(vgl. BVerfGE 150, 244 <286 Rn. 106>). Andernfalls könnte aufgrund des die Unverletzlichkeit der gesamten Rechtsordnung erfassenden Schutzumfangs des Gefahrenabwehrrechts jeglicher Verstoß gegen Rechtsvorschriften zum Anlass einer Zuordnung von IP-Adressen werden.
Dem Eingriffsgewicht der individualisierten Zuordnung dynamischer IP-Adressen
entspricht es daher, dass sie zu ihrer Rechtfertigung jeweils auf Gründe gestützt werden muss, die dem Schutz oder der Bewehrung von Rechtsgütern von hervorgehobenem Gewicht (vgl. BVerfGE 125, 260 <344>) dienen. Eines darüber hinausgehenden erheblichen Gewichts bedarf es im Hinblick auf die ausschließlich
anlassbezogene und punktuelle Zuordnung des Internetkontakts nicht. Zu den
Rechtsgütern von hervorgehobenem Gewicht zählen jedenfalls die durch das Strafrecht geschützten Rechtsgüter. Der Gesetzgeber kann die Bestandsdatenauskunft
aber auch zur Verfolgung oder Verhinderung anderer hinreichend gewichtiger Delikte
zulassen, für deren Bekämpfung eine Zuordnung von IP-Adressen von Bedeutung
ist, was besonders gewichtige Ordnungswidrigkeiten einschließen kann (vgl. dazu
BVerfGE 125, 260 <344>; 150, 244 <284 Rn. 99>).
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(c) Die gesetzliche Bestimmung der Eingriffsschwelle und des Schutzguts stehen
allerdings in einem Wechselverhältnis, sodass auch die Befugnis zur Zuordnung von
IP-Adressen nicht stets das Vorliegen einer konkreten Gefahr im tradierten Sinne erfordert. Die Eingriffsbefugnis kann daher auch mit abgesenkten Eingriffsschwellen
den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit genügen. Ausreichend ist dabei grundsätzlich das Vorliegen einer konkretisierten Gefahr (oben Rn. 148 f.). Je nach Gewicht des zu schützenden Rechtsguts kann es genügen, wenn entweder ein seiner
Art nach konkretisiertes und zeitlich absehbares Geschehen erkennbar ist oder alternativ das individuelle Verhalten von Betroffenen die konkrete Wahrscheinlichkeit begründet, dass sie bestimmte Straftaten in überschaubarer Zukunft begehen werden
(vgl. BVerfGE 141, 220 <272 f. Rn. 112, 291 Rn. 164 f., 305 Rn. 213>). Dies gilt sowohl für die allgemeine Gefahrenabwehr als auch innerhalb des Aufgabenbereichs
der Nachrichtendienste.
179
Soll eine solche konkretisierte Gefahr die Eingriffsbefugnis begründen, bedarf es im
Hinblick auf das erhöhte Eingriffsgewicht der Zuordnung von IP-Adressen, das maßgeblich durch die Art, den Umfang und die Verwendungsmöglichkeiten der zu beauskunftenden Bestandsdaten und der dabei verwendeten Verkehrsdaten bestimmt
wird, einer Begrenzung der Auskunft auf den Schutz von zumindest besonders gewichtigen Rechtsgütern (vgl. dazu BVerfGE 141, 220 <270 Rn. 108> m.w.N.). In der
Übermittlungsregelung muss der Gesetzgeber entweder die Rechtsgüter von besonderem Gewicht selbst konkret benennen oder zumindest das erforderliche Gewicht
normenklar festhalten.
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Soweit die Gefahrenabwehr auf die Verhütung von Straftaten bezogen ist, muss es
sich um zumindest schwere Straftaten handeln (vgl. auch BVerfGE 125, 260
<328 f.>). Welche Straftatbestände hiervon umfasst sein sollen, hat der Gesetzgeber
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