der Betroffene versuchte im Anschluss erfolglos beim Jobcenter zu klären, wie es
zu dieser, von ihm oder seiner Mutter nicht veranlassten Kontoumstellung gekommen sei. Bei meiner Ermitt lung des Sachverhalts stellte sich heraus, dass dem Jobcenter zwei anonyme Anzeigen vorlagen, in denen dem
Petenten unterstellt worden war, die Mietzahlungen für den eigenen Lebensunterhalt zu verbrauchen. Er habe
angeblich Zugriff auf das Mietkonto der Mutter. Das Jobcenter nahm nach Erhalt der Anzeigen umfangreiche
Ermittlungen auf, in denen es beispielsweise Nachbarn befragte, Kontenabrufe durchführte und Banken um
Auskunft anschrieb. Außerdem hat das Jobcenter Informationen über die Eigentumsverhältnisse des Mietobjekts
aus dem elektronisch geführten Grundbuch abgerufen und mehrfach das für die Mutter zuständige Finanzamt
angeschrieben. Bei den Anfragen wurden Sozialdaten des Petenten offenbart und der Verdacht des Leistungs missbrauchs geäußert.
So akribisch die Behörde ihre Ermittlungen vorantrieb, so ungenau nahm sie auf der anderen Seite ihre Doku mentations- und Informationspflichten war. Mehrfach wurden Ermittlungshandlungen in der Akte überhaupt
nicht dokumentiert, beispielsweise die Herkunft der Bankverbindung, auf die das Jobcenter zwischenzeitlich
seine Mietzahlung umgestellt hatte. Informationspflichten, die der Behörde bei der Datenerhebung bei Dritten
(§ 67a Abs. 5 SGB X) und bei der Durchführung von Kontenabrufen (§ 93 Abs. 9 AO) von Amts wegen oblagen, wurden ignoriert. Sogar zwischenzeitliche Anfragen des Petenten oder seiner Mutter zum Hintergrund
der Ermittlungen wurden vom Jobcenter teilweise gar nicht oder falsch beantwortet. Aufgrund der mangelhaften
Dokumentation konnte mir das Jobcenter die Rechtsgrundlagen für die durchgeführten Datenerhebungen und
-übermittlungen nicht plausibel darlegen. Deswegen musste ich bei der überwiegenden Zahl der Ermittlungshandlungen dieser Behörde Verstöße gegen das Sozialgeheimnis feststellen. Außerdem war das Jobcenter so
nicht mehr in der Lage, Ansprüche des Petenten und seiner Mutter auf Auskunft (§ 83 Abs. 1 SGB X) zu erfüllen, obwohl es sich hierbei um unabdingbare Rechte der Betroffenen (§ 84a SGB X) handelt.
Aufgrund der Anzahl der von mir festgestellten Verstöße bei der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von So zialdaten sowie der mangelhaften Dokumentation, die eine Aufklärung des Sachverhalts wesentlich erschwert
hat, habe ich das Verwaltungshandeln des Jobcenters gegenüber dem BMAS förmlich beanstandet. Ich hoffe,
dass die vom Jobcenter im Anschluss getroffenen Maßnahmen zur Sensibilisierung seiner Mitarbeiter zukünftig
zu einem besseren Verständnis für den Sozialdatenschutz führen werden.

BfDI 25. Tätigkeitsbericht 2013-2014

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