Ein Jobcenter teilte mir in seiner Stellungnahme zusätzlich mit, es frage bereits bei der Antragstellung auf Leistungen in jedem Einzelfall explizit auch Verfügungsberechtigungen sowie die Gründe dafür ab. Auch diese Abfrage ist nicht erforderlich. Das Vorhandensein einer oder mehrerer Verfügungsberechtigungen hat keine Auswirkung auf die Prüfung der Hilfebedürftigkeit. Weder können Geldeingänge noch Vermögenswerte auf solchen
Konten den verfügungsberechtigten Antragstellern zugeordnet werden. Ich habe das Jobcenter aufgefordert,
eine Abfrage von Verfügungsberechtigungen ausschließlich im Einzelfall im Rahmen eines Kontenabrufs unter
den in § 93 Absatz 8 der AO genannten Voraussetzungen durchzuführen.
9.1.2 Sensibler Papiermüll in der Tiefgarage eines Jobcenters
Die Entsorgung nicht mehr benötigter Unterlagen durch ein Jobcenter erfolgte nicht datenschutzkonform.
In der Tiefgarage eines Jobcenters, die auch von Gästen eines im selben Gebäude befindlichen Hotels genutzt
wird, hatte ein Hotelgast offene Säcke gefunden, in denen sich Dokumente des Jobcenters befanden. Der auf merksame Finder hat diese Unterlagen direkt an sich genommen und unverzüglich an meine Behörde weitergeleitet.
Die Schriftstücke enthielten eine Vielzahl personenbezogener Sozialdaten, auch besonders sensibler Art gemäß
§ 67 Absatz 12 SGB X. Dazu gehörten Einladungsschreiben zu Vermittlungsgesprächen, Eingliederungsvereinbarungen, Berufsausbildungsverträge, Gesundheitsdaten einschließlich der Angabe des Behinderungsgrades,
Zuweisungen an Träger von Maßnahmen zur Eingliederung und Haftzeitübersichten.
Ich habe zunächst die Geschäftsführung des Jobcenters über den Fund der sensiblen Dokumente informiert und
eine sofortige Abhilfe gefordert. Weiterhin habe ich mir die vom Jobcenter getroffenen Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Datenschutzverstöße im Rahmen der Datenmüllentsorgung in allen seinen Liegenschaften darlegen lassen. Nur aufgrund der hohen Kooperationsbereitschaft und der intensiven Schulung aller Mitarbeiter
einschließlich der Reinigungskräfte habe ich von einer Beanstandung abgesehen. Bei meinen regelmäßigen Besuchen der Jobcenter vor Ort ist die datenschutzkonforme Müllentsorgung ein fester Kontrollbestandteil.
9.1.3 Unzulässige Überkreuzprüfungen in vier Jobcentern konnten in letzter Minute gestoppt
werden
Eine Agentur für Arbeit hat bei der Überprüfung der Qualität erfasster Sozialdaten datenschutzrechtliche Standards nicht beachtet.
Der Vorsitzende der Geschäftsführung einer Agentur für Arbeit (AA) wollte für alle vier Jobcenter in seinem
AA-Bezirk die Qualität der im zentralen IT-Verfahren „VerBIS“ erfassten Sozialdaten anhand von Kriterien
überprüfen, die von der BA im Qualitätssicherungskonzept festgelegt worden sind. Die Überprüfungen sollten
mittels sogenannter „Überkreuzprüfungen“ jeweils die Teamleiter eines Markt &t Integration-Teams (M&ITeams) aus einem benachbarten Jobcenter vornehmen. Diese hätten dadurch über die Kenntnis der Sozialdaten
aus ihrem eigenen Team hinaus auch Kenntnis von Sozialdaten der Kunden des benachbarten Jobcenters erhalten. Als ich davon erfuhr, war das Vorhaben bereits weitgehend vorbereitet und die erforderlichen Zugriffsbe rechtigungen für die betroffenen Teamleiter der vier Jobcenter schon beim Regionalen IT-Service der BA beantragt worden. Die Anträge gingen deutlich über die Zugriffsrechte im Berechtigungskonzept für „VerBIS“ hinaus. Damit wäre in allen vier Jobcentern im AA-Bezirk massiv gegen das Sozialgeheimnis (§ 35 SGB I) verstoßen worden.
Zur Wahrung des Sozialgeheimnisses dürfen Sozialdaten vom Leistungsträger nur befugt erhoben, verarbeitet
oder genutzt werden und nur die befugten Mitarbeiter dürfen auf die Sozialdaten zur Aufgabenerledigung zu rückgreifen. Die BA als verantwortliche Stelle für das zentrale IT-Verfahren „VerBIS“ (vgl. § 50 Abs. 3 Satz 3
– 166 –
BfDI 25. Tätigkeitsbericht 2013-2014